Mein Konto
    Im Bett - En la cama
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    1,5
    enttäuschend
    Im Bett - En la cama
    Von Jonas Reinartz

    „Like Michael Winterbottom's 9 Songs, ‘En la Cama’ is a great porn but a piss-poor drama.”

    (Ed Gonzalez, Slant Magazine)

    Chile ist keineswegs ein Land mit großer Filmproduktion – jährlich entstehen höchstens 15 Filme. Umso schöner ist es da, dass es wieder einmal eine chilenische Produktion nach Deutschland geschafft hat, was nicht zuletzt der Tatsache zu verdanken ist, dass sie auch mit deutschen Geldern gefördert wurde. „En la Cama“ (dt.: im Bett) ist der zweite Langfilm von Regisseur Matías Bize (Sábado - Das Hochzeitstape). Allerdings enttäuscht das Low-Budget-Drama auf der ganzen Linie. Banale Dialoge, denen auch solide Darsteller kaum

    Leben einzuhauchen vermögen, eine uninspirierte, technisch streckenweise desaströse Inszenierung und viel Leerlauf bereiten wenig Freude.

    Santiago de Chile in der Gegenwart: Daniela (Blanca Lewin) und Bruno (Gonzola Valenzuela) sind sich auf einer Geburtstagsparty begegnet und haben spontan beschlossen, die Nacht miteinander zu verbringen. In einer billigen Absteige, dem berüchtigten Hotel Valdivia, schlafen die beiden erst einmal miteinander, ohne auch nur das Geringste über den jeweils anderen zu wissen, was selbst ihre Vornamen mit einschließt. Nach und nach kommt allerdings doch so etwas wie eine Konversation zwischen den Fremden in Gang, sporadisch vom Liebesspiel unterbrochen. So erfährt Daniela von Bruno, dass dieser sich vor kurzem von seiner Freundin getrennt hat, da er in Belgien promovieren wird. Auch im Leben der abgeklärt wirkenden jungen Frau ist nicht alles perfekt. Allmählich entsteht auch emotional eine gewisse Nähe, doch die Zeit tickt und über allem schwebt die Frage: „Wird man sich wieder sehen?“

    Sex in Spielfilmen ist stets ein wenig heikel. Heutzutage eher nicht mehr aufgrund etwaiger Explizität, dahingehend haben sich die Zeiten grundlegend geändert. Dass etwa ein erigierter Penis in einem Meg-Ryan-Film (In The Cut) in einem öffentlich-rechentlichen Sender vor Mitternacht gezeigt wird, scheint lediglich die selbsternannten Moralapostel noch zu stören. Entscheidender ist da überhaupt Funktion und Sinn derartiger Szenen. Allzu schnell wird es nämlich einfach redundant und - gelinde gesagt - lächerlich. Da rinnt der Schweiß, die abenteuerlichsten Stellungen tun sich dem Betrachter auf, es wird gestöhnt, was die Stimmbänder hergeben, nur mit der Realität hat das meistens kaum etwas zu tun, genauso wenig wie diverse Cop-Filme mit dem tristen Polizeialltag. Ein Vorwurf also, der ein wenig ins Leere läuft, doch irgendwie fragt man sich, ob ein gewöhnlicher Film das überhaupt benötigt. Wer erregt werden möchte, wird wahrscheinlich eher in die nächstbeste Videothek gehen und dort fündig werden. Übertriebene Darstellung kann man Regisseur Bize nicht vorwerfen, er bevorzugt den Realismus, doch anstelle von drei Sexszenen hätte es eine sicherlich auch getan. Nach dem Akt, der den Film einleitet, wissen wir, dass Daniela und Bruno sich körperlich attraktiv finden und gerne miteinander schlafen. Alles andere erscheint da gewissermaßen als Füller. Dasselbe gilt im Übrigen für eine regelrecht bizarre und unmotivierte Playback-Nummer von Blanca Lewin.

    „En la Cama“ besitzt immerhin eine interessante Grundvoraussetzung: Zwei Menschen befinden sich über die gesamte Filmlänge in einem einzigen Raum. Neu ist das nicht, jedoch eine Herausforderung für alle Beteiligten, aus der selbst auferlegten Beschränkung kreative Funken sprühen zu lassen. Fatalerweise fangen die Probleme direkt beim Drehbuch an, auf dem ja in diesem Falle das Hauptgewicht ruht, mit grandiosen visuellen Reizen und aufregenden Locations kann ja eben nicht gerechnet werden. Was Bize im Sinn hatte, wird recht schnell klar. Er versucht, lebendige Figuren zu erschaffen, die etwas über das Menschsein an sich und die Schwierigkeiten des Lebens in natürlicher Sprache aussagen. Hätte dies geklappt, wäre man als Zuschauer zum Nachdenken angeregt worden und dem Film ein Nachleben in den Köpfen möglich.

    Stattdessen ist das komplette Gegenteil der Fall. Lapidar erzählt Bruno, wie sein kleiner Bruder als Kind verschwand und er jahrelang vergebens auf ihn wartete, damit hat sich die Sache. Daneben wissen wir, dass seine Freundin seit der Trennung von ihm von Gedanken geplagt wird, sie sei zu dick. Ähnlich verhält es sich mit Daniela. Es handelt sich schlicht und einfach um Charaktere, die wie am Reißbrett entworfen sind, ihnen könnte auch anderes widerfahren sein, es würde keinen Unterschied ausmachen. Da helfen auch die attraktiven und in ihrer Heimat beliebten Darsteller nur eingeschränkt. Visuell sieht es auch nicht besser aus. Grundsätzlich ist gegen den Einsatz digitaler Kameras nichts einzuwenden, sie sind mobil, günstig und erlauben es so, auch mit kleinem Budget passable Kinobilder zu schaffen. Hier jedoch sind schludrig komponierte Bilder zu sehen, ganz zu schweigen von desöfteren auftretenden Unschärfen, die einfach nicht passieren sollten. Der Einfall, die Splitscreen-Technik zu verwenden, obgleich die meiste Zeit einfach fast exakt der gleiche Bildausschnitt doppelt gezeigt wird, ist bestenfalls als kurios zu bezeichnen. Gewiss gibt es Abschlussfilme auf höherem inszenatorischen Niveau.

    So erfreulich es auch ist, einen chilenischen Kinofilm hierzulande erleben zu dürfen, „En la Cama“ macht es seinen Zuschauern nicht leicht. Trotz eines guten Schauspielduos offenbaren sich die eklatanten Schwächen des Drehbuchs in jeder der schier endlos erscheinenden 85 Minuten.

    Möchtest Du weitere Kritiken ansehen?
    Das könnte dich auch interessieren
    Back to Top