Zielen, treffen, versenken! Als Ende 2009 die Nachricht die Runde machte, Universal wolle das beliebte Spiel „Schiffe versenken" verfilmen, war das Erstaunen ebenso groß wie die Skepsis. Daran änderte auch die Klarstellung nichts, dass es streng genommen nicht etwa um die simple Papier-und-Bleistift-Seeschlacht gehen sollte. Da der US-Spielemulti Hasbro („Transformers", „G.I. Joe") hinter dem Projekt steckt, bezieht sich der Film vielmehr auf die elektronisch aufgepeppte Variante des Flottenduells namens „Battleship". Wichtig ist das allerdings nicht, schließlich liefert das Spiel nur den groben Rahmen für den Science-Fiction-Actioner gleichen Namens. In „Battleship" stehen auf der einen Seite die tapferen Menschen der kolossal heroischen US-Navy, auf der anderen feindliche Aliens, die den Erdenbewohnern turmhoch überlegen zu sein scheinen. Der ehemalige Schauspieler Peter Berg („Operation: Kingdom", „Hancock") erweist sich einmal mehr als handwerklich versierter Regisseur, der aus dieser einfachen Grundkonstellation einen krachenden Reißer ohne übermäßig viel Sinn und Verstand macht. Er inszeniert seinen Dauerfeuerangriff aber so flott, dass keine Langeweile aufkommt und sich der Zuschauer einfach nur an den tollen Schauwerten berauschen kann. Der penetrante US-Militarismus und die Kriegsgeilheit der Protagonisten mag dabei allerdings etwas stören – außer man amüsiert sich einfach über diesen völlig überzogenen Hurra-Patriotismus.
Alex Hopper (Taylor Kitsch) ist von Haus hochtalentiert - in allem. Doch anstatt sein Potenzial auszuschöpfen, wie es sein älterer Bruder Stone (Alexander Skarsgård) einfordert, stellt Alex lieber Unsinn an. Als er in einer Bar der hübschen Blondine Sam (Brooklyn Decker) nach Küchenschluss einen Burrito organisieren will, landet er im Knast. Stone hat die Nase voll: „Du kommst zu mir in die Navy." Im Schnelldurchgang wird Alex Offizier und hat das Herz von Sam, die als Physiotherapeutin für die Navy arbeitet, längst erobert. Was Alex wirklich zu schaffen macht, ist Sams Vater. Das ist nämlich Admiral Shane (Liam Neeson), der nichts für seinen disziplinlosen Schwiegersohn in spe übrig hat. Aber bevor Alex die Einwilligung zur Heirat einholen kann, kommen ihm Außerirdische in die Quere: Invasoren aus dem All haben monströse Maschinen in den Pazifik gebohrt, wo die Navy vor Hawaii gerade am internationalen Flottenmanöver Rimpac teilnimmt. Schnell wird klar, dass die Aliens keine Gefangenen machen und alles attackieren, was bewaffnet ist. Sie wollen auf dem Ozean ein Kraftfeld errichten und schließen unter dessen Glocke Teile des Flottenverbands ein. Als sein Bruder Stone bei einem ersten großen Gefecht ums Leben kommt, ist Alex plötzlich der ranghöchste Offizier an Bord des Zerstörers U.S.S. Samson und hat das Kommando. Er will sofort zum Gegenangriff übergehen...
Alien-Invasionen sind ein beliebtes Kinothema. Mit der Spielevorlage „Battleship" haben sie freilich nichts zu tun. Aber Regisseur Berg war von einer Dokumentation über die Wahrscheinlichkeit von außerirdischem Leben, in der sich auch Wissenschaftler-Ikone Stephen Hawking dazu äußerte, so tief beeindruckt, dass er diesen Aspekt kurzerhand in seinen Film einbaute. Hawkings Fazit, dass er es für eine desaströse Idee halten würde, mit den Außerirdischen Kontakt aufzunehmen, übernahm Berg eins zu eins. Und so sind seine Aliens sehr finstere Gesellen, die unter ihren an die Transformers erinnernden Rüstungen aussehen wie Schauspieler Ron Perlman mit einem fischigen Ziegenbart. Aber Berg wollte die 200 Millionen Dollar, die man ihm zur Verfügung gestellt hat, für familienfreundliche Unterhaltung verbraten. Deshalb greifen die Außerirdischen nur die Menschen an, die ihnen schaden könnten. Und bei all den exzessiven Schlachten, den vielen Toten und dem martialischen Kampfesgebrüll gibt es kein Blut zu sehen, gestorben wird außerhalb der Leinwand. Auch die ausgiebige Auflockerung des Geschehens durch Humor, die selbst in dem lautesten Schlachtgetümmel nicht aufgegeben wird, signalisiert: „Battleship" ist pure Unterhaltung für ein möglichst großes Publikum.
Für die Einführung der Figuren nimmt sich Berg reichlich Zeit, aber danach schaltet er gleich mal in den fünften Gang hoch und lässt Menschen und Aliens in einer gigantischen Seeschlacht gegeneinander antreten. Inhaltlich ist schon nach gut 20 Minuten eigentlich alles gesagt, deswegen wird für den Rest der gut zwei Stunden Spielzeit geschossen, was die Kanonenrohre hergeben. Auch wenn sich das Personal zwischenzeitlich in einen regelrechten Kampfrausch steigert, beweist Berg ein gutes Gespür dafür, an den richtigen Stellen den Dampf rauszunehmen und der Geschichte wieder ein wenig Bodenhaftung zu verleihen. So erklimmt Krankengymnastin Sam in einer Nebenhandlung, in der auch der ängstliche Wissenschaftler Cal (Hamish Linklater) eine wichtige Rolle spielt, mit dem Kriegsversehrten Mick Canales (Gregory D. Gadson) auf Hawaii einen Berg. Dazu werden flotte Sprüche der Marke „Mal sehen, ob wir der Welt noch einen weiteren Tag schenken können" geschmettert – die Apokalypse wird hier gar nicht erst ernstgenommen.
Regisseur Berg macht keine Anstalten, mehr aus „Battleship" zu machen als einen federleicht verdaulichen Sommer-Blockbuster ohne einen Funken Anspruch. Der protzende Militarismus ist dabei tatsächlich ernst gemeint, Berg macht aus seiner ehrlichen Begeisterung für die bewaffnete Seefahrt (sein Vater war übrigens Navy-Historiker) keinen Hehl. Dementsprechend glänzend kommt das US-Militär in „Battleship" weg. Darüber kann man sich fürchterlich aufregen, es einfach ignorieren oder seinen Spaß damit haben, wenn Berg den Patriotismus bis an den Rand der Lächerlichkeit treibt. Dass hier ein Flugzeugträger USS Ronald Reagan (benannt nach dem 40. Präsidenten der USA, der bekanntlich besonders weit rechts positioniert war und als ausgesprochener Hardliner im Kalten Krieg galt) ist dabei keineswegs Satire, denn den gibt es tatsächlich auch in der Realität. Aber wenn dann irgendwann noch Veteranen in die Schlacht eingreifen, kann sich selbst Navy-Fan Berg das Lachen wohl nicht verkneifen. Außerdem schafft der Filmemacher das Kunststück, tatsächlich die Spielevorlage explizit in einer Sequenz einzubinden, wenn die Navy-Strategen auf dem Bildschirm ihr Gefecht simulieren.
Die Schauspieler sind naturgemäß in einem Eventfilm wie „Battleship" nur Randfiguren, die das Getümmel mit Emotionen füllen sollen, damit bei den Kämpfen mitgelitten werden kann. Ob Taylor Kitsch nach den Mega-Projekten „John Carter" und „Battleship" nun der nächste Superstar wird, bleibt weiter zu bezweifeln, eine ordentliche Figur gibt der Kanadier trotzdem ab. Alexander Skarsgård („Melancholia") fungiert als gutaussehendes Gewissen seines Bruders und Liam Neeson („The Grey", „96 Hours") als knorriger Gegenpol zum Hallodri Alex Hopper. Die Figur der Physiotherapeutin Sam, die von Blickfang Brooklyn Decker („What To Expect When You're Expecting") mit Ernsthaftigkeit gespielt wird, ist so offensichtlich als Augenfutter angelegt, dass auch das schon wieder ironisch wirkt. Das Schauspieldebüt von Sängerin Rihanna gerät dagegen unspektakulär. Der R&B-Superstar fällt in einer Nebenrolle als Waffenoffizierin weder positiv noch negativ auf.
Fazit: Mit „Battleship" serviert Regisseur Berg eine turbulente Seefahrt unter Dampf, aber ohne Tiefgang mit einer Menge kindischem Humor und krachender Action. Wer den offen praktizierten US-Patriotismus in diesem „Transformers auf See" gut verkraftet und sich einfach von den Zerstörungsorgien beeindrucken lassen will, ist bei „Battleship" im richtigen Film.
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