Die ersten vier Filme der Pottersage haben mir alle zugesagt und mich nicht enttäuscht.
Nur Teil 3 drang, trotz des beachtlichen Versuches sich von der Romanvorlage zu distanzieren, einfach nicht richtig zu mir durch.
Die Potterfilme leben nunmal, im Gegensatz zu den Büchern, von Action und Atmospähre. Zwischenmenschliches wird leider Gottes bei einer Romanverfilmung fast nie gut eingefangen. Die Geschichte, die besonders bei diesen Büchern so wichtig ist, wir vernachlässigt und verliert sich in banaler Action. Aber so ist das. Potter = Popcornkino, wahre Gefühle, eine gute Geschichte und super Action sind, im Gegensatz zu einem Buch, in 130-150 Minuten Film nicht unterzubringen. Trotzdem schlugen sich die Potterfilme bis Teil 4 immerhin immer befriedigend bis gut.
Der Orden des Phönix war dann ein Schlag vor den Kopf. Zu hektisch, zu oberflächlich. Kurz gesagt, zu wenig. David Yates verstand es zwar den Film gut zu inszienieren, doch versagte er beim erzählen der tollen Geschichte. Auch das Zwischenmenschliche litt bei der oberflächlichen Betrachtung stark. Schade. Netter Film, aber für das Potteruniversum zu wenig.
Die Angst war groß das David Yates den gleichen Fehler wiederholen würde, doch nein. Beim Halbblutprinzen dreht sich seine Inszinierweise nun um 180°, doch auch das ist nicht vernünftig.
Was wir positives an diesem Film finden ist, dass Yates diesmal die Geschichte besser einfängt und das man sagen kann, dass dieser Film wieder sehr nah am Buch ist. Dies liegt aber vorallem am Drehbuchautor Kloves, der bei allen Potters als Drehbuchautor fungierte, außer beim Orden des Phönix.
Die perfekten Vorraussetzungen waren gegeben. Kloves erzählt die Geschichte gewohnt gut und Yates insziniert gut. Beide machen auch durchaus einen guten Job, doch trotzdem reicht es nicht.
Nach der oberflächlichen Betrachtung der Charaktere in Teil 5 versteift der Film sich nun auf jene und ihre Liebeleien, Sorgen und Problemchen. Der Film versucht es, die Figuren besser an das Publikum zu verkaufen, sie sollen mitfühlen und dann beim großen Finale mitfiebern. Ohne ordentliche Charaktereinführung klappt das nicht. Das Problem hierbei ist, dass Potter und Co. schon in den 5 Filmen davor eingeführt wurden. Die neuen Probleme um Beziehungsstress etc. sind zwar wichtige Informationen, sollten aber Randnotizen bleiben. Viel wichtiger ist die innere Zerissenheit Malfoys und auch Dumbledores Angst.
Doch der Film verschwendet knapp ein Drittel seiner 150 Minuten an Beziehungsstress.
Das ist zwar nett anzusehen und witzig, doch verdrängt es die eigentliche Geschichte auf Platz 2. Und genau andersherum sollte es sein.
Das hört sich nun vielleicht viel schlimmer an, als es ist. Yates versteht es bei diesem Film Atmosphäre zu schaffen. Malfoys Szenen, wenn sie dann mal dran sind, sind perfekt ausgearbeitet und der Zuschauer versteht seine Gefühle. Auch Dumbledores Szenen mit Harry bringen wunderbare, dunkle und bedrohliche Atmospähre. Es gibt ein paar Ausnahmen, aber das fällt nicht dermaßen ins Gewicht ("Du solltest dich mal wieder rasieren").
Ja Atmospähre wird hier großgeschrieben und das ist wichtig. Und was noch wichtiger ist, sie richtig rüberzubringen und das schafft der Film mühelos. Die dunkle Bedrohung ist jederzeit spürbar.
Ein weiteres Plus sind die tollen Schauspieler. Besonders Michael Gambon schafft es endlich seinem Dumbledore die nötige Weisheit zu geben, die er braucht. Slughorn ist toll gespielt, Snape sowieso und auch Tom Felton als Malfoy schafft es zu überzeugen. Unsere drei Hauptdarsteller stellen immerhin noch zufrieden.
Doch einmal meckern muss ich mir noch erlauben.
Was ist mit dem Ende geschehen? Nach einem wirklich tollen Moment ist der Film zu Ende. Kein Kampf mit den Todessern. Nein. Nichts.
20 Minuten weniger Liebeleien und dafür ein richtiger Endkampf und der Film hätte mindestens eine 8 bekommen. Weiterhin ist zu erwähnen, dass zwar nur zwei Tom Riddle Szenen dabei sind (Schade, auch am Thema vorbei, da es im Buch ja eigentlich um Voldemorts Vergangenheit ging), aber diese sind wenigstans toll ausgearbeitet.
Fazit:
Harry Potter und der Halbblutprinz hat viele negative Punkte, die sich aber hauptsächlich auf die Liebeleien in Hogwarts beziehen. Zuviel Zeit wurde hierfür verschwendet, die man besser hätte nutzen können, ohne das es den Charakteren an Tiefen fehlen würde. Da hilft auch die nachträglich erfundene Fuchsbauszene nichts, die spur- und emotionslos an einem vorbeizieht, nichts. Doch trotzdem sind diese eigentlich negativen Szenen in Ordnung. In sich geschlossen sind es lustige und unterhaltsame Szenen, doch wenn man einen Blick auf die Geschichte wirft, die erzählt werden sollte, macht sich Enttäuschung breit.
Aus Prinzip könnte man hier einen Punkt abziehen, trotzdem betrachte ich den Film als eigenständig und tue es deswegen nicht.
Viel zu überzeugend sind die Malfoy und Dumbledore Szenen geworden. Viel zu umwerfend die Musik, die Schauspieler und die Atmospähre (hier sei besonders die Höhlenszene erwähnt).
Yates hat einen einen guten Film geschaffen, der zwar am Thema vorbei ist, aber trotzdem, wenn man ihn als eigenständig betrachtet, unterhält und teilweise sogar fasziniert.
Man sollte nicht darüber nachdenken, was ein anderer Regisseur alles hätte machen können, was so wunderbar gewesen wäre. Der Film ist abgedreht und man kann nichts mehr machen. Wer das richtige Potterfeeling erleben möchte sollte sowieso die Bücher lesen, die eine Geschichte erzählen, dessen Oberfläche hier nur gekratzt wird.