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    Die doppelte Stunde
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,0
    solide
    Die doppelte Stunde
    Von Ulf Lepelmeier

    Der Titel des wendungsreichen italienischen Thriller-Dramas „Die doppelte Stunde" spielt auf den Glauben an, sich etwas wünschen zu können, wenn man zufällig einen Blick auf eine Uhr wirft und sowohl die Stunden- als auch die Minutenanzeige die gleiche Zahlenkonstellation aufweist. Regisseur Giuseppe Capotondi lässt zu diesen besonderen Zeitpunkten in seinem mit Dopplungen spielenden Debütfilm für kurze Augenblicke den für Tod erklärten Geliebten vor seiner immer verstörter werdenden Protagonistin auftauchen. Doch erscheint das Antlitz des geliebten Menschen wirklich auf der Überwachungskamera und erklingt dessen Stimme in der Realität, oder bildet sich Sonia das alles nur ein? Solide inszeniert und zumindest phasenweise spannend erzählt, läuft Capotondis Kombination aus Thriller und Beziehungsdrama auf einen zentralen Twist zu, der dann leider ziemlich uninteressant ausfällt.

    Sonia (Kseniya Rappoport) kommt aus Slowenien und verdient ihren Unterhalt als Zimmermädchen in einem Hotel in Turin. Die schweigsame Frau lernt bei einem Speed-Dating-Termin den nüchternen Ex-Polizisten Guido (Filippo Timi) kennen, der als Wachmann für eine Sicherheitsfirma arbeitet. Bald sind die beiden ein Paar. Doch das neu gefundene Glück endet abrupt, als Guido seine Geliebte zu seiner Arbeitsschicht auf ein Anwesen mitnimmt. Unbemerkt gelangen maskierte Kunsträuber in die Villa – dann fällt ein Schuss, der Guido tödlich trifft. Sonia erwacht mit einer Kopfverletzung im Krankenhaus. Fortan erscheint ihr Guido immer wieder. Und dann wird ihr auch noch ein Foto vorgelegt, das die beiden in Buenos Aires zeigt, obwohl sie dort nie zusammen waren. Langsam beginnt Sonia, an ihrem Verstand zu zweifeln. Hat sie Wahnvorstellungen, wird sie von dem Geist ihres Freundes verfolgt oder hat Guido doch überlebt?

    Regisseur Giuseppe Capotondi kann auf die Arbeit an zahlreichen Musikvideos von namhaften Künstlern wie Keane, Natalie Imbruglia und den Spice Girls verweisen. Doch von grell-bunten Farben und schnellen Schnitten ist dessen im Jahre 2009 zum offiziellen Wettbewerb der Filmfestspiele von Venedig eingeladenes Psychospiel „Die doppelte Stunde" weit entfernt. Das in Erdtönen gehaltene und kühl-distanziert erzählte Werk über Schuld, Verrat und Wahnvorstellungen schlägt zwar storytechnisch einige Haken, ist formal aber eher traditionell und stringent geraten. „Die doppelte Stunde" steuert dabei auf einen Twist im Sinne M. Night Shyamalans („The Sixth Sense", „The Village") zu, der die mysteriösen Geschehnisse mit einer platten Erklärung auflöst.

    Während die kleineren Storyschlenker funktionieren und Spannung generieren, ist der große Twist, der freilich genau auf eine Zeitkonstellation der titelgebenen doppelten Stunde terminiert ist, schlicht enttäuschend. So handwerklich solide die Inszenierung und so gut die vereinzelten, bei Hitchcock entlehnten Spannungsmomente funktionieren, so zurückgenommen agieren die Schauspieler. Kseniya Rappaport („Die Unbekannte"), die für ihre Darstellung in Venedig die Coppa Volpi als beste Schauspielerin entgegennehmen durfte, verleiht ihrer Sonia etwas Sehnendes und Leidendes, so dass man sie immer als unschuldige, geschundene Seele einordnen möchte, auch wenn Capotondi sie von Anfang an nicht nur als Opfer, sondern auch als mögliche Verschwörerin erscheinen lässt.

    Filippo Timi („Vincere", „The American") harmoniert hervorragend mit Rappoport und spielt äußerst überzeugend einen schroffen Guido, der niemanden an sich heranlassen möchte. Der schwierige Ex-Polizist und das schweigsame Hausmädchen sind zwei gebrochene, einsame Personen mit ähnlichen Wesenszügen, die durch ihr Zusammentreffen die Chance bekommen, ihre Vergangenheit hinter sich zu lassen und ein neues Leben zu beginnen. Diese enge Verbundenheit der beiden Figuren vermitteln die beiden hervorragend. „Die doppelte Stunde" ist ein solides Thriller-Drama, dessen schwacher Schlusstwist die Qualitäten der Inszenierung und der beiden Hauptdarsteller leider spürbar relativiert.

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