Die Mexikaner sind eine fußballverrückte Nation. Nicht nur, dass sie die Entstehung der La-Ola für sich beanspruchen, auch wird alle vier Jahre die Welt erneut Zeuge, wie die grün-weiß-rot gekleidete Anhängerschar bei der Fußball-WM für ausgelassene Partystimmung auf den Rängen sorgt. Sportlich besteht dabei weit weniger Grund zum Jubeln – schließlich warten die Mexikaner seit 1986 darauf, mal wieder ein WM-Viertelfinale zu erreichen. Viele der Nationalspieler stammen aus den Problemvierteln mexikanischer Großstädte, in denen harte Bolzplätze talentierten Nachwuchskickern eine der wenigen Freuden in einer Welt voller Drogen, Gewalt und Armut bieten. In seiner Fußball-Komödie „Kick It“ erzählt der Mexikaner Carlos Cuarón eine ähnliche Geschichte: Er skizziert den Weg zweier talentierter Brüder, die es vom staubigen Sandplatz bis in die Stadien der mexikanische Primera División schaffen. Das Ergebnis erinnert ein wenig an die WM-Auftritte seiner Landsleute: Oft gut gespielt und durchaus schön anzuschauen – doch der große Wurf will einfach nicht gelingen.
Beto (Diego Luna, Terminal, Milk) und Tato (Gael García Bernal, Amores Perros, Babel) sind zwei ungleiche Brüder, die nur eine Leidenschaft teilen: Fußball. Ihre Brötchen verdienen sich die beiden als Arbeiter auf einer Bananenplantage, nach Feierabend jedoch kicken sie auf dem Dorfsportplatz als Torwart und Mittelstürmer der örtlichen Hobbytruppe. Eines Tages bietet der windige Talentscout Batuta (Guillermo Francella) erst Tato, später auch Beto die einmalige Chance, in Mexico-City an einem Probetraining teilzunehmen. Nach einigen Anlaufschwierigkeiten mausern sich die beiden zu Stammspielern in rivalisierenden Profi-Clubs der 1. Liga. Was als Erfüllung eines langgehegten Traums beginnt, endet bald im Schlamassel, denn leider gehören neben prall gefüllten Bankkonten und vollbusigen Spielerfrauen auch gewaltbereite Ultras, zwielichtige Berater und unmoralische Angebote zum Leben eines Fußballers…
An der Produktion von „Kick It“ sind gleich drei hochkarätige Filmemacher mit mexikanischen Wurzeln beteiligt: Alejandro González Iñárritu („Amores Perros“, 21 Gramm, „Babel“), Guillermo del Toro (Pans Labyrinth, The Hobbit) und Alfonso Cuarón (Harry Potter und der Gefangene von Askaban, Children Of Men), Bruder des Regisseurs und Drehbuchautors Carlos Cuarón. Vielversprechende Namen also, die die Erwartungen an die prominent besetzte Sport-Komödie enorm in die Höhe schrauben. Wer allerdings einen Film im Stile von Kick It Like Beckham oder Fußball ist unser Leben erwartet, dürfte schnell enttäuscht werden. „Kick It“ verliert sich häufig in melancholisch-tragischen Momenten und liefert sogar sozialkritische Ansätze – obwohl der deutsche Untertitel „Zwei wie Feuer und Wasser“ eher auf leicht verdauliche Bud-Spencer-und-Terence-Hill-Kost hindeutet.
Erzählt wird die klassische „Vom Tellerwäscher zum Millionär“-Geschichte, wenngleich Beto und Tato zunächst das Bananenpflücken dem Spülgeschäft vorziehen. Carlos Cuarón, der auch das Drehbuch zum Golden-Globe-Gewinner Y Tu Mamá También schrieb, verzichtet dabei leider weitestgehend auf Variationen der bekannten Handlungsprinzipien. Früh entpuppt sich der Plot, der die Begleiterscheinungen des kometenhaften Aufstiegs talentierter Jungprofis beleuchtet, als allzu geradlinig. Je heller Tatos Stern am Fußballhimmel strahlt, desto eifersüchtiger reagiert sein Bruder Beto, der anfangs ungeduldig von der Bananenplantage aus mit ansehen muss, wie Tato im bezahlten Fußball durchstartet. Ausgerechnet Tato, der trotz seines mangelhaften Gesangstalents viel lieber eine Musikerkarriere einschlagen würde! Natürlich lässt auch Betos Premiere auf der Fußballbühne nicht lange auf sich warten, während Tato schnell die Schattenseiten des Rampenlichts kennenlernt. Die spätere Begegnung der beiden Rivalen auf dem grünen Rasen ist logische Konsequenz des weitestgehend vorhersehbaren Geschehens.
Statt mit überraschenden Wendungen punktet „Kick It“ aber mit sympathischen Charakteren und einer hervorragenden Besetzung. Der köstlich opportunistische Talentscout und Spielerberater Betatu unterstützt seine ebenso talentierten wie leichtgläubigen Schützlinge nur, um eine möglichst hohe Provision zu kassieren. Er wird in fast jeder Sequenz von einer anderen exotischen Schönheit begleitet, die wahlweise ihr üppiges Dekolleté präsentiert, dem Playboy schweigend Bierdosen anreicht oder dekorativ auf dem Beifahrersitz seines roten Cabrios Platz nimmt. Die Selbstverständlichkeit, mit der das Schlitzohr sich mit den hübschen Damen schmückt, ist ebenso spaßig wie Tatos verzweifelte Versuche, als Solo-Künstler in der Musikbranche Fuß zu fassen. Der schräge Paradiesvogel soll vorwiegend für Lacher sorgen, während sein Bruder Beto häufig ernstere Töne anschlägt. Eine Mischung, die nicht immer stimmt, was nicht zuletzt daran liegt, dass das hohe Erzähltempo dem Zuschauer oft zu wenig Zeit lässt, über die weitreichenden Folgen von Leistungsdruck und schnelllebigem Erfolg nachzudenken.
Fazit: Man muss kein großer Fußballfan sein, um Freude an „Kick It“ zu finden, wenngleich der Film allemal zur Verkürzung der Wartezeit auf die WM in Südafrika taugt.