Shazams Illusion von Qualität und Spaß!
Während Marvel 2019 „Captain Marvel“ heraus brachte, lief unter DC´s Flagge „Shazam!“. Warum vergleiche ich die beiden? Weil der Superheld Shazam früher witzigerweise selbst Captain Marvel hieß, aber DC verlor die Rechte an seinen großen Rivalen, weswegen jetzt Brie Larsons Figur Captain Marvel heißen darf…
Als ich „Shazam!“ vor ein paar Jahren das erste Mal sah, war ich positiv überrascht und war der Meinung, dass „Shazam!“ seinen Kontrahenten „Captain Marvel“ in vielen Bereichen geschlagen hat. Jetzt aber, hat sich diese Ansicht doch sehr geändert. Das Superhelden-Genre ist in meinen Augen im Jahre 2024 so überbordend beansprucht, dass wir jedes Jahr gefühlt drei neue Filme in diesem Bereich haben. 2019 war sicherlich die Spitze erreicht mit „Avengers – Endgame“, Marvel hatte ein filmisches Experiment erfolgreich zu Ende gebracht, während DC so gut wie am Ende war. Während Marvel mittlerweile in eine sehr ähnliche Richtung geht wie DC, ist DC selbst praktisch stagniert. Es kommen immer wieder Filme heraus, aber niemand schert sich wirklich darum. Selbst von „Shazam!“ gibt es eine Fortsetzung (2023), die beim Publikum nicht gut ankam. Doch in meinen Augen ist schon Teil 1 nicht wirklich gut. Regisseur für den Film war David F. Sandberg, der Horror-Fast Food wie „Annabelle 2“ und „Lights Out“ gemacht hat, doch man merkt sehr stark, dass vor allem das Studio Warner Bros. viel Einfluss auf das Ganze hatte (ähnlich auch wie bei Marvel).
Billy Batson ist 14 und lebt vor allem auf der Straße. Er hat seine Mutter als kleines Kind verloren und wird von einem Waisenhaus ins nächste gekarrt. Als er dann zu der Vasquez-Familie kommt, ändert sich plötzlich alles, denn ein mysteriöser Zauberer verleiht im magische Superkräfte…
Ja, die Story ist simpel und kann in manchen Bereichen auch charmant wirken, besonders die verschiedenen Kids in der zusammengewürfelten Adoptionsfamilie sind süß. Sandberg und Co orientierten sich dabei stark an Sam Raimis „Spider-Man“-Trilogie in den 2000ern. Das Feeling des Films, der kitschige Grundton, das alles erinnert an bessere Superhelden-Zeiten. Denn in der heutigen Zeit wirkt das Ganze sehr plump und uninspiriert. Besonders die beiden Flashback-Szenen sind doch sehr aus der Klischee-Kiste gegriffen. Und „Shazam!“ macht mit diesen Klischees nichts Spannendes. Filme wie „Guardians of the Galaxy“ konnten mit ihrem Kitsch und den vorhersehbaren Elementen dennoch gute Storys schaffen, „Shazam!“ hingegen wirkt etwas angestaubt. Das liegt aber auch vielleicht an dem Drehbuch und den teils ätzenden Dialogen. Warum sprechen alle diese gekünstelte, inflationäre Filmsprache? Es ist ein Problem, das so viele Filme haben, aber hier fiel es mir wieder stark auf. Ein ausgelutschter Satz jagt den nächsten, nur wenn die witzigen (oftmals improvisierten) Szenen kommen, dann kommt ein etwas natürlicher Ton der Figuren. Aber der kollidiert oftmals so stark mit der konservativen Sprache der restlichen Momente, dass das Endergebnis unfokussiert und unglaubwürdig daher kommt.
Ein weiteres Problem habe ich mit der schauspielerischen Leistung. Jack Dylan Glazer als Freddy ist der heimliche Star hier, er ist charmant und spielt sehr stark die sympathischste Figur im Film. Zachary Levi ist an und für sich auch gut, aber hier stört mich, dass er in keiner Weise seinem jüngeren Ich entspricht. Ashar Angel (der jüngere Billy) spielt seine Rolle sehr zurückhaltend und bodenständig, Levi hingegen schreit viel, geht mit seiner Mimik in den 10 von 10-Bereich und ist auch in seinem Körper ganz anders. Es wirkt so als ob Levi einfach einen klassischen 0815-Teenager spielen wollte, ohne dabei auf seinen Kollegen zu achten. Ironischerweise ist das bei den anderen Shazams später im Film nicht der Fall. Die spielen ihre jüngeren Egos sehr passend und man hat das Gefühl, dass das Kind von eben jetzt ein großer Superheld geworden ist. Levi als Shazam jedoch spielt halt irgendeinen hormongesteuerten Jungen und wirkt oftmals eher wie eine Erwachsenen-Version von Freddy als von Billy.
Der restliche Cast ist sehr lasch. Mark Strong ist ein langweiliger Bösewicht und die restlichen Kinderdarsteller sind allesamt nicht so pralle…
Ich möchte bei einem Superhelden-Film normalerweise nicht mit Logikfehlern kommen, aber es gibt doch so einige extrem unrealistische Momente, die ich nicht nachvollziehen konnte. Wieso zum Beispiel bleibt Freddy mehrmals in der Nähe von hochgefährlichen Menschen stehen? Klar, Shazam ist meistens dabei, aber wenn zwei Gangster plötzlich anfangen wild rum zuschießen, steht der kleine Freddy mit seiner Krücke und dem Handy dicht daneben und filmt das Ganze mit einem Lachen…
Auch technisch ist „Shazam!“ sehr unterwältigend. Die Kamera ist unspektakulär, die Musik von Benjamin Wallfisch typisches Superhelden-Gedudel (heroische Klänge in den heroischen Szenen und düstere Töne in den düsteren Momenten) und vor allem die Action ist lahm. Die VFX-Effekte schwanken zwischen solide und lachhaft, was bei DC leider Standard ist. Und auch die einfallslose Action ist Standard bei DC. Viel hohles Gekloppe ohne Sinn und Verstand. Da mag ich den guten Spider-Man so viel lieber, besonders in den Raimi-Filmen: Da gab es in fast jeder Action-Szene immer eine clevere Idee von Spidey, wie er sich gegen die Bösewichte wehren konnte.
Fazit: Nachdem Ben Affleck und Henry Cavill als Batman und Superman das Handtuch geworfen haben, ist beim DCEU (DC Extended Universe) nicht mehr viel zu machen in meinen Augen. Die restlichen Filme sind im besten Fall kurzweilige Unterhaltung mit etwas Herz hier und da, wie etwa „Wonder Woman“. Doch am Ende des Tages kann das alles nicht darüber hinwegtäuschen, dass DC´s Superhelden-Filmchen eine Soße sind. Da fällt auch „Shazam!“ in meinen Augen nicht groß heraus. Vorhersehbare und langweilige Story-Elemente, schlechte Action und noch schlechtere Dialoge. Nur ein paar sympathische Darsteller können das Ganze vor dem Unfall retten. Der Film beschert den jüngeren Zuschauern sicherlich ein paar schöne Momente, aber mir fehlt in Werken wie „Shazam!“ die Substanz, die Würze, kurzum das besondere Etwas. Genau das, was der verrückte Zauberer im Film selbst sucht...