Einmal mehr gelingt es Regisseur Ron Howard mit Frost/Nixon‘, aus einem zeitgeschichtlichen Ereignis ein spannendes Stück Unterhaltungskino zu machen. Allerdings hat er diesmal all seinen vorherigen Werken einige entscheidene Punkte voraus, die aus dem Aufeinandertreffen des enthusiastischen, aber vom Scheitern bedrohten Moderators und des gescheiterten, aber um Reputation bemühten Präsidenten ein furioses Psychoduell werden lassen.
Howard ist ein Regisseur, der mit Optik, Ausstattung und erzählerischen Raffinessen eines Films umzugehen weiß, sein Schaffen dabei aber allzu oft auf diese eher oberflächliche Gestaltung reduziert. Seine besten und anerkanntesten Arbeiten lieferte er bei der Inszenierung vergangener Epochen in Verbindung mit realen Persönlichkeiten, die unter dramatischen Umständen agieren müssen. Deren Verlauf und Ausgang sind zwar bekannt und absehbar, aber dennoch filmtechnisch ausgereizt und packend dargestellt. Dies gelang Howard beispielhaft bei Apollo 13‘, dem Oscar-prämierten A Beautiful Mind‘ und auch bei Cinderella Man – Das Comeback‘, seiner zweiten Zusammenarbeit mit Russell Crowe. Bei allen handwerklichen Vorzügen ist Howard jedoch auch ein Regisseur, der die emotionale Ebene seiner Filme und Charaktere meist nur auf eine Art zu zeigen weiß: plakativ, oft zu allgemeingültig und ganz und gar nicht subtil. Umso erstaunlicher und im Ergebnis beeindruckender, wie differenziert ihm die Darstellung der Psychologie seiner Figuren bei Frost/Nixon‘ gelingt.
Verlassen kann sich Howard dabei (neben der wiederum ausgezeichneten visuellen Gestaltung) vor allem auf zwei gewichtige Komponenten:
- auf das Drehbuch des mehrfach ausgezeichneten Autors Peter Morgan, das auf dessen gleichnamigem Theaterstück basiert. Morgan überträgt das kammerspielartige Zweimannstück perfekt auf die Mechanismen eines Filmes, leistet besonders in den Dialogen meisterliche Arbeit. Die Wortduelle des zu Anfang deutlich unterlegenen Frost mit dem weitschweifend eloquenten Nixon bieten eine rein artikulativ geschaffene Spannung und Dynamik, wie sie auf diesem Wege kaum ein zweiter Film zu erzeugen weiß. Einen absoluten Höhepunkt setzt Morgan allerdings mit einem Monolog Nixons, der in angesäuseltem Zustand telefonisch Kontakt zu seinem Kontrahenten aufnimmt und ihrer beider Lage wortgewaltig auf den Punkt bringt.
- auf die Darsteller. Frank Langella und Martin Sheen spielten Richard Nixon und David Frost schon in der Theaterfassung und füllen ihre Figuren mit einem prächtigen Spektrum an Nuancen. Sheen gelingt ein wunderbarer Wandel vom anfänglich snobistischen Erfolgsmenschen, über eine Phase des Selbstzweifels und der Angst vor der Bedeutungslosigkeit, bis hin zum Nixon ebenbürtigen Gegner. Dabei ist Frost nicht der strahlende Held der Geschichte, ebensowenig wird Nixon als der klassische Antagonist aufgezogen. Der Moderator will den Ex-Präsidenten nicht aus politisch edlen Motiven zur Rechenschafft ziehen, Frost wird von Zahlen, genauer, von Einschaltquoten zu diesem Schritt bewegt, von dem Wunsch nach (in den USA vergangenem) Ruhm, denn David Frost sieht sich nicht in seiner britischen Heimat und auch nicht in Australien, seinem Selbstverständnis nach gehört er auf die ganz große, die amerikanische Showbühne.
Frank Langella, der für seinen Bühen-Nixon den Theater-Oscar Tony‘ erhielt und völlig zu Recht in diesem Jahr für annähernd jeden Filmpreis nominiert ist, spielt schlicht überragend. Seine physische Präsenz, die in einer lustigen kleinen Szene sogar seinen schärfsten Kritiker völlig einschüchtert, besonders aber der Zwiespalt zwischen dem Eigenempfinden als Missverstandenem und dem gleichzeitigen Schuldbewusstsein, dem innersten Wunsch nach Vergebung und dem Starrsinn, sie zu fordern, statt zu erbitten – Langella stellt all diese Facetten mit Hingabe und gleichzeitig ausreichend Differenzierung dar, um aus Nixon nicht das politische Übermonster, sondern einen Menschen zu machen. Beim Anekdoten ausplaudern, wie beim Wutausbrüche ob seines auf den Watergate-Skandal reduzierten Handelns bekommend, Langella meistert die schwierige Rolle mit Bravour und umschifft gekonnt jede Tücke, die das Bild eines derart negativ in der öffentlichen Wahrnehmung manifestierten Mannes mit sich bringt.
Neben den beiden alles beherrschenden Hauptdarstellern glänzt jedoch auch der übrige ensemblehafte Cast. Frosts Mitarbeiter, gespielt von Oliver Platt, Sam Rockwell und Matthew Macfadyen, werden zwar teils etwas arg schrullig charakterisiert, überzeugen in ihrer Leidenschaft, Nixon zu stürzen, letztlich aber ebenso, wie der von Kevin Bacon verkörperte ehemalige Stabschef Jack Brennan, der dies mit allen Mitteln verhindern will. Leider wenig mehr als optische Auflockerung in dem männerdominierten Film bietet Rebecca Hall als Frau an Frosts Seite, Caroline Cushing.
Zu erwähnen ist außerdem der Score von Komponist Hans Zimmer, der sich angenehm zurückhält, viele entscheidene Momente einer bedeutungsschweren Stille überlässt und im stets richtigen Moment das Geschehen hervorhebt und ergänzt.
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