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    Ein Traum in Erdbeerfolie
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    Kino:
    Anonymer User
    1,5
    Veröffentlicht am 19. März 2010
    Wenn man heute in einer aktuellen Doku sitzt und der Regisseur und eine Protagonistin nach einem Drittel des Films beschließen einen Film zu machen und sich das im Gegenlicht gegenseitig bestätigen und mit Handschlag besiegeln, schluckt man und weiß: Der DDR-Film lebt!

    Da geht man als gelernter Westler erwartungsfroh ins Kino, um eine Dokumentation über die mystifizierte DDR Untergrund-Mode-Kunst-Lebenskünstergemeinde zu sehen und wird glatt um die Fakten betrogen: Marco Wilms schafft es, alle notwendigen Hintergründe für eine Doku - sogar entscheidende Personen - komplett und kommentarlos auszusparen. Erst durch einen Freund, einen gelernten Ostler, wird mir klar, wie nahe alle Protagonisten am System DDR gelebt haben müssen: Da treten Söhne bekannter Ost-Schauspieler auf und machen plötzlich Karriere beim Fernsehen als Star-Visagisten – kein Wort der Erwähnung, dass da ‚Papa’ geschoben haben könnte; da gab es häufiger lukrative Kostüm-Aufträge von mehreren tausend West-Mark von bekannten Popgruppen – kein Wort der Erwähnung. Warum?

    Wofür die Pseudo-Schreck-Gestalt des Ex-Stasi Offiziers dessen Kommentare nach zweidrittel des Films abbrechen und zu keinem dramatisch sinnvollen Ende geführt werden? Nur um die Stasi dabei zuhaben? Die Bilder der Festnahmen von Langhaarigen hätte man auch in die Interviews der anderen Protgonisten montieren können.

    Ist das nicht eher die Vortäuschung einer nicht vorhandenen Bedrohung der Gruppe, die viel mehr vom System geschützt war, als sie heute zugeben will oder kann? Oder ist das Konvention um internationale Filmförderung zu bekommen? Das bisschen Stasi-Drama, um sich einen DDR Bonus zu verdienen? Die damalige doppelte Welt des 21jährigen Stasi-Offziers wäre als Gegenpol interessanter Gewesen, als z. B. das, aus lauter Unfreiheit des Regisseurs gegenüber einer seiner Protagonistinnen, immer wieder einmontierte spielende Kind. --- Warum eine vielleicht nie gelebte homoerotische Beziehung des Fotografen Robert Paris mit dem nicht auftretenden Sven Marquard bis heute zur maximalen Flucht treibt, was aus den zum damaligen Zeitpunkt finanziell Erfolgreichen der Gruppe geworden ist, und warum sie erfolgreicher waren, wird nicht erzählt. Da bleibt Marco Wilms überlang bei Interviews stecken, die er vielleicht für ‚investigativ’ hält – da er aber auch hier keine Verbindung zur Darstellung z. B. Robert Paris als System-Kritiker, der in Haft war etc. herstellt, bleibt es nur bei seltsam negativen Eindrücken – was schade für die Protagonisten ist, da der Regisseur ihnen offenbar nicht gerecht wird.

    Wie langweilig und energielos muss diese DDR-Erdbeerfolie-Gesellschaft gewesen sein, wenn am Ende ein schüchterner Regiseur mit Kinder Megafon übrig bleibt, der versucht Leute zusammen zutrommeln für etwas, wofür er eigentlich ‚glühen’ müsste. Wie spannend dagegen ist allein die Passage im Katalog des Deutschen Historischen Museums „Boheme und Diktatur in der DDR“ in der das Exposee zu ‚Ein Traum in Erdbeerfolie’ zu stehen scheint: ‚Kinder des Eros’

    http://www.dhm.de/ausstellungen/boheme/katalog_zentren/berlin/berlin61.htm

    Wie erschreckend aber auch, dass dieser Film mit all seinen Mängeln von einer ZDF Redaktion abgenommen wurde. Marco Wilms hat viele Chancen, die sich aus seinen guten anfänglichen Kontakten in die Gruppe hinein hätten ergeben können nicht genutzt und ein Thema für lange Zeit filmisch und handwerklich schlecht besetzt.

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