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    Milo und Mars
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,5
    enttäuschend
    Milo und Mars
    Von Ulf Lepelmeier

    Das Jahr 2010 war für Disneys Animationssparte mit Pixars „Toy Story 3" und dem hauseigenen „Rapunzel - Neu verföhnt" ein enorm erfolgreiches Geschäftsjahr. Umso erschreckender für den Konzern, dass mit dem neuesten Animationswerk ein unvergleichlicher Flop eingefahren wurde. „Milo und Mars", dessen Produktionskosten auf ungefähr 150 Millionen Dollar taxiert werden, startete mit einem desaströsen Einspielergebnis von nur 9 Millionen US-Dollar am ersten Wochenende auf Platz 5 der amerikanischen Kinocharts. Am Ende hat „Milo und Mars" in den USA gerade einmal 21 Millionen Dollar erwirtschaftet. Dabei basiert der Animationsfilm von Regisseur Simon Wells auf einer beliebten Geschichte von Cartoonist und Kinderbuchautor Berkeley Breathed. Die teuren Effekte und das aufwendige Motion-Capturing-Verfahren können das fehlende Herzblut und die wenig sympathisch geratenen Figuren des traditionelle Familienwerte anpreisenden Science-Fiction-Kinderfilms jedoch nicht kompensieren.

    Milo (Seth Green) ist ein aufmüpfiger Junge, der eigentlich nie das macht, was seine resolute Mutter (Joan Cusack) von ihm verlangt. Der Müll bleibt im Haus, auf dem Bett wird herumgesprungen und der verhasste Broccoli wird an die Katze verfüttert. Da die gestrenge Mom ihren Sohn unaufhörlich umzuerziehen versucht, wünscht sich Milo eines Abends lautstark, keine nervige Aufpasserin mehr zu haben. Als der Junge seine Aussage wenig später bedauert, steht er auf um sich zu entschuldigen – als seine Mom von Aliens entführt wird. Milo reist als blinder Passagier mit zum Mars, deren Bewohner menschliche Mütter entführen, um deren erzieherische Fähigkeiten zu extrahieren und in Roboterkindermädchen zu implementieren, die dann den eigenen Nachwuchs großziehen sollen. Zum Glück trifft Milo auf dem roten Planten auf den überdrehten Tüftler Gribble (Dan Fogler) und die rebellische Hippie-Marsianerin Ki (Elisabeth Harnois), die ihm bei seiner halsbrecherischen Rettungsmission zur Seite stehen...

    Produzent Robert Zemeckis' Animationsstudio ImageMovers Digital bringt mit „Milo und Mars" seinen letzten Film heraus. Noch bevor die auf dem Mars spielende Kindergeschichte den schlechtesten Breitenstart eines 3D-Films hinlegte, entschied der Disney-Konzern als Hauptanteilseigner auf Grund der Erfolglosigkeit voriger Projekte wie „Disneys Eine Weihnachtsgeschichte" und „Die Legende von Beowulf", das Studio zu schließen und damit auch dem geplanten „Yellow Submarine"- Remake den Todesstoß zu versetzen. Somit ist die Anwendung der teuren Motion-Capture-Technologie, die in „Avatar - Aufbruch nach Pandora" äußerst überzeugend eingesetzt wurde, für reine Animationsfilme erst einmal auf Eis gelegt. Bei Publikum und Kritikerschaft war die von Zemeckis vorangetriebene Technik, bei welcher Bewegungsabläufe und Gesichtsausdrücke von Schauspielern auf animierte Figuren übertragen werden, nie wirklich angenommen worden.

    Auch in „Milo und Mars" gelingt es den ImageMovers Studios abermals nicht, den Figuren Leben einzuhauchen – dem intuitiv zugänglichen emotionalen Ausdruck der viel abstrakteren Pixar-Figuren kann die Motion-Capture-Technik, hier wiederum angewandt bei ohnehin comichaften Designs, nichts entgegensetzen. Motion-Capture-Animationsfilme haben außerdem das Problem, weder mit der starken Ausdruckkraft guter Schauspieler, noch mit der absoluten künstlerischen Freiheit reiner Animationsfilm punkten zu können. Regisseur Simon Wells („The Time Machine", „Der Prinz von Ägypten"), Ur-Enkel des Schriftstellers H.G. Wells, gelingt es nicht, die kindliche Science-Fiction-Story des Pulitzerpreisträgers Berkeley Breathed ansprechend auf die Leinwand zu übertragen.

    Protagonist Milo ist nicht gerade ein Symphatieträger und es spricht kaum für den Jungen, dass er den Marsianern den Mutterbegriff als staubsaugende, kochende Aufpasserin definiert. Eben diese Staubsaug-Koch-Maschine wirkt zu Beginn so abgebrüht, dass man ihr die Rolle der liebevollen Mutter kaum zutrauen will. Und der infantil-hyperaktive Gribble ist einfach nur nervig. Zumindest sind die possierlichen Aliens und die ihr Englischvokabular aus einer alten Hippie-Fernsehserie beziehende Marsianerin Ki ganz nett geraten. Während sich die Szenenbilder sehen lassen können, bleiben die animierten Menschen steril und damit problematisch. Mit einer einfach gestrickten Geschichte und aufgesetztem Humor bleibt „Milo und Mars" ohnehin weit hinter den beseelten Pixar-Werken zurück.

    Auch schlägt die penetrante Familienwerte-Propaganda des rasant inszenierten Films auf den Magen. Der aus kommerzieller Sicht historische Disney-Flop „Milo und Mars" ist qualitativ eher schwarzes Loch als strahlender Stern. Der auf dem roten Planeten spielende Science-Fiction-Animationsfilm bietet zwar gute Effekte und tolle Weltraumhintergrundbilder, doch diese können die nervigen Figuren, die arg moralinsaure Story und den zu blödsinnigen Humor nicht aufwiegen. Wenn es unbedingt ein Science-Fiction-Werk aus dem kinderfreundlichen Disney-Imperium sein soll, bieten die noch weitgehend traditionell animierten Abenteuerfilme „Atlantis - Das Geheimnis der verlorenen Stadt" und „Der Schatzplanet" deutlich gehobenere Unterhaltung.

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