Eigentlich hat Hollywood in letzter Zeit ein ziemliches Monopol auf Heist-Filme. Egal ob „Ocean´s Eleven“, The Score, „Heist“ oder The Italian Job, die augehecktesten Raubzüge stammen alle aus der Traumfabrik Los Angeles. Aber immer wieder macht sich auch mal eine weniger bekannte Filmnation an die Umsetzung ihres eigenen Master-Plans. Meist können diese Stehversuche aber weder inszenatorisch noch in Sachen ausgeflippte Twists mit den US-Vorbildern mithalten und sind so nur für das heimische Publikum interessant, weil das amerikanische Genre mit nationalen Befindlichkeiten und gewissen Wiedererkennungswerten durchmischt wird. Juliusz Machulskis Thriller-Komödie „Vinci“ um einen Kunstdiebstahl in Krakau ist da leider keine Ausnahme, für das polnische Publikum mag der Film nicht uninteressant gewesen sein, aber für alle anderen Kinobesucher gibt es eigentlich keinen Grund, diesen kleinen Film den großen Produktionen vorzuziehen.
Getreu dem Sprichwort „Du bist solange gesund, bist Du beim Arzt warst.“ wird Meisterdieb Cuma (Robert Wieckiewicz) nach dreijähriger Haftstrafe wegen Einbruchs vom bestochenen Gefängnisarzt so krankgeschrieben, dass er sofort aus dem Knast entlassen wird. Eingefädelt hat die Entlassung Cumas Auftraggeber Fatso, der von Cuma das Leonardo-Da-Vinci-Gemälde „Dame mit dem Hermelin“ aus dem Krakauer Czartoryski Museum geraubt haben möchte. Zunächst nimmt Cuma Kontakt zu seinem alten Partner Julian (Borys Szyc) auf, der mittlerweile Jura studiert und nebenbei als Bulle arbeitet. Gemeinsam holen sie sich noch einen Sprengmeister und ein Fälschergespann, das aus Altmeister Hagen (Jan Machulski) und der jungen Studentin Magda (Kamila Baar) besteht, mit ins Boot. Aber die Zeit drängt, in gerade einmal zwei Monaten kommt das Bild von einer Gastausstellung in Japan nach Polen zurück, der perfekte Zeitpunkt, um den Coup zu landen…
Nach einer kurzen Einführung der Charaktere und ihren Beziehungen zueinander nimmt die Vorbereitung des Coups die meiste Zeit des Films ein. Da es in diesen recht monotonen Szenen nicht einen einzigen echten Story-Twist gibt und der Zuschauer ja auch noch nicht weiß, wie der Heist im Endeffekt eigentlich aussehen soll, stehen die Besorgung von Vinci-Fälschungen, die Beschaffung von Dynamit und das Abhören der ermittelnden Polizisten einzig und allein im Dienste des Showdowns und rechtfertigen für sich selbst noch kein wirkliches Interesse. Weil dann auch noch die romantischen und humorvollen Szenen am schwachen Drehbuch scheitern, stellt sich recht bald Langeweile ein. Der Heist selbst hat dann aber doch ein paar ganz nette Wendungen zu bieten, auch wenn er insgesamt im Vergleich zur aufwändigen Planung viel zu kurz und unspektakulär daherkommt. Nach dem Raubzug bricht dann ein wahres Twist-Gewitter über den Zuschauer herein, das aber so hektisch und absolut beliebig ist, dass es nur das herbeigesehnte Ende noch weiter verschleppt. Außerdem nervt das übertriebene Gutmenschentum der Diebesbande am Schluss dann aber doch - auch wenn man die moralischen Ganoven in vielen anderen Genre-Produktionen genauso findet. Nicht nur, dass sie darauf achten, nur die Bösen zu bestehlen, nein, sie geben ihre Beute auch noch für wohltätige Zwecke aus oder gehen freiwillig ins Gefängnis – so wird auch noch das letzte bisschen Thrill begraben.
Machulski hat sich bei der Besetzung seines Films bewusst für junge, noch unbekannte Schauspieler entschieden, damit sie nicht vom eigentlichen Plot ablenken. Aber ist es nicht eigentlich die Kunst eines guten Heist-Erzählers, dem Zuschauer die Lösung heimlich vor die Nase zu halten und ihn gleichzeitig so sehr abzulenken, dass er sie trotzdem nicht sieht – und das hat in „Ocean´s Eleven“ durch ein fantastisches Star-Aufgebot doch hervorragend geklappt. Aber zumindest kommt so ein wenig unverbrauchter Charme auf die Leinwand. Es macht wirklich Freude, Robert Wieckiewics in der Rolle des undurchschaubaren, aber immer gut gelaunten Meisterdiebs Cuma, der verletzlicher und damit interessanter als seine amerikanischen Pendants scheint, zu beobachten. Auch das Spiel von Kamila Baar als geheimnisvolle Kunstfälscherin Magda und von Borys Szyc als Gehilfe Julian, der Bilderklau und Jurastudium unter einen Hut bringen muss, haben durchaus ihre charmanten Momente, auch wenn ihre komischen Situationen für einen Thriller viel zu häufig ins Lächerliche abgleiten.
Inszenatorisch kann „Vinci“ mit klaren, kräftigen Bildern aufwarten, deren Komposition aber eher an Fernsehen als an Kino erinnert – Regisseur Machulski hatte zwar eine gute Kamera, wusste sie aber nicht gerade virtuos zu benutzen. Selbst der Showdown, der immerhin mit einer Straßensprengung und einem vom Erdboden verschwindenden Krankenwagen aufwartet, hat so nicht die geringste Chance, den Zuschauer zu beeindrucken. Das Motto Gut geklaut ist besser als schlecht selber gemacht. stimmt zwar noch immer, aber Machulski hatte weder das inszenatorische Etwas noch das kreative Drehbuch, um seine finanziellen Nachteile auszugleichen – so hätte er sich doch lieber etwas eigenes einfallen lassen sollen.