Mein Konto
    Harold & Kumar 2 - Flucht aus Guantanamo
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    Harold & Kumar 2 - Flucht aus Guantanamo
    Von Jens Hamp

    Manchmal reicht eine kleine Nebenrolle aus, um sich ins Gedächtnis zu spielen. Der in Südkorea geborene John Cho war einer der Partygäste, die in American Pie den schmeichelhaften Ausdruck „MILF“ („Mother I'd like to fuck“) salonfähig machten. Dagegen kalauerte sich der indischstämmige Kal Penn als weltfremder Inder durch „Party Animals“ – und war so der einzige Lichtblick in der ansonsten unterirdischen Klamotte. Aus dem Schatten der Hauptdarsteller traten die beiden jedoch erst mit der Kifferkomödie Harold And Kumar heraus. Vielleicht erkannte Hollywood das Potential der Darsteller, vielleicht hatten sie aber auch nur die perfekte Werbekampagne im Hinterkopf, in der sie mit großen Lettern auf die ehemaligen Nebenrollen verweisen würden. Unabhängig aller Hintergedanken landeten „Harold And Kumar“ einen achtbaren Erfolg an den Kinokassen. Für den unvermeidlichen zweiten Aufguss wurde das ertragreiche Konzept verständlicherweise kaum verändert. So verrührt das nunmehr auf den Regiesessel aufgestiegene Autoren-Duo Jon Hurwitz und Hayden Schlossberg auch in „Harold & Kumar 2 – Flucht aus Guantanamo“ ein Sammelsurium an flachen Witzen, politischen Spitzen und Respektlosigkeiten zu einer überraschend wohlschmeckenden Suppe.

    Wir erinnern uns: Die Kifferfreunde Harold und Kumar begaben sich auf eine nächtliche Reise, um ihren Heißhunger in der legendären Burgerkette White Castle zu stillen. Der abschließend gefasste Entschluss, Harolds Angebeteter nach Amsterdam nachzureisen, soll nun am nächsten Tag in die Tat umgesetzt werden. Ausgerechnet im Flieger packt Kumar (Kal Penn, The Namesake, „Dr. House“) aber seine selbst entwickelte Hightech-Bong aus, woraufhin die beiden als Terroristen verhaftet werden. Zurück auf amerikanischem Boden macht das Heimatschutzministerium unter der Leitung des debil-übereifrigen Ron Fox (Rob Corddry) kurzen Prozess und verschifft Harold (John Cho, Star Trek 11) und Kumar direkt nach Guantanamo. Doch auf Kuba haben die zwei Stoner mehr Glück als Verstand und entwischen dem Knastalltag. Fortan macht das Duo sich auf eine irrwitzige Odyssee durch Amerika, um ihren Namen reinzuwaschen…

    „What’s up with the guy with the weird eyes? He handicapped or something?“

    „We believe he’s of Korean decent.“

    „My God, North Korea and al-Qaida working together. This is bigger than I thought.“

    Dass sich die Flucht aus Guantanamo zu einer äußerst amüsanten Attacke auf die Lachmuskeln entwickelt, lassen die ersten Minuten beim besten Willen nicht vermuten. Weder für die Ohren noch für das Humorempfinden ist es eine Wohltat, wenn der unter der Dusche stehende Harold von heftigen Blähungen aus seiner schwelgerischen Träumerei gerissen wird. Sein Mitbewohner Kumar hat sich in der Zwischenzeit auf den Topf begeben und entleert lautstark seinen Darm. Eine derartig penetrant-pupsende Einleitung zerstört zunächst alle Hoffnungen auf eine gelungene Komödie.

    Doch bereits die nächste Szene lässt den Fäkalhumor schon wieder in Vergessenheit geraten. Kumar legt sich am Flughafen mit einem farbigen Angestellten des Sicherheitsdienstes an und macht dabei seinem Unmut über die diskriminierende Behandlung aufgrund seiner Hautfarbe lautstark Luft. Urplötzlich sitzen die Pointen und die Reise beginnt, richtig Spaß zu machen. Glücklicherweise wird im weiteren Verlauf der Handlung der satirische Einschlag beibehalten und die Witze auf ein intelligentes Spiel mit Rassenwahrnehmungen zugemünzt. Sei es eine alte Oma im Flugzeug nach Amsterdam, die Kumar schon vor dem Bong-Zwischenfall für einen gefährlichen Terroristen hält, die hinterwäldlerische Darstellung der Südstaatler oder die panische Flucht der Titelhelden vor einer Gruppe Farbiger, die eigentlich nur helfen wollen. Gekrönt wird das satirische Spiel mit dem „unterschwelligen“ Rassismus in der amerikanischen Gesellschaft jedoch erst durch Heimatschutz-Leiter Ron Fox, der herrlich grenzdebil von Rob Corddry (Semi-Pro, „The Daily Show“) verkörpert wird. Ständig lässt er rassistische Kommentare vom Stapel, will einen Farbigen mit einer Dose Traubensaft zum Reden bringen und wirft Juden Münzen vor die Füße. Für einen Bundesbeamten ist dieses Verhalten – sehr zur Freude der Lachmuskeln – wirklich jenseits von Gut und Böse.

    Abgesehen von diesen grandiosen Spitzen bewegt sich der Humor während der unfreiwilligen Amerikaodyssee genrebedingt auf überwiegend tiefer gelegtem Haudrauf-Niveau. Die papierdünne Geschichte wird hier immer wieder mit nackten Tatsachen aufgepeppt. Erstaunlicherweise sitzen aber auch die platten Pointen äußerst passgenau. Die auch für das Drehbuch verantwortlichen Regisseure wissen, wie man ein buntes Potpourri an respektlosen Witzen zubereitet. Großartig überziehen sie die üblichen Genreklischees und stoßen den amerikanischen Sittenwächtern gleich noch mal vor den Kopf, wenn ein vom Oben-ohne-Trend gelangweilter Freund der Titelhelden zur Abwechslung mal eine Unten-ohne-Party schmeißt.

    Dass die Fortsetzung zu „Harold And Kumar“ derartig gut funktioniert, ist unzweifelhaft den beiden Hauptdarstellern John Cho und Kal Penn zu verdanken. Oscars werden die zwei zwar in den nächsten Jahren mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht gewinnen – als bedröhnte Erben von Cheech und Chong sind sie aber extrem sympathisch und wissen, die Pointen amüsant zu servieren. Ergänzt wird dieses unschlagbare Duo von „Doogie Howser“ Neil Patrick Harris (Starship Troopers, serie,27). In einer viel zu kurzen Episode zeigt sich der Ex-Kinderstar erneut von einer herrlich selbstironischen Seite, wenn er die trampenden Freunde vor dem aufgebrachten Ku-Klux-Klan rettet. Völlig zugedröhnt erklärt er während der Autofahrt die wahre Bedeutung des „PH“, spricht mit eingebildeten Einhörnern und führt die Heimatschutzbehörde an der Nase herum. Wenn das Trio schlussendlich in einem Bordell landet, hatte der zum Jesus-artigen Übermenschen hochstilisierte „NPH“ wahrlich genügend Möglichkeiten, völlig losgelöst und bizarr sein Image zu demontieren.

    This time they’re running from the joint. - Werbezeile

    In den besten Momenten ist „Harold & Kumar 2 – Flucht von Guantanamo“ eine schrecklich komische Kifferodyssee, die keine Hemmungen kennt und herrlich respektlos mit politischen Klischees spielt. Manchmal aber schießen die Potheads über das Ziel hinaus und verrennen sich in blähende Infantilitäten. Das zieht den sinnfreien Spaß leider etwas runter – mit Neil Patrick Harris und George W. Bush in kleinen Nebenrollen haben die Stoner allerdings noch zwei grandiose Trümpfe im Ärmel, die für vieles entschädigen…

    Möchtest Du weitere Kritiken ansehen?
    Das könnte dich auch interessieren
    Back to Top