Hielte man sich an die gängigen Klischees, so wäre die Unterscheidung von Informations- und Unterhaltungsfernsehen in den US-Medien obsolet. Unter dem Mantel seriöser Berichterstattung wird dort auch gerne einmal die Hetzjagd auf Schwerverbrecher vor laufenden Kameras zelebriert, aus der Korruptionsaffäre ein amtliches Melodram gestrickt oder die Invasion im fremden Land als beeindruckendes Feuerwerk verkauft: Die meisten Fernsehformate aus dem Land der unbegrenzten Möglichkeiten erscheinen uns als wahnwitzige Inszenierungen und sind mit einer aufgeklärten Vorstellung der Trennung von Fakt und Fiktion nicht vereinbar. Was hierzulande im Laufe der Mediensozialisation schon als eine Art Generalverdacht internalisiert wird, bietet sich für das amerikanische Kino umso mehr als Zielscheibe satirischer Dekonstruktion an, sei es nun in dezidiert politischer Art und Weise („Wag the Dog") oder in Form zynischer Konsumkritik („Thank You for Smoking"). Mit einer derart bissigen Abrechnung mit der medialen Wirklichkeit kann Roger Michells Showbiz-Komödie „Morning Glory" nicht aufwarten. Zwar werden Unterhaltungsklischees auch hier und da torpediert, wenn der „Notting Hill"-Regisseur Rachel McAdams, Harrison Ford und Diane Keaton in bester Screwball-Manier aufeinanderprallen lässt – darüber hinaus erzählt das Drehbuch aber ein typisches Karrieremärchen ohne Tiefgang.
Eigentlich ist Becky Fuller (Rachel McAdams) bis hin zur Kleidung auf eine Beförderung eingestellt, als sie ins Büro ihres Chefs stolziert. Umso überraschender kommt die darauffolgende Kündigung, die die ehrgeizige Jung-Produzentin urplötzlich ins existenzielle Abseits katapultiert. Erst nach einem regelrechten Bewerbungsmarathon erbarmt sich Produzent Jerry Barnes (Jeff Goldblum) und engagiert sie, um die am Quotenboden liegende Frühstückssendung „Daybreak" wieder auf Vordermann zu bringen. Kein Traumjob, aber besser als nichts! Die ehrgeizige 28-Jährige ist fest entschlossen, aus der belächelten Programmkuriosität ein echtes Erfolgsformat zu machen. Dabei muss sie nicht nur die Arbeitsabläufe gehörig umkrempeln, sondern auch mit den Allüren der Moderatorin und ehemaligen Schönheitskönigin Colleen Peck (Diane Keaton) und der Blockadehaltung des legendären TV-Anchorman Mike Pomeroy (Harrison Ford) zurande kommen. Aufgrund ihres beruflichen Engagements droht dabei auch der frischen Liaison zwischen ihr und Produzentenkollege Adam (Patrick Wilson) das frühe Aus...
Einem europäischen Publikum muss der popkulturelle Rummel rund um die Morgenshows befremdlich erscheinen. Kein Wunder, sind die liebsten Begleiter der Deutschen am Frühstückstisch doch nach wie vor Zeitung und Radio. Was vor acht Uhr über den Fernsehschirm flimmert, ist im Grunde nicht mehr als eine gähnend langweilige Überbrückung von Sendezeit und lockt wohl kaum jemanden frühzeitig aus den Federn. Auch wenn ein unmittelbarer, lebensweltlicher Bezug somit nicht gegeben ist, wartet auch „Morning Glory" mit Stereotypen auf, die von Hollywood bereits dutzendfach exportiert wurden und damit weithin anschlussfähig sind: Das Fernsehstudio gleicht einer kreativen Rumpelkammer, die Crew setzt sich aus unorganisierten, aber liebenswerten Chaoten zusammen. Dagegen kontrastiert Michell den Prime-Time-Riesen NBC als futuristisch-seelenloses Großunternehmen, in dessen Büroräumen man gut und gerne vom Fußboden essen könnte. Amerikanisches Kulturphänomen hin oder her: Das Setting bietet damit ausreichend Identifikationspotenzial.
Das Problem, mit dem die frischgebackene Produzentin konfrontiert wird, sind derweil nicht die fehlenden Strukturen, sondern - ganz im Gegenteil - die Routinen, die sich in den Arbeitsalltag der Crew eingeschliffen haben. Der Status Quo produziert keinerlei Konflikte bis Becky nicht nur ihren persönlichen Ehrgeiz einbringt, sondern auch strenge Quotenvorgaben auf den Tisch legt. In einer Szene mit Symbolwert feuert sie folgerichtig erst einmal den bisherigen Moderator der Sendung, mit dessen fotografischem Konterfeit bereits die Wände des Studios tapeziert sind. Beckys Autorität wird in einem beherzten Akt hergestellt und die Belegschaft lässt sich von nun an vom Esprit der energischen Frau leiten. Wäre da nicht Mike Pomeroy, würde der Laden wohl auch laufen. Das in die Tage gekommene Idol der aufstrebenden Produzentin entpuppt sich jedoch nicht als progressiver Visionär, sondern als desillusionierter Zyniker, der sich ihrem ungestümen Charme effektiv zu entziehen weiß. In dieser Konstellation harmoniert das exaltierte Schauspiel von Rachel McAdams vorzüglich mit der minimalistischen Mimik von Harrison Ford – einziger Wehrmutstropfen: Es dauert seine Zeit, bis die Beziehung zwischen den beiden ihre Dynamik vollends entfaltet. Ford wird erst nach gut einem Drittel stärker in die Handlung eingebunden, bis dahin fehlt es der „Sherlock Holmes"-Schönheit an einem Gegengewicht. Sei's drum: Die Wortgefechte zwischen den beiden sind durchweg pointiert und machen eine Menge Spaß.
Dabei stehen sie als zentrale Figuren jeweils stellvertretend für ein bestimmtes Medienbild. Auf der einen Seite der weltmännische Anchorman, der mit der Generation „Spaßfernsehen" partout nichts am Hut haben will, auf der anderen Seite die junge Wilde, die vor allem ihrem Bauchgefühl folgt und für die der Spaß an der Sache über allem steht. Das Drehbuch schlägt sich dabei auf die Seite der Produzentin, denn die Handlung steuert konsequent darauf zu, den Idealismus des Routiniers zu brechen. Das wäre im Sinne der Komödie auch nicht problematisch, würde Pomeroys idealistische Haltung nicht konsequent mit persönlichem Frust gleichgesetzt. So ist der gealterte Star beispielsweise nicht nur kulturelles Fossil, sondern auch alleinlebender Alkoholiker. Selten gelingt es hingegen, den Bedeutungskonflikt über die Personen hinaus zu thematisieren. Dies ist nicht zuletzt auch dem hippen Inszenierungsstils Michells geschuldet: Die Handlung rauscht wie eine bunte Seifenblase am Zuschauer vorbei und ist damit selbst viel zu sehr Teil jener Spaßmotivik, die sie komödiantisch zu entkleiden sucht. Ein damit verbundenes Problem ist weiterhin, dass auch die Plausibilität der Charaktere damit immer wieder ins Wanken gerät.
Anstatt die Figur der Becky Fuller ausgewogen zu erzählen, wird vor allem ihre Tollpatschigkeit permanent inszeniert - man darf schon froh sein, wenn eine Szene mal nicht damit einführt oder schließt, dass Rachel McAdams mit diversem Mobiliar kollidiert. Darüber hinaus fehlt es „Morning Glory" an einer erinnerungswürdigen Nebendarstellerriege, die - ähnlich wie in „Notting Hill" - auf Augenhöhe mit den Stars agiert. Jeff Goldblum, eigentlich ein Qualitätsgarant, bleibt als Chairman reiner Stichwortgeber. Patrick Wilson wirkt als Love-Interest desinteressiert. Letztlich fungiert seine Rolle als Spiegel für die charakterliche Entwicklung der Hauptfigur; das Techtelmechtel zwischen McAdams und Wilson entwickelt dabei aber ebenso viel Charme wie eine 30-Sekunden-Romanze aus einem Werbeclip. Den richtigen Ton trifft hingegen Diane Keaton: Die durch ihre langjährige Liaison und Zusammenarbeit mit Woody Allen komödienerfahrene Mimin ist sich im direkten Schlagabtausch mit Harrison Ford zu keiner Erniedrigung zu schade, bewahrt dabei durch ihre toughe und selbstironische Art aber jederzeit Haltung.