Durch ein dummes Missverständnis schlidderte El Mariachi einst in ein bleihaltiges Abenteuer. Wegen seines Gitarrenkoffers wurde er mit einem professionellen Killer verwechselt und musste sich gegen unzählige Bösewichte zur Wehr setzen. Die minimalen Produktionskosten (7.000 Dollar) für diesen Film hätte man sicherlich niemals erahnt. Zu geschickt waren die Schnitte gesetzt, zu professionell wirkte die Kameraführung. Logische Konsequenz waren ein kommerzieller Achtungserfolg, erste Filmpreise und vermehrt Anrufe aus Hollywood. Die Ballade vom schießwütigen Gitarrenspieler sollte neu aufgelegt werden – mit einem Budget, das sich auf das tausendfache des Vorgängerfilms belief. Robert Rodriguez (Sin City, From Dusk Till Dawn) ließ sich nicht lumpen und investierte das Geld an den richtigen Stellen, so dass „Desperado“ trotz seines für Hollywood-Verhältnisse überschaubaren Budgets wie ein mit Stars gespickter Hochglanzactionstreifen daherkommt.
Dieses Mal hat der Mariachi (Antonio Banderas, Interview mit einem Vampir, Spy Kids, Die Legende des Zorro) den waffenbeladenen Gitarrenkoffer aus eigenem Antrieb gepackt. Er will Rache üben. Seine Geliebte wurde ermordet, die eigene Hand zerschossen. Zur Verantwortung soll Bucho (Joaquim de Almeida, Kill Bobby Z) gezogen werden. Doch die Bande des Drogenbosses ist vorgewarnt, schließlich wird in jeder kleinen Kneipe Mexikos die Legende des Gitarre spielenden Rächers erzählt. Bis an die Zähne bewaffnet warten Buchos kampferprobten Schergen und hoffen, nicht mit einem direkten Fahrschein ins Jenseits zu enden…
„Desperado“ lässt sein Publikum in Erinnerungen schwelgen. Erinnerungen an Sam Peckinpahs dreckige Männerfilme, an die blutigen Pistolenballetts John Woos und an Sergio Leones Spaghettiwestern. Jedem Atemzug merkt man diese prägenden Einflüsse an. Ebenso ist jeder Szene abzulesen, dass Robert Rodriguez seine Hausaufgaben erledigt hat. Mit verwegenen Kamerawinkeln und stilvollen Schnitten sorgt dieser vor allem in den zahlreichen Actionszenen für eine feurig-dynamische Inszenierung. Immer wieder lässt der Mariachi hitzige Explosionen hinter sich und kämpft sich durch wahre Scharen an Widersachern. Der Gewaltpegel wird wie in den Filmen Peckinpahs hoch gehalten. Mehrfach muss sich der Mariachi seine Wunden von der bezaubernden Bibliothekarin Carolina (Salma Hayek, Bandidas, Frida) nähen lassen. Für seine Gegenüber kommt hingegen jede Hilfe zu spät. Jedoch muss man Rodriguez trotz des exzessiven Waffeneinsatzes zugestehen, dass er die blutigen Auseinandersetzungen stets mit einem leichten Augenzwinkern inszeniert. Die Gegner wirbeln durch die Luft, Raketen werden aus harmlosen Gitarrenkoffern verschossen und selbst bei rückseitigen Sprüngen über Häuserdächer verharrt der Mariachi in seiner coolen Pose. Zumindest ein Schmunzeln kann man sich häufig nicht verkneifen.
Ausgangspunkt für diese schwarzhumorigen Szenen ist zumeist Antonio Banderas. Mit feurigen Augen belebt er den Gitarre spielenden Pistolero neu. Lässig spielt er mit seinem Latin-Lover-Image und kann so seiner oberflächlich charakterisierten Figur ein treffsicheres, lässig-cooles Auftreten verschaffen. Am leidenschaftlichsten ist Banderas jedoch nicht in den Actionmomenten, sondern in den Szenen mit der rassigen Salma Hayek. Spätestens in einer gemeinsamen Sexszene lodert das Feuer auf höchster Flamme. Dabei ist besonders die Latina ansonsten mit einer schwach ausgearbeiteten Figur gestraft. Carolina ist nur das hübsch anzusehende Beiwerk, das nie die Möglichkeit erhält, zu brillieren.
Überhaupt erweist sich das Drehbuch als großer Schwachpunkt des Films. Die Figuren erreichen nie eine solche Tiefe, dass man mit den Helden mitfiebern oder vor den Bösewichten in Angst erstarren würde. Dafür ist auch die Entwicklung der Handlung zu glattgeleckt, banal und offensichtlich. Einziger Zweck ist es, die großartigen Actionmomente miteinander zu verknüpfen. Dies ist auf der Unterhaltungsebene sicherlich ein ehrbares Ziel, Rodriguez verrennt sich in der Zwischenzeit aber oft zu sehr in Nichtigkeiten. Insbesondere die Intensität der Liebesbeziehung zwischen Banderas und Hayek beläuft sich über weite Strecken nur auf dem Niveau eines Kitschromans.
„When the smoke clears, it just means he's reloading.“
„Desperado“ ist blutiges Männerkino. Und auf dieser Ebene funktioniert der Film richtig gut. Im wüstesten Kugelhagel scheinen die Figuren wie in einem John Woo Film zu tanzen. Im Gegenzug zu den vermeintlichen Vorbildern muss sich Robert Rodriguez allerdings eine schwache Handlung ankreiden lassen. Die Oberflächlichkeiten werden zu lange ausgedehnt und driften so bisweilen in Langeweilephasen ab. Sicherlich wird durch diese Mängel der Spaß an den grandios inszenierten Shootouts nicht gemindert – die Qualität des Werkes wird dennoch etwas nach unten gezogen. Diese Schwächen kann letztlich auch Quentin Tarantino, der einen kurzen Auftritt als Barbesucher hat, nicht ausgleichen. Zwar erzählt er dank des pisswarmen Bieres in der Kneipe einen grandiosen Schmuddelwitz, vielleicht hätte er aber während der Dreharbeiten seinem Freund auch gleich etwas Nachhilfe im Verfassen von Drehbüchern geben sollen.