Ganze zwei Tage vor seiner Pensionierung wird ein erfahrener FBI-Agent erschossen. Sein junger Partner Richard Chance (William L. Petersen) weiß genau, wer dahinter steckt: Der skrupellose und aalglatte Geldfälscher Eric Masters (Willem Dafoe). Chance setzt alle Hebel in Bewegung, um Masters dingfest zu machen. Als die Erfolge ausbleiben, schreckt er nicht davor zurück, auch nach illegalen Mitteln zu greifen. Sein neuer Partner John Vukovich (John Pankow) äußert sich dem gegenüber skeptisch. Doch nach nicht sehr kurzer Zeit - im Angesicht ihrer eigenen Machtlosigkeit - wird auch er von Chances Rachedurst mitgerissen und ihr blutiger Feldzug unterscheidet sich in den Methoden kaum mehr von denen, die sie vorgeben zu bekämpfen.
Wer froh ist, dass die 80er Jahre, ihr Zeitgeist und vor allem ihre Musik schon lange der Vergangenheit angehören, der sollte sich genau überlegen, ob er/sie sich „Leben und Sterben in L.A.“ antun möchte. Ästhetisch, musikalisch und inhaltlich ist William Friedkins (French Connection) Cop-Actioner ein Paradevertreter jener Epoche. Die Ästhetik wirkt rau und düster, während inhaltlich hauptsächlich Zynisches und Knallhartes geboten wird. Über die musikalische Umrahmung soll an dieser Stelle nicht allzu viel an Worten verloren werden. Der typische 80er-Sound, jeder kennt sie und wer sie nicht mag, der wird sich bei „Leben und Sterben in L.A.“ die Haare raufen. Ansonsten stammt der Film aus einer Zeit, als die ach so beliebte political correctnes noch nicht so weit wie heute fortgeschritten war.
Wer nörgeln will, der schaue sich nur die erste halbe Stunde von „Leben und Sterben in L.A.“ an. Die ist zwar nicht wirklich schlecht und wurde (wie übrigens der gesamte Film) äußerst interessant ausschauend inszeniert, wirkt aber ziemlich unausgegoren. Ein Klischee hier, ein Klischee da, nebenher dudelt noch besagter 80er-Soundtrack. Dem kritischen Beobachter schwant Böses. Der gute alte Partner wird getötet, natürlich kurz vor der Pensionierung, der junge, aufstrebende Partner will Rache. Dieser junge Partner, Richard Chance, wird dargestellt von William L. Petersen, der es schafft, konsequent unsympathisch zu bleiben, mit seiner lässigen Coolness aber doch die Faszination des Zuschauers weckt und bis zuletzt aufrecht erhalten kann. Eine beachtliche Leistung. Diese Art von Coolness, mitsamt Lederjacke, seltsamer Klamotten und zu großer Sonnenbrille, die gibt es wohl nur in einem 80er-Jahre-Genrefilm und schon alleine deshalb sollte „Leben und Sterben in L.A.“ zum cineastischen Pflichtprogramm gehören. Wer sich dem verweigert, wird an dieser Stelle dazu verdonnert, sämtliche Folgen von „Knight Rider“ zu sehen. Sein neuer junger Partner Vukovich (John Pankow), natürlich ein ausgekochtes Weichei (nix Widerspruch), ist auch von ihm fasziniert. Bald hat Chance den Neuen fest im Griff. Er ist nun der alte Hase.
Nach einem schwer zu verfolgenden Auftakt steigert sich „Leben und Sterben in L.A.“ rapide. Es kommt zu einer Verfolgungsjagd. Wer sich bei French Connection schon im Stuhl festgekrallt hat, wird nun aus selbigem fallen. Und plötzlich entwickelt sich der Action-Thriller so drastisch und konsequent, dass dem einen oder anderen Betrachter wohl die Kinnlade herunterfallen mag. Mittlerweile ist die Story, der zu folgen der Zuschauer bis dahin ohnehin aufgegeben hat, nicht mehr so wichtig. Ambivalente Charaktere stehen im Mittelpunkt. Die Grenzen zwischen Gut und Böse, zwischen Recht und Unrecht, zwischen Polizei und Verbrecher lösen sich auf. Beharrlich entwickeln sich die Ereignisse in eine höchst unangenehme Richtung. Und plötzlich denkt der Zuschauer: Wow (Ja, so schnell kann das gehen).
Die harte Konsequenz findet seinen schmerzhaften Höhepunkt in einem Kopfschuss. Ein Kopfschuss, der dem Betrachter ganz schön vor den Kopf stoßen wird, ein Kopfschuss, der es in sich hat, ein Kopfschuss, der die Regeln der Filmdramaturgie auf den Kopf stellt, ein Kopfschuss, der von jenem Zeitpunkt an das Publikum auf die Spitze ihrer Sessel, Stühle, Bänke und Betten sitzen lässt, in gespannter Erwartung dessen, was nun noch kommen mag. Glaubte nämlich der Genrekenner zuvor alles sicher überblicken zu können, hat er auf einmal keinen Plan mehr, wie es in „Leben und Sterben in „L.A.“ weitergehen wird. Denn da, so macht der Film unmissverständlich klar, kann das Schicksal überall, zu jeder Zeit, bei jedermann tödlich einschlagen. Am Ende ist der Zuschauer dann fast so schlau wie zu Beginn. Die Schlusspointe ist fies und zynisch. Gäbe es nicht einige verhunzte Details (der Anfang und ein kurzer Einbruch kurz vor Ende), von einem Meisterwerk hätte gar die Rede sein können.
Noch ein paar Worte zum Formellen. Über die Geschichte kann der Mantel des Schweigens gelegt werden. Sie hält zwar einige Überraschungen, aber noch mehr Ungereimtheiten parat. Es wird ohnehin mehr auf Atmosphäre und Charaktere gesetzt. Und die sind jeweils absolut stimmig. Willem Dafoe, da noch ohne Falten, gefällt als im wahrsten Sinne des Wortes aalglatter und angsteinjagender, ziemlich psychotischer Gangster. William L. Petersen und John Pankow überzeugen als humorloses, knallhartes und desillusioniertes Buddygespann und auch John Turturro schafft es, in einer kleinen Rolle Eindruck zu hinterlassen. Die Musik passt sich der Gesamtatmosphäre bestens an, das muss auch der größte Hasser von musikalischen Auswüchsen der 80er eingestehen. Friedkin weiß, wie Spannung aufgebaut wird, und dreht selbige Schraube sehr hoch an. Als atmosphärisches Großstadtporträt aus einer für die neue Generation grauvorzeitlich, eigenartig wirkenden Dekade wird „Leben und Sterben in L.A.“ trotz Schwächen auch heute noch so manchen Filmfan für sich einnehmen können. Manchmal machen gerade Schwächen den Reiz eines bestimmten Filmes aus … Und „Leben und Sterben in L.A.“ ist sehr, sehr reizvoll.