Düstere Legenden, tödliche Visionen, degenerierte Naturburschen und magische Pilze – das sind die Zutaten dieses giftigen Horrortrips aus Irland. Das klingt nach guten Voraussetzungen für einen unterhaltsamen Videoabend. Oder vielleicht doch nicht? Trotz origineller Ansätze erweist sich Paddy Breathnachs Horror-Thriller „Shrooms“ bei genauerer Verkostung als gar nicht mehr so schmackhaft.
Fünf US-amerikanische Jugendliche treffen sich in Irland, um sich dort gemeinsam unter der Aufsicht des erfahrenden Pilzgurus Jack auf einen Trip zu begeben. Der bunt zusammen gewürfelte Haufen geht mit unterschiedlichen Erwartungen an das Treffen heran. Während Tara (Lindsey Haun) vor allem einen Blick auf den Gastgeber Jake (Jack Huston) geworfen hat, bestimmt zwischen Lisa (Maya Hazen) und Holly (Alice Greczyn) Zickenterror den Ton. Die Jungs Troy (Max Kasch) und Bluto (Robert Hoffman) sind wie Jungs so sind: reißen markige Sprüche, wollen flirten und high sein. Doch das beschauliche Pilzgelage gerät außer Kontrolle, als Tara aus Versehen einen höchst giftigen Pilz erwischt und nur knapp mit dem Leben davon kommt. Noch mal Glück gehabt! Oder? Denn irgendwie setzt der schlechte Trip eine Reihe von Ereignissen in Gang und die gute Stimmung schwindet mehr und mehr. Zudem sieht Tara den Tod ihrer Begleiter voraus…
Endlich, da ist er, der längst überfällige Pilzthriller! Nachdem etliche Jugendliche und junge Erwachsene bereits (meist verstörende) Bekanntschaft mit den auf vielen Wiesen und Wäldern weit verbreiteten Zauberpilzen gemacht haben, wird das Thema auch filmisch verarbeitet. Und welches Genre bietet sich dafür besser an als der Horrorfilm? Denn so schön die Erfahrungen mit den bewusstseinserweiternden Substanzen, die sich in den Pilzen befinden, auch sein können, viele erleben nach dem Genuss eine unangenehme Überraschung. Ein drogeninduzierter Horrortrip kann eine sehr schlimme Erfahrung sein. Da braucht man gar keinen echten Killer mehr, der einem ans Leder will. „Shrooms“ ist leider – trotz reichlich Zauberpilz – sogar mit Killer von einem Horrortrip weit entfernt.
Zwei Dinge springen dem Konsumenten von „Shrooms“ zuerst ins Auge: Noch ohne etwas über die Qualität der Darstellerleistungen zu sagen – die Figuren sind entweder langweilig oder nervig. Wer hofft, dass sich daran im Verlauf des Films etwas ändert, wird enttäuscht. Hier täuscht der erste Eindruck mal nicht. Zweitens fällt allerdings auf – und das tröstet erstmal ein wenig über das dumme Gerede der Figuren hinweg – dass „Shrooms“ zumindest optisch einen guten Eindruck macht. Die Farben sind stark herausgenommen, was dem Ganzen eine recht trostlose Ansicht gibt. Aber erst als die Gruppe bei ihrem Rastplatz im Wald ankommt, beginnt das visuelle Konzept von Paddy Breathnach und dem nicht unbegabten Kameramann Nanu Segal richtig zur Geltung zu kommen. Verloren wirken die grauen Gestalten in der farblosen Umgebung und verloren sind sie ja alle auch, wie man später sehen soll. In diesem monochromen Setting beginnt sich sogar der Zuschauer beinahe nach einem Trip zu sehnen, der Farbe und Leben in die Welt bringt. Dramaturgisch macht es durchaus Sinn, dass Breathnach dem Zuschauer keinen bunten Rausch beschert, sondern sich weiter auf gefühlskalten Pfaden bewegt. Dass der Regisseur so mit den Erwartungen bricht, ist nicht der schlechteste Schachzug des Films.
Nach den ersten Eindrücken – Klischeefiguren, Optik aber immerhin interessant – die sich zumindest eine Weile gegenseitig ausgleichen, nimmt aber nach und nach die Frustration über den Film zu. Dass „Shrooms“ nur selten auf billige Schockmomente setzt, ist ja durchaus lobenswert. Lieder gelingt es nie so richtig, den Horror, den die Protagonisten erleben, greifbar und für den Zuschauer nachempfindbar zu machen. Die Gänsehaut bleibt so leider aus und das ist nicht gut bei einem Horrorfilm. Dass das Genre oftmals von den immer gleichen 08/15-Figuren bevölkert wird, ist bekannt, aber in vielen Fällen verzeihlich, wird diese Tatsache durch andere Vorzüge abgefedert. Doch gerade bei „Shrooms“ wären die Figuren und die Beziehung zwischen ihnen sowie eine glaubhafte Psychologie gerade im Hinblick auf den Plot von zentraler Bedeutung. Im Bereich Horrors ist Breathnachs Film kaum konkurrenzfähig. Aber anstatt seine Stärken auszuspielen, zieht sich das Ganze und selbst als man schon mittendrin ist, hat man das Gefühl, man hätte sich irgendwie in der Exposition verfangen. Breathnach war sich seiner Pfunde offenbar nicht besonders sicher und setzt deswegen auf genretypische Horrorfilm-Elemente, mit deren Hilfe er eine Reihe falscher Fährten legt. Der Zuschauer weiß nicht so recht, worauf er achten soll. Geht es hier um einen schlechten Trip, geht es um die Gruselgeschichte, die Jack am Feuer erzählt hat oder etwa doch um die verrohten Hinterwäldler? Bis zum Schlusstwist hält sich „Shroom“ alles offen.
Die Endwendung macht dann zwar Sinn, ist leider aber so schlecht vorbereitet, dass es wenig Freude macht. Denn zum Schluss merkt man, dass die Kapriolen des Films lediglich dazu dienten, das dann eigentlich doch gar nicht so überraschende Ende zu verschleiern. Wenn man „Shrooms“ von dem ganzen unnötigen Storyballast befreien würde, bliebe nicht viel übrig. Hätte Breathnach seine eigentliche Idee besser herausgearbeitet, hätte aus „Shrooms“ vielleicht ein richtig schöner Psychogruselfilm werden können. So ist er weder etwas Halbes noch etwas Ganzes und auf gar keinen Fall ein Horrortrip.
Fazit: „Shrooms“, das ist eine gute Idee, die sich fast nicht mehr auffindbar hinter Genre-Standards versteckt. Lediglich das ansprechende optische Konzept hält diesen Pilz knapp über Wasser.