Von dem Film geht eine große Faszination und eine starke Sogwirkung aus, der man sich nicht entziehen mag. Das habe ich schon oft von Freunden gehört, es aber nicht geschafft, mir den Film anzusehen. Bis heute. Ich muss sagen, die Aussagen aus Freundeskreisen über Fitzcarraldo werde ich nicht bestreiten, nicht im Ansatz. Das liegt unter Anderem an der phantastischen Geschichte, den grandios fotografierten Original-Schauplätzen tief im südamerikanischen Dschungel, einem wieder einmal glänzend aufspielenden Klaus Kinski.
Fitzcarraldo (Klaus Kinski) wie man ihn in Peru nennt - eigentlich Mr.Fitzgerald - lebt irgendwo in Peru in einem Kaff im Dschungel und träumt davon, mitten in der Wildnis ein Opernhaus zu errichten, in dem kein Geringerer als Enrico Caruso zur Premiere singen wird. Leider fehlt es dem guten Fitz am nötigen Kleingeld, um seine Träume verwirklichen zu können. Bei den reichen Kautschukplanragenbesitzern in seinem Umfeld findet er kein Gehör, wird eher zum übergeschnappten Phantasten abgestempelt.
Nur seine Geliebte, die wohlhabende Puff-Mutter Molly (Claudia Cardinale), glaubt an ihn und seine Phantasien. Fitz realisiert, dass er zu Geld kommen muss, wenn seine Träume wahr werden sollen und kauft Dank Mollys Anschubfinanzierung ein Stück unerschlossenes weil unzugängliches Land, auf dem Millionen von Kautschukbäumen stehen. Das bedeutet, wenn die Gegend denn erschlossen werden könnte, Millionen Pesos und letztlich ein Opernhaus mitten im Dschungel.
Um dorthin zu gelangen braucht Fitz zudem ein Schiff. Kurzerhand wird eine alte Rostlaube von Amazonas-Flussdampfer erworben und hergerichtet, auf den Namen Molly getauft, eine Mannschaft aus Taugenichtsen zusammengestellt und auf große Fahrt gegangen. Um die Stromschnellen zu umgehen, die das erworbene Land so unzugänglich machen, muss Fitz mit seiner Truppe eine alternative Route finden. Er lässt an eine Stelle navigieren, an der sich zwei Flüsse fast treffen. Eine völlig wagemutige Idee entbrennt in ihm. Nur durch einen bewaldeten Hang werden die beiden Flüsse voneinander getrennt. Also muss der 180 Tonnen schwere Dampfer über den Berg gezogen werden. So ließen sich die Stromschnellen umgehen. Zur Hilfe kommen überraschenderweise Hunderte von Mitgliedern indigener Stämme, die in den Wäldern leben. Ohne zu wissen warum die Eingeborenen es tun, nimmt Fitz ihre leidenschaftliche Hilfe in Anspruch. Sie sind die einzige Chance dieses schier unmöglich anmutende Unterfangen zu stemmen. Und sie machen es tatsächlich möglich. Aber die Eingeborenen haben ihre eigenen Ideen, was das Schiff auf der anderen Seite des Hangs bewirken soll. Jedenfalls nicht den Transport von Kautschuk.
Der Film wurde von Werner Herzog an Originalschauplätzen gedreht. Der alte Flussdampfer wurde nicht mit irgendwelchen filmischen Tricks, sondern tatsächlich über den Berg gezogen. Die Indianer, die hilfreich zur Seite stehen, sind Originale. Alles wirkt nicht nur echt. Alles in diesem Film scheint echt und auf Blut, Schweiß und Tränen aufgebaut. Das gibt dem Film eine besondere Note. Die Authenzität ist eine Trumpfkarte von Fitzcarraldo, die durch nichts zu ersetzen ist. Man hat das Gefühl im Dschungel dabei zu sein, umgeben von Mückenschwärmen, unangenehmen beißenden Schweißgerüchen, im Dschungel lauernden Gefahren, ekelhaftem Essen, undurchsichtigen, wenig zivilisierten Eingeborenen. Die Spannung ist immens und stets zum Greifen nah.
Klaus Kinski hat wahrscheinlich auch in diesem Film wieder für etliche Eskapaden im Hintergrund gesorgt und sich mit Herzog gefetzt, dass es Funken geschlagen hat. Gott sei Dank haben die beiden Künstler trotzdem nicht voneinander gelassen und eine weitere brilliante Zusammenarbeit in diesem Film verewigt.
Kinski spielt den Fitzcarraldo als überschäumenden aber durchweg symphatischen Utopisten, der verrückte Dinge tut, um seine verrückten Ideen zum Leben zu erwecken. Ich finde den Auftritt Kinskis sehr überraschend. Natürlich gibt es gewisse Bilder im Kopf, Klischees, die mit der Person Kinski als Mensch und Schauspieler verwoben sind. In Fitzcarraldo erwartet man förmlich minütlich den Ausbruch des Vulkans Kinski, der alles mit sich zieht und verschlingt. Aber all das passiert nicht und so entwickelt man mehr und mehr Symphatie für diesen verrückten Iren Fitzgerald. Am Ende des Films, als das Opern-Ensemble für einen Auftritt in den Dschungel reist, um zwar nicht in einem eigens erbauten Opernhaus aber an Bord der alten zerbeultem Molly ein Konzert zu geben, möchte man dem Protagonisten Fitzcarraldo, dem Schauspieler Kinski, dem Regisseur Herzog einfach nur zujubeln. Herrlich wie das Schiff, erfüllt von Opernklängen, den Amazonas herunterfährt. Tausende jubeln ihnen am Ufer zu. Kinski mit majestätischer Pose und dicker Zigarre genießt dieses wahrscheinlich auch in der Realität hart erarbeitete Happy End eines denkwürdigen Abenteuers. Ein echter Reisser, gibt es nichts. Ein Must See Film.