Der gläubige Moslem Muharrem zieht in das Kloster einer strengen islamischen Bruderschaft. Der gottesfürchtige und redliche Mann wurde dazu auserkoren, die Einnahmen aus den vielen Mietverhältnissen des begüterten Istanbuler Klosters einzutreiben. Was aber tun, wenn fromme Mieter nicht zahlen können? Fordert nicht der Prophet Mohammed, den Armen zu helfen? Ein Dilemma.
Der Hamburger Filmemacher Fatih Akin, der den Film produzierte, vergleicht im Gespräch die Gottesfurcht im Islam mit Aussagen über Gott im Alten Testament: Auch der Gott der Bibel verlange Gehorsam. Akin gibt aber zu: So genau kennt er die Bibel nicht. Der Kontrast zwischen islamischen Glaubensanstrengungen und Evangelium samt der darin enthaltenen christlichen Erlösungslehre wäre immerhin erwähnenswert gewesen. Dafür zeigt der von Akin produzierte Streifen, zu welchen Exzessen es führen kann, wenn die vom Gläubigen erhoffte Vergebung Gottes nie sicher in Aussicht gestellt werden kann. Und was, wenn der Satan die geplagte Menschenseele immer schlimmer versucht, etwa in Gestalt sündiger Träume? Wie soll man dagegen ankommen? Muharrem weiß nur (Filmzitat): Er muss raus aus diesem Sumpf! Doch der einzige Ausweg sind immer strengere religiöse Übungen. Der autoritäre Ordensführer im Film lehrt: Das einzig Gute an der Sünde sei die Chance zur Reue. Doch die Frage, ob Reue allein ausreicht , um bei Allah Gnade zu finden, nagt weiter an Muharrem, bringt ihn schließlich fast um den Verstand...
Hysterisch muten die Versammlungen des Ordens in der Moschee an, in denen die Gläubigen sich durch gebetsmühlenartige Gesänge in Ekstase bringen. Schonungslos offenbart Regisseur Özer Kiziltan jene intimen Seiten des Islam, die Furcht einflößen, nicht nur bei uns im Westen. Er zeigt das zwar anhand einer extremen, offenbar der mystischen Bewegung des Sufismus nahestehenden Strömung, aber rekrutieren sich nicht gerade aus extremen Splittergruppen jene, die in Frontstellung zum Westen stehen und eben darum Furcht und Schrecken verbreiten?
„Takva – Gottesfurcht“ ist zu spröde für das große Kinopublikum. Kein Unterhaltungskino, dafür aber überaus aufschlussreich. Der Film spricht offen über die Bedrängnisse und Bedrückungen, die vielen zu schaffen machen, die im Islam ihr Heil suchen. Eigentlich eine Steilvorlage für die westlichen Gesellschaften, offensiver ihre eigenen Standpunkte und Traditionen zu vertreten. Denn die frohe Botschaft von der Rechtfertigung allein aus Glauben und von der „herrlichen Freiheit der Kinder Gottes“ (Röm. 8), sie richtet sich auch an Muslime. Nur muss es eben Menschen geben, die ihnen das sagen, anstatt sich hinter areligiösem und daher antwortlosem Aufgeklärtsein zu verstecken.
Eine Gastkritik von www.film-o-meter.de