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    Männersache
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,5
    enttäuschend
    Männersache
    Von Christoph Petersen

    Sitcoms sind – abgesehen von Reality-Programmen – das am leichtesten zu goutierende TV-Format. Indem sie Studiolacher einspielen, nehmen die Macher dem Zuschauer sogar die Last ab, lustige Stellen selbst entdecken zu müssen. Das allein sagt freilich noch nichts über die Qualität der Serien aus, es gibt selbstredend auch sehr gute Sitcoms. Deutschlands erfolgreichster Comedian Mario Barth ist nun sozusagen die Sitcom unter den Bühnenkomikern. Auch er weist sein Publikum, indem er vor jedem Gag einen brüllenden Lacher ausstößt, auf die komischen Stellen seines Programms hin. Wiederrum sagt auch diese Feststellung noch nichts über die Qualität aus, zumindest als Bühnenmasche geht die Taktik nämlich offensichtlich bestens auf, was Besucherrekorde und Platinauszeichnungen in rauen Mengen belegen. Nach Bühnen-, TV- und DVD-Erfolgen versucht sich Mario Barth mit Gernot Rolls Kalauerparade „Männersache“ nun auch als Kinoschauspieler, Co-Regisseur und Drehbuchautor in Personalunion. Da stellt sich natürlich sofort die Frage, ob Barths Humor auch ohne seine mitreißende Bühnenpräsenz und seine das Publikum antreibenden Vorauslacher funktioniert. Die Antwort fällt leider ernüchternd aus.

    Dass sie für immer beste Kumpel bleiben, haben sich der Zoohandlungsangestellte Paul (Mario Barth) und der Gerüstbauer Hotte (Dieter Tappert) schon vor langer Zeit während eines schmerzhaften Rituals mit einem glühenden Fünf-Mark-Stück geschworen. Doch nun steht die Freundschaft der Berliner Jungs vor dem Aus. Bisher tingelte Paul extrem erfolglos als Hobby-Komiker durch Kneipen wie die des paranoiden Barbesitzers Rainer (Jürgen Vogel). Doch seitdem der zwielichtige Geschäftsmann Heinz König (Michael Brandner) ihn managt, geht es mit der Karriere steil bergauf. Der Kniff: Paul macht nur noch Witze über die Beziehungsprobleme von Hotte und seiner Liebsten Susi (Anja Kling), die beim Publikum riesigen Anklang finden. Hotte ist hingegen gar nicht begeistert davon, dass seine privaten Pannen so an die Öffentlichkeit getragen werden. Paul muss sich entscheiden - einen wahren Männerfreund zum Frauenaufreißen und Besaufen, oder den ganz großen Durchbruch als Comedian bei der TV-Show „Germany on Stage“…

    Mario Barth polarisiert – auch im Kino. Die eine Hälfte Deutschlands jubelt ihm zu und strömt in Scharen in seine Programme. Mit seinem Auftritt vor 70.000 Zuschauern im Berliner Olympiastadion sicherte sich Barth sogar einen Eintrag im Guinness-Buch der Rekorde für die weltweit größte Comedy-Show. Der Rest der Nation fragt sich dagegen kopfschüttelnd, wie man diesen Kalauerkönig, der sich so gerne mit dem Thema „Übergangsjacken“ beschäftigt, auch nur im Ansatz lustig finden kann. Da geht ein tiefer Riss durch Deutschland, an dem auch „Männersache“ nichts ändern wird. Allerdings müssen sich auch Fans der Bühnenauftritte mit merklich weniger Lachern als gewohnt zufriedengeben. Zwar kalauert sich Mario Barth auch im Film um Kopf und Kragen, doch leider sind nur wenige Szenen - wie etwa der Unfall mit einem Epiliergerät im Intimbereich – so krank, dass sie schon wieder lustig sind. Zumeist dominiert viel eher eine Mischung aus Harmlosem und Altbackenem. Bezeichnend dafür sind die Auftritte von Barth als Komiker im Film. Zu Beginn ist Paul ein erfolgloser Clown, der schlechte Zoten reißt – keiner lacht, weder Pauls Publikum auf der Leinwand noch das im Kinosaal. Soll ja auch so sein. Doch dann startet Paul richtig durch, plötzlich bekommt das imaginäre Leinwandpublikum wahre Lachkrämpfe, während sich der reale Zuschauer im Kinosessel resigniert fragt, wo da nun bitteschön der Unterschied zu den Rohrkrepierern von zuvor sein soll.

    Als zweiten Hauptdarsteller und Mitautoren hat sich Barth seinen alten Kumpel Dieter Tappert mit ins Boot geholt, der hier zum ersten Mal nicht unter seinem Künstlernamen Paul Panzer auftritt. Genau wie Anja Kling (Es ist ein Elch entsprungen, Wo ist Fred?, Hexe Lilli) als Frau zwischen zwei Männern tut sich aber auch Tappert überraschend schwer damit, dem Affen ordentlich Zucker zu geben. Es wirkt fast so, als ob hier alle nur mit angezogener Handbremse agieren. Dasselbe gilt genauso für die verschenkten Gastauftritte von Uwe Ochsenknecht (Das Boot, Die Bluthochzeit, Vom Suchen und Finden der Liebe) als überkorrekter Schwiegervater und Sido als Aufnahmeassistent, der hier eher das Image eines braven Schoßhündchens als das eines Skandalrappers repräsentiert. Abhilfe hätte hier die Verkleidungswut der Hauptakteure schaffen können: Mario Barth ließ sich in Eddie-Murphy-Manier zur Uroma und zum polnischen Bauarbeiter mit Goldzahn ummodellieren, während sich Dieter Tappert als pausbäckiger Jerry Lewis und als russischer Mafiapate versucht – doch lustig sind auch diese Verbeugungen vor den Hochzeiten der Dieter-Hallervorden-Ära nur selten. Als einsamer Höhepunkt bleiben so die urkomischen, wenn auch viel zu kurzen Auftritte von Jürgen Vogel (Der freie Wille, Keinohrhasen, Die Welle) als zugekiffter, unter Verfolgungswahn leidender Barbetreiber.

    Fazit: Alle, die Mario Barth noch nie etwas abgewinnen konnten, sollten auch um „Männersache“ einen großen Bogen machen. Aber auch Fans des Komikers aus Berlin-Mariendorf kommen nur bedingt auf ihre Kosten: Mario Barth ohne Bühne ist wie eine Bulette ohne Senf und Ketchup – der Hunger treibt es rein, aber gut schmecken ist was anderes.

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