High School Musical, kurz „HSM“, ist ein Phänomen. Mit mehr als sieben Millionen Zuschauern bei seiner amerikanischen Erstausstrahlung war das TV-Teenie-Musical zwar der bis dahin quotenträchtigste Disney-Channel-Film, doch die wirklich herausragenden Erfolge sollten erst noch folgen. Mittlerweile haben den Film mehr als 250 Millionen Menschen in über 20 Sprachen in 100 Ländern gesehen. Auf DVD war „HSM“ 2006 der meistverkaufte Film, mit über vier Millionen abgesetzten CDs avancierte der Soundtrack in Amerika zum erfolgreichsten Album des Jahres. Zum Franchise gehören außerdem Bühnenshows in den Disney Parks in Anaheim, Orlando und Paris. Und auch eine Eislaufshow fehlt nicht. Von Bettwäsche & Co. mal ganz zu schweigen. Als ein Jahr später dann auch die Fortsetzung High School Musical 2 einen Rekord nach dem anderen pulverisierte, war endgültig klar, dass die Produzenten hier auf eine Goldgrube gestoßen sind. Dementsprechend ist es keine Überraschung, dass die Reihe mit dem zweiten Sequel „High School Musical 3: Senior Year“ nun höhere Weihen schlagen will und die Kinosäle stürmt. Leider ist Regisseur und Choreograph Kenny Ortega bei dem Versuch, sein TV-Musical auf Kinoformat aufzublasen, ein ganzes Stück über das Ziel hinausgeschossen.
Die „Wildcats“ haben zum zweiten Mal in Folge die Basketball-Meisterschaft gewonnen. Jetzt bleibt Troy Bolton (Zac Efron) und seinen Freunden endlich ein wenig Zeit, um über ihre Zukunft nach dem Highschool-Abschluss nachzudenken. Von Sportcrack Troy wird erwartet, dass er die örtliche Universität besucht und gemeinsam mit Kumpel Chad (Corbin Bleu) für deren Basketball-Team Körbe wirft. Allerdings steht bereits fest, dass Troys hübsche Freundin Gabriella (Vanessa Hudgens) auf die ganze 1.600 Kilometer entfernte Stanford University wechseln wird. Bevor sich die Oberstufler aber ihren schwierigen Lebensentscheidungen zuwenden können, stehen zunächst einmal die Proben für das Frühlingsmusical von Ms. Darbus (Alyson Reed) an. Und erneut versucht Diva Sharpay Evans (Ashley Tisdale), das Stück ohne Rücksicht auf Verluste an sich zu reißen…
„High School Musical“ funktionierte trotz seiner simplen Story deshalb so gut, weil er sie in einer sehr verdichteten Form darbot. Es ging um einen Jungen und ein Mädchen, die dafür kämpften, ihren Traum vom Singen zu verwirklichen – Punkt. Das Sequel war dann ein luftig-leichter Sommerfilm, der sich nur vorsichtig an dramatische Einschübe herantastete. Das war auch okay. Doch mit der zweiten Fortsetzung wollen die Macher nun zu hoch hinaus. Es gibt zu viele parallel erzählte Handlungsstränge, der Charme der Musical-Nummern geht zwischen der übertriebenen Ausstattung verschütt und die neuen Charaktere, die den eh zu langen Film noch weiter ausbremsen, erweisen sich als überflüssiges Beiwerk.
Zac Efron (Hairspray, Footloose, 17 Again) als Girlie-Schwarm Troy Bolton, Vanessa Hudgens als hübsche Gabrielle, Corbin Bleu (Mission: Possible) als Basketballcrack Chad Denforth, Ashley Tisdale (They Came From Upstairs) als selbstverliebte Drama-Queen Sharpay Evans, Lucas Grabeel (Milk, College Road Trip) als ihr Zwillingsbruder Ryan und Monique Coleman als sexy Intelligenzbestie Taylor McKessie – die Stars der ersten beiden Teile, die sich inzwischen zu Teenie-Idolen gemausert haben und deren Poster zahllose Kinderzimmerwände zieren, sind allesamt wieder mit von der Partie. Das Risiko, die bekannten Rollen in irgendeiner Weise zu variieren, wird erwartungsgemäß nicht eingegangen. Schade, zumindest die eine oder andere kleine Überraschung hätte dem Drehbuch sicher gut zu Gesicht gestanden. Aber okay, der Zuschauer bekommt halt genau das, was er erwartet. Ein echtes Problem sind hingegen die Neuzugänge: Matt Prokop als überdrehter Klassenclown Jimmy „The Rocket“ Zara und Jemma McKenzie-Brown als hinterhältiges Miststück Tiara bergen ein hohes Nervpotential. Außerdem kostet der aus Alles über Eva-entliehene Sub-Plot um Tiara, die sich als persönliche Assistentin bei Sharpay einschleimt, den Film zu viel seines eh schon schleichenden Tempos.
Dass der musikalische Höhepunkt von „HSM 3“ ein Medley aus Songs der ersten beiden Teile ist, sagt eigentlich schon alles über die Qualität der neuen Lieder aus. Die Pop-Songs („A Night To Remember“) und Balladen („Can I Have This Dance“) sind leichte Variationen des typischen HSM-Sounds, die die Eingängigkeit früherer Stücke nicht mehr erreichen. Lediglich mit dem hippen „The Boys Are Back“ und dem düsteren „Scream“ wurden neue Wege eingeschlagen – allerdings wirkt der Versuch, mit diesen Songs ein etwas älteres Publikum anzusprechen, zu bemüht. Was die Musical-Einlagen angeht, hat sich in Sachen Choreographie nicht viel getan – Kenny Ortega bleibt eben Kenny Ortega. Allerdings sind einige der Nummern zu groß angelegt. Vor allem mit „I Want It All“ verhebt sich der Film. Mit ihren aufwändigen Kulissen und mehrfachen Set-Wechseln erinnern diese Szenen im Ansatz an die Hochzeit der Hollywood-Musicals in den 1950er Jahren. Zum einen ist das natürlich ein Vergleich, bei dem „HSM“ nur den Kürzeren ziehen kann. Zum anderen gefielen die Tanzeinlagen der Vorgänger auch aufgrund ihrer Bodenständigkeit. Die geht in der Kinoversion nun flöten.
Fazit: Der Sprung vom Fernsehschirm auf die Kinoleinwand hat der „HSM“-Reihe nicht gut getan. Mit seinen ausgefransten Handlungssträngen, wenig eingängigen Musiknummern und nervigen Nebenfiguren bleibt „High School Musical 3: Senior Year“ deutlich hinter den Vorgängern zurück. Ursprünglich sollte der dritte Teil „Haunted“ heißen und ein Grusical werden, das dem Grundplot eines Horrorfilms folgt – die Chancen stehen gut, dass dies der bessere Film geworden wäre.