Es ist erstaunlich wie viele Interpretationen es für "Joshua" z.B. bei der IMDB zu finden gibt. Dabei ist der Plot eigentlich recht konventionell und unterscheidet sich wenig vom üblichen Satansbraten-Getue hinsichtlich des "Wie". Doch im Gegensatz zu anderen Vertretern der Zunft, gibt es bei "Joshua" keine übernatürlichen Elemente. Oder doch? Jedenfalls ist die titelgebende Figur, sehr überzeugend gespielt, ein unendlich durchtriebener kleiner Kerl. Man kann sich im Laufe der Spielzeit denken wie das ausgeht. Das wird aber seht gut in Szene gesetzt, wofür u.a. die Klavierstücke, aber auch das Babygeschrei oder die Handwerksarbeiten (also Elemente der Soundkulisse) sehr gut eingesetzt werden. Und die Schauspieler machen allesamt eine sehr gute Figur, sodass es auch hier nicht mangelt. Ja, im Prinzip ist das einzige Problem bei "Joshua", dass man all das schon kennt und es manchmal vielleicht etwas an der Spannungsschraube fehlt.
Interessant ist nun aber eben, dass man den Film sehr offen bewerten kann. Die Zuschauer sehen lediglich die Auswirkungen des Treibens. Nur manchmal ist Joshua bei der Tat zu sehen. Aber es passiert noch mehr, oder? Warum wird manches nicht gezeigt, anderes aber schon? Einige Interpreten nehmen das zum Anlass um darauf zu verweisen, dass hinter dem Offensichtlichen mehr liegt. So wird z.B. auf Mutter und Onkel angespielt, die ein schwieriges Leben hatten. Oder die Faszination mit Ägypten sorgt für die Frage, ob hier nicht doch ein Dämon am Werk ist. Die Oma erwähnt schließlich die Wohnung, die nicht sehr geeignet zu sein scheint. Und so weiter...! Ja, diese Spuren gibt es. Aber sie erscheinen mir etwas zu wenig. Die Indizien können sich bei einer eher nüchternen, ruhigen Erzählung nicht so entfalten. Hier hat "Joshua" meiner Meinung nach seine Stärken verschenkt: Der Stil geht so zwar in Ordnung, doch wäre er offensiver für mehrere Lesarten gewesen, dann würde dieser Film heute ein Kleinod werden. "We need to talk about Kevin" bekam einst viel mehr Aufmerksamkeit, ist aber meiner Meinung nach schwächer.
Fazit: Ein guter und famos gespielter, schön inszenierter Mix aus Horror und Drama. Schade nur, dass man das alles in dieser Form schon einmal irgendwo gesehen hat!