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    1 1/2 Ritter - Auf der Suche nach der hinreißenden Herzelinde
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,5
    enttäuschend
    1 1/2 Ritter - Auf der Suche nach der hinreißenden Herzelinde
    Von Jens Hamp

    Wer kann Til Schweiger schon böse sein? Selbst den kolossalen Actionflop Far Cry oder die qualitative Bruchlandung des Roten Barons möchte man ihm beim Gedanken an seine herzensguten Romanzen Keinohrhasen und Barfuß verzeihen. Glücklicherweise streift der deutsche Superstar zum Weihnachtsfest wieder die Romantikrüstung über und versucht mittelalterlichen Frohsinn in der Komödie „1 ½ Ritter – Auf der Suche nach der hinreißenden Herzelinde“ zu verbreiten. Allerdings geht dieser Versuch komplett in die Hose. Mit schwerer Ritterrüstung stolpert Schweiger in seiner vierten Regiearbeit so häufig über vergeigte Pointen und das einfallslose Drehbuch, dass das Schaulaufen der deutschen Prominenz den Schuh des Manitu wie eine Sternstunde der deutschen Filmgeschichte erscheinen lässt.

    Der tapfere Ritter Lanze (Til Schweiger) ist ein klassisches Opfer der mittelalterlichen Standesgesellschaft. Mit seinen unbesiegbaren Kampfeskünsten steht er zwar in der Gunst König Gunthers (Thomas Gottschalk) an vorderster Stelle, seine Liebe zu dessen Tochter Prinzessin Herzelinde (Julia Dietze, Robert Zimmermann wundert sich über die Liebe, Little Paris) kann er dagegen nicht offenbaren. Einerseits ist er viel zu schüchtern, andererseits – und das ist die große Dramatik – würde die Liebe zwischen einem einfachen Ritter und einer holden Prinzessin im feudalen Zeitalter nie und nimmer gestattet. Als Herzelinde jedoch von dem Schwarzen Ritter (Tobias Moretti) entführt wird, ist Lanze die einzige Hoffnung für die Rettung der Prinzessin. Zwangsweise muss sich dieser für seine Befreiungsaktion mit dem türkischstämmigen Möchtegern-Ritter Erdal (Rick Kavanian, Der Schuh des Manitu, (T)Raumschiff Surprise) zusammenschließen. Denn dieser Kleinkriminelle ist der einzige, der das Versteck des Fieslings kennt…

    Die deutsche Klatschpresse ist sicherlich neidisch, dass Til Schweiger in seinem Film mehr Stars und Sternchen unter einer Ritterhaube sammeln kann, als sie es in einer ganzen Ausgabe ihrer Boulevardblätter schaffen. Doch ähnlich wie in der deutschen Klatschpresse mangelt es „1 ½ Ritter“ an Tiefgang und Gehalt. Zwar werden die bekannten Gesichter voller Elan in jede noch so kleine Rolle gepresst. Leider kann Schweiger mit dieser Ansammlung aber nicht über die Einfallslosigkeit der klamaukigen Handlung hinwegtäuschen. Um in den Klatschspalten zu bleiben, ist „1 ½ Ritter“ wohl am besten mit einem umgefallenen Sack Reis in China zu vergleichen. Das interessiert grundsätzlich niemanden. Wenn ein gewiefter Reporter jedoch zusätzlich berichten kann, dass neben diesem Sack Reis Thomas Gottschalk stand, werden sich ganze Scharen von Lesern auf die inhaltslosen Zeilen stürzen.

    So flackert die Suche nach der entführten Herzelinde fast zwei Stunden lang auf belangloser Sparflamme. Sicherlich ist Til Schweiger in der Rolle des schüchternen Lanzes trotz Prinz-Eisenherz-Gedenkfrisur wieder unwiderstehlich. Über das grauenhafte Drehbuch von Oliver Philipp und Oliver Ziegenbalg (welche schon Kein Bund für’s Leben verantworten müssen) kann aber auch ein Charmebolzen der Schweiger-Klasse nicht hinwegtäuschen.

    Die Witze waren scheinbar noch von den Dreharbeiten der 7 Zwerge übrig geblieben und verpuffen in erschreckender Regelmäßigkeit im Nichts. Um das angestaubte Rittergenre zudem etwas aufzupeppen, werden kurzerhand neumodische Elemente in die Handlung eingefügt. Herzelinde wird zu einem emanzipierten Weibsbild, das mit Stinkefinger und trotzigem Mundwerk für ihr Recht auf eine Liebeshochzeit kämpft, beim kleinen Hunger zwischendurch reitet man zum örtlichen McDonald’s-Verschnitt und Prinzessinnen werden wie Popstars um Autogramme gebeten. Garniert werden diese Versuche, etwas Pep in die klischeelastige Story zu bringen, mit halbgaren Gags über die Schwierigkeiten eines Ritters mit Immigrationshintergrund. In bester Raubrittertradition plündern die beiden Autoren zu allem Übel noch bei anderen Komödien. Dass sie dabei noch nicht einmal davor zurückschrecken, den äußerst nervigen Drive-In-Witz der Kifferodyssee „Ey Mann, wo is’ mein Auto?“ erneut zu verwursten, beweist wohl am besten ihre Einfallslosigkeit. Besonders ärgerlich sind diese wahllos eingestreuten Pointen jedoch, weil sie selbst die besten Ansätze wie die wahre Geschichte der Döner-Erfindung schlussendlich in den Sand setzen.

    Bedauerlicherweise krankt Til Schweigers Film aber nicht nur an dem mangelhaften Drehbuch. Auch der ewig gleich bleibende Inszenierungsstil des gebürtigen Freiburgers ist mittlerweile eher anödend. Die perfekt ausgestatteten und an Originalschauplätzen gedrehten Bilder werden wie gewohnt mit einem Sepia-Farbfilter überzogen. Ein optischer Effekt, der vielleicht in Der Soldat James Ryan seine künstlerische Daseinsberechtigung hatte, nunmehr aber wie ein ausgelutschter Kaugummi wirkt. Wirklich nervig wird diese kitschige Visualisierung aber erst im Finale. Ohne zuviel zu verraten: Die Kamera dreht sich um das glückliche Paar und wird dazu von einem Lied begleitet, das wie eine penetrant-schlechte Kopie von Enyas Der Herr der Ringe-Ethnohymne „May It Be“ wirkt. Wen bei diesem Übermaß an Zuckerguss nicht heftigste Zahnschmerzen befallen, ist wirklich leidensfähig. Aber in Sachen Musikauswahl ist „1 ½ Ritter“ so oder so äußerst grenzwertig. Während die orchestralen Kompositionen Maurus Ronners überwiegend unbeachtet im Hintergrund bleiben, muss in der Mittelalterwelt noch eine Clublandschaft zur abendlichen Unterhaltung eingeführt werden („Das Schwert muss aber am Eingang abgegeben werden!“). Als sei die stetige Witzlosigkeit noch nicht Strafe genug, dürfen ausgerechnet in diesem Hochglanzclub die New Kids on the Block eines ihrer Reunion-Konzerte geben und mit ihrem platten Popkäse „Dirty Dancing“ die Ohren quälen.

    Glücklicherweise ist das Mittelalter unter dem Strich aber nicht dauerhaft tiefgrau und trist. Am Wegesrand stolpert Lanze mit seinem widerwilligen Gehilfen Erdal manchmal über einen Promi, dessen Auftritt entweder nicht vollkommener Selbstzweck ist oder aber nicht lust- und ausdruckslos heruntergeleiert wird wie Thomas Gottschalks Königsinterpretation. Auffällig ist, dass es zumeist ein bisschen amüsanter wird, wenn Rick Kavanian etwas länger an der Leine gehalten wird. Dann wird er endlich mal nicht auf seinen osmanischen Akzent beschränkt und kann Elemente seiner zahlreichen „Bullyparade“-Figuren einfließen lassen - und wenigstens das ein oder andere anerkennende Lachen ernten.

    Daneben ist es natürlich auch erfreulich, seit einer gefühlten Ewigkeit mal wieder Dieter Hallervorden oder Jopie Heesters auf der großen Leinwand zu sehen. Wieso aber auch Roberto Blanco aus den Tiefen des ZDF-Schunkelfernsehens geholt werden musste, wird wohl immer ein Geheimnis Til Schweigers bleiben.

    „Jetzt habe ich vergessen, was ich sagen wollte“ - Lanze

    Leider ist Herzelinde nicht annähernd so hinreißend wie es der Untertitel der „1 ½ Ritter“ vermuten lässt. Schlimmer noch, die Königstochter ist eine ziemlich garstige Furie, die einen ständig zum Lachen bringen will, dabei aber eine Pointe nach der nächsten versemmelt. Natürlich wird auch diese 8-Millionen-Euro-Produktion zahlreiche Besucher über die Weihnachtsfeiertage in die Kinos ziehen. Schließlich konnte die zahlende Masse auch schon den 7 Zwergen nicht widerstehen. Qualitativ ist dieser trotz kleinerer Anzüglichkeiten harmlose „Spaß“ aber nur wieder eine Bestätigung des alten Klischees, dass Deutsche keinen Humor haben. Die Hoffnungen ruhen also auf Keinohrhasen 2, der das nächste Weihnachtsfest versüßen soll. Hoffentlich dann wieder mit dem gleichen Elan und unwiderstehlichen Charme wie bei den vorherigen Schweiger-Romantikkomödien…

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