Der australische Regisseur Ben Hackworth hat sich bei seinem ersten abendfüllenden Spielfilm „Corroboree" merklich verhoben. Der junge Regisseur verpasst es, die an sich spannende Ausgangssituation in eine aussagekräftige Form zu bringen und verfranzt sich zunehmend in (pseudo-)intellektuellem Ballast. Viel zu schwer und gewollt undurchschaubar ist das Resultat, das sich mit fortschreitender Spieldauer immer mehr in seinen erzwungenen und oberflächlichen Kunstcharakter versteigt.
Der alternde und an Aids erkrankte Regisseur Joe (Ian Scott) lebt zurückgezogen auf einem ländlichen Anwesen. Dorthin bestellt er den angehenden Schauspieler Conor (Conor O'Hanlan), der gemeinsam mit fünf Schauspielerinnen, die mit Joe auf dem Anwesen leben und auf nicht näher geklärte Weise eine große Rolle in seinem beruflichen wie privaten Leben spielten, Schlüssel-Ereignisse aus dem Leben des Filmemachers nachstellen soll. Zur Vorbereitung erhält Conor ein Band mit detaillierten Anweisungen: Auf dem Anwesen soll er zu bestimmten Tageszeiten verschiedene Zimmer aufsuchen, in denen ihn jeweils eine der Frauen erwartet. Mit Joes Anweisungen im Hinterkopf improvisieren die Darsteller, wobei Conor erst nach und nach in seine Rolle findet. Je mehr er aber über seinen Auftraggeber erfährt, desto mehr verliert er sich in der schauspielerischen Verkörperung desselben...
„Corroboree" lief im Forum-Programm der Berlinale 2008 und in gewisser Weise passt der Erstling von Ben Hackworth auch in diese ehrwürdige Sektion der Berliner Filmfestspiele, besteht das Profil derselben doch vor allem aus dem Hang zum experimentellen, abseitigen und formal andersartigen Kino. All diese Kriterien erfüllt „Corroboree", nur leider findet Hackworth dabei zu keiner überzeugenden Form. Wo andere Regie-Debütanten zu wenig wagen, riskiert Hackworth zu viel und scheitert. Ein wenig erinnert „Corroboree" an die Filme des Briten Peter Greenaway, vor allem – wegen des selbstreflexiven Gestus' und der Szenerie – an dessen großartigen „Der Kontrakt des Zeichners". Von der mehrfach gedoppelten und verschlüsselten Vielschichtigkeit der Filme Greenaways bleibt in „Corroboree" jedoch kaum mehr als ein bemühter, ambitionierter Restgedanke.
Dass Hackworth einen Kunstfilm machen wollte (und daran keinen Zweifel aufkommen lassen will), erkennt der Betrachter bereits nach wenigen Minuten. Die mit Filmtheorie unterfütterte Grundidee des Films, das bedeutungsvoll inszenierte, für den Zuschauer stets unüberschaubar bleibende Anwesen samt Wald und Gartenlabyrinth und die immer vertrackter werdende Rätselhaftigkeit des Geschehens verweisen ununterbrochen auf den artifiziellen Anspruch Hackworths. Klar, dass „Corroboree" große und schwergewichtige Themen verhandelt, etwa – wie Hackworth es im Presseheft formuliert – die „Verbindung zwischen Sexualität und Tod bei männlichen Homosexuellen (und in gewisser Weise bei allen Menschen)". Damit sein Film auch nicht im Entferntesten ins „Normale" abdriften kann, zerstückelt Hackworth die Erzählung zudem in Fragmente, die den Zuschauer hilflos im Dunkeln tappen lassen.
Die formale Gestaltung, auf die Ben Hackworth ein großes Augenmerk legt, steht der allzu forcierten inhaltlichen Mehrdeutigkeit in nichts nach. In langen, ruhigen Einstellungen, mit meditativer Musik und vielen betont künstlichen Digitalbildern, von denen einige durchaus ansehnlich sind, modelliert „Corroboree" zu jeder Zeit eine äußerliche Kunsthaftigkeit. Für das anfängliche Miträtseln seitens der Zuschauer gibt es am Ende übrigens keinerlei Pay-Off, stattdessen verläuft Hackworths Debüt mit großer, prätentiöser Geste im Sande.