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    Unearthed
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,5
    enttäuschend
    Unearthed
    Von Jan Hamm

    Grabungen sind ein gefährliches Geschäft. Ständig stößt man auf selig schlummernde Gottheiten oder Außerirdische, die sich über die Ruhestörung in der Regel ausgesprochen erbost zeigen und einen gewissen Blutzoll fordern, bevor sie sich in die Erde, das Meer oder das ewige Eis zurückverfrachten lassen. Und stets wäre all der Aufruhr zu verhindern gewesen, hätte man bloß auf die Schamanen oder Höhlenmalereien gehört, die sich zumeist in der unmittelbaren Umgebung finden lassen. So weit – so bekannt. Auf Innovation kommt es im Monsterfilm ohnehin nicht an. Viel wichtiger ist, dass die ausgebuddelten Bestien schön schaurig aussehen, und noch schlaftrunken genug sind, um ihre Opfer so oft entkommen zu lassen, bis diese die passende Gegenwehr ausgetüftelt haben. „Unearthed“ hält sich zwar an diese ehernen Genregesetze, hat aber darüber hinaus wenig zu bieten. Zumal der Film schon mit einer Riesendummheit beginnt: Das Monster wird absichtlich ausgebuddelt...

    Irgendwo in der Prärie: Eine bunt zusammengewürfelte Truppe hat sich in der Tankstelle eines alten Indianers (Russell Means) einquartiert. Auf den Sprit brauchen sie nicht zu warten – der Nachschub-LKW liegt explodiert auf der nahen Straße. Schlecht gelaunt sind auch die lokalen Rancher, deren Vieh in der vorigen Nacht gerissen wurde. Die Polizistin Annie (Emmanuelle Vaugier) soll sich um die Vorfälle kümmern. Ihre Ermittlungen finden ein jähes Ende, als die Tankstelle von einer fremdartigen Kreatur attackiert wird. Auf der Flucht in die umliegenden Berge treffen die Überlebenden auf einen seltsamen Archäologen (Luke Goss), der mehr über die Gefahr zu wissen scheint. Damit ist der Kampf eröffnet...

    Es gibt noch ein drittes Genregesetz, welches Regisseur und Autor Matthew Leutwyler nicht zu kennen scheint: Je mysteriöser ein Monster ist, desto unheimlicher wirkt es. Bereits in der Eröffnungssequenz gibt er das Aussehen seiner Kreatur preis, und nimmt dem Film damit einen erheblichen Teil des Spannungspotentials. Ähnlich angelegte Monsterfilme wie John Carpenters Das Ding aus einer anderen Welt oder Peter Hyams’ Das Relikt haben gezeigt, wie effektiv es ist, dem Zuschauer dies eine Weile vorzuenthalten. Da fällt kaum noch ins Gewicht, dass die zweite Filmhälfte die Herkunft des Monsters auf recht haarsträubende Weise zu erklären versucht. Für wirkungsvollen Horror stehen die Zeichen also bereits zu Beginn schlecht.

    Über gelungen inszenierte Actionsequenzen hätte „Unearthed“ wieder Boden gutmachen können. Doch auch hier gibt es keine Erfolge zu vermelden. Die Attacken der Kreatur finden fast ausschließlich in schlecht ausgeleuchteten Nachtszenen statt, sind ideenarm und übertrieben hektisch geschnitten. Und wie es den Opfern dabei ergeht, ist ebenfalls nur mäßig interessant, da die Truppe nur aus Stereotypen besteht. Das sexuell recht aufgeschlossene Blondinchen, der über Mutter Erde referierende Indianer und der Tupac-Sprüche reißende Schwarze haben schlicht und ergreifend keinen Wiedererkennungswert. Am ehesten funktioniert da noch der Charakter der Polizistin Annie, die den unverarbeiteten Tod eines Kindes bei einer Geiselnahme im Alkohol zu ertränken versucht. Gelernt hat sie scheinbar wenig daraus, immerhin handeln sie und der Rest der Truppe selbst für Genreverhältnisse ungeschickt. Spätestens, als ein ruppiger Lagerkampf ausbricht, während die blutrünstige Kreatur durch die umliegenden Hügel streift, wird es unfreiwillig komisch.

    Auch das Monster bleibt kaum über den Abspann hinaus haften. Die uninspirierte Mischung aus Heuschrecke und Versatzstücken des exzentrischen Alien-Designs von H.R.Giger ist bestenfalls mal ekelerregend; wirklich unheimlich wirkt es nie. Eine Mitschuld daran trägt auch die mäßige Computeranimation. Immerhin benimmt es sich artgerecht und sorgt so für einige routinierte Splattersequenzen, die Gore-Fans auf ihre Kosten kommen lassen sollten. Was man „Unearthed“ hier durchaus positiv anrechnen kann, ist der Verzicht auf eine Anbiederung an voyeuristische Gewaltpornos à la Saw oder Hostel. Die Gewalt dient Genre-typisch eher dazu, die Übermächtigkeit und vermeintliche Unbesiegbarkeit der Kreatur zu unterstreichen. Die FSK-16-Kennzeichnung überrascht trotzdem, denn zimperlich wird keineswegs zu Werke gegangen.

    „Unearthed“ ist keiner dieser Ausfälle, von denen es im Monsterfilm nur so wimmelt. Die meisten Genrezutaten sind vorhanden, werden handwerklich solide umgesetzt und der Abstieg in den Trash somit vermieden. „More of the same“ also. Wer allerdings nach pointierter Action und stimmungsvollem Horror sucht, wird hier nicht fündig werden. Übrigens - Archäologe Luke Goss wechselt noch in diesem Sommer die Seiten und darf selbst als Relikt einer vergangenen Epoche auftreten: als Gegenspieler von Ron Perlman in Guillermo del Toros Hellboy II. Auch da wird er wohl nach dem Finale in seine Erdspalte zurückwandern müssen, das aber hoffentlich mit mehr Würde als das unselige „Unearthed“-Monster.

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