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    Macbeth
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Macbeth
    Von Björn Helbig

    Die Liste der MacBeth-Adaptionen ist lang und länger noch die Anzahl der Filme, die in irgendeiner Form von dem klassischen Stoff beeinflusst sind. Zu den wichtigsten gehört wohl „Macbeth – Der Königsmörder“ unter der Regie von Orson Welles (Citizen Kane) aus dem Jahre 1948, „Macbeth“ (1971) von Roman Polanski (Chinatown) und „Das Schloss im Spinnwebwald“ von 1957, in dem Akira Kurosawa (Die sieben Samurai) die Geschichte um den aufstrebenden schottischen Adelsmann im historischen Japan ansiedelt. Geoffrey Wrights Version wird mit Sicherheit nicht zu den Klassikern der Adaptionen gehören, wenngleich sein Zugang zu dem Stoff – er verlegt die Geschichte in ein leicht surreal anmutendes Gangstermilieu der Gegenwart – nicht unoriginell ist.

    Nach einem erfolgreichen Schlag gegen eine konkurrierende Bande wird dem ehrgeizigen Drogendealer MacBeth (Sam Worthington) von drei Hexen (Chloe Armstrong, Kate Bell und Miranda Nation) prophezeit, dass er eines Tages sehr mächtig sein wird. Angestachelt von seiner Frau (Victoria Hill) beschließt er, seinem Glück auf die Sprünge zu helfen. Als sein Boss Duncan (Gary Sweet) mit seinen Leuten auf MacBeths Anwesen übernachtet, ergreift MacBeth die Gelegenheit, schleicht sich nachts in Duncans Zimmer und ersticht ihn im Schlaf. Auch die Sündenböcke sind schnell gefunden: Ehe Duncans Diener, bei denen die blutigen Dolche gefunden werden, die Chance haben sich zu verteidigen, werden sie von MacBeth erschossen. MacBeth steigt daraufhin zum neuen Chef der Gangsterbande auf. Sofort versucht er, seine vermeintlich gefährdete Führungsposition zu sichern, in dem er seine Kontrahenten aus dem Weg räumt. Immer mehr gerät der junge MacBeth in einen Strudel der Gewalt und Vergeltung. Seine einstigen Gefolgsleute verbünden sich gegen ihn und planen seinen Tod. Doch MacBeth fühlt sich sicher, haben die Hexen ihm doch weißgesagt, dass er solange an der Spitze bleiben wird, „bis der Wald von Birnam“ gehen ihn ziehe und er durch keinen Menschen, der von einer Frau geboren wurde, den Tod finden könne…

    Das erste Gefühl, das viele Zuschauer bei Ansicht von Geoffrey Wrights „MacBeth“ beschleichen dürfte, ist wahrscheinlich Verunsicherung. Wieso reden denn diese Gangster so komisch? Im Jahre 1606 schrieb William Shakespeare die Tragödie „Macbeth“ und legte mit seinem Werk den Grundstein für unzählige „Rise and Fall“-Geschichten, die seither Literatur, Theater und Film bevölkern. Nahezu jeder moderne Gangsterfilm – von Francis Ford Coppolas Der Pate-Trilogie über Brian de Palmas Scarface bis hin zu Ridley Scotts American Gangster, um nur wenige zu nennen – lässt sich auf Shakespeares Themen zurückführen. Während die großen Filme des Genres dem Stoff jedes Mal eigene Facetten abgewinnen und unterschiedliche Schwerpunkte legen, hält sich Geoffrey Wrights Version sehr eng an die Vorlage. Wright („Romper Stomper“) scheint es zu genügen, dem Zuschauer zu zeigen, dass „MacBeth“ auch im modernen Gewand funktioniert. An die Stelle der schottischen Feldherren sind schick gekleidete Gangster der Jetztzeit getreten, die sich aber von Otto Normalmafioso eben dadurch unterscheiden, dass sich ihre Sprache an jener der Shakespeare-Helden orientiert. Bis auf die zeitliche Verschiebung wagt Wright allerdings keine Experimente. Fast eins zu eins fährt sein Film auf den Schienen der Originalhandlung. Leider passen sich nicht alle Elemente in die Geschichte ein. Die Prophezeiung der Hexen als Aufhänger der Geschichte, macht im Originaltext durchaus Sinn, denn „Macbeth“ spielt in einer Zeit als der Hexenglaube sehr verbreitet war. Für Wrights Adaption gilt das nicht.

    Sorgte die antiquierte Sprache anfangs für Konfusion, erweisen sich die äußerst geschliffenen Dialoge im Folgenden als Stärke des Films. Während die wohl den meisten bekannte Geschichte keine Überraschungen bereithält, und der Film so immer dicht an der Langeweilegrenze entlangschrammt, schafft es der Text zu fesseln. Ein kleines Wunder, dass Shakespeares Worte auch im Gewand eines Gangster-Dramas so gut funktionieren und die Motivationen der Personen glaubhaft in die Sprache überführen. Neben der eloquenten sprachlichen Dimension des Films, gibt sich Wright alle Mühe, ihn auch visuell ansprechend zu gestalten. Die gelegentlich von expressiven Farben durchbrochene Finsternis und der barocke Look verleihen dem Film etwas Künstliches, Irreales aber auch Zeitloses. Je weniger man „MacBeth“ in der Gegenwart verortet, desto weniger spürt man auch die Dissonanz zwischen alt und neu, und umso besser funktioniert der Film als Ganzes. Wright entscheidet sich im Verlauf für eine ruhige Inszenierung, die sich mehr auf die Schauspieler als auf Actionsequenzen konzentriert. Wenn es dann aber mal zur Sache geht, ist der Regisseur nicht zimperlich. Die eher unbekannten Darsteller machen ihre Sache gut. Mit Sam Worthington, demnächst zu sehen in „Rogue“, dem neuen Film von Wolf Creek-Schöpfer Greg Mcleans, als MacBeth hat man eine gute Wahl getroffen. In seinen besten Momenten erinnert der junge Australier ein wenig an Ewan McGregor. Mit Victoria Hill (December Boys) als Lady MacBeth steht ihm eine starke Partnerin zur Seite, die den Sinneswandel ihrer Figur allerdings nicht ganz so überzeugend hinbekommt. Aber diese Schwierigkeit ist möglicherweise auch schon der Vorlage geschuldet, in der Lady MacBeth in der zweiten Hälfte nur wenige Szenen hat.

    Fazit: Geoffrey Wrights Experiment, „MacBeth“ in die Gegenwart zu legen, ist nicht auf der ganzen Linie gelungen. Die Geschichte im Jetzt anzusiedeln stört bis auf einige Anachronismen zwar nicht wirklich, bringt aber auch keinen Gewinn mit sich. Die interessante Inszenierung und gute Darstellerleistungen hieven den Film allerdings ins Mittelmaß. Einen Platz in der Klassikerliste der MacBeth-Verfilmungen wird Wrights Werk nicht ergattern.

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