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    2LDK - 2 Zimmer, Küche, Bad
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    4,0
    stark
    2LDK - 2 Zimmer, Küche, Bad
    Von Björn Becher

    Wenn man den Interviews glauben darf, dann ist das famose „Duel Project“ durch eine teutonische Bierlaune entstanden. Abends nach einem Filmfestival in Deutschland sind die beiden Regisseure Ryuhei Kitamura und Yukihiko Tsutsumi auf die Idee gekommen, ein Duell auszutragen. Zwei Regisseure treten gegeneinander an und das Publikum soll über den Sieger entscheiden. Die Regeln waren einfach und doch recht präzise: Während die Regisseure einen Zweikampf hinter den Kameras austragen, sollten beide auch davor ein Duell stattfinden lassen. Jeder sollte einen erbitterten Todeskampf zweier Charaktere inszenieren, erschwert aber dadurch, dass dieser auf einem begrenzten Raum stattfinden muss. Die Drehs fanden innerhalb von einer Woche statt. Während der vor allem durch die Filme „Versus“ (2000) und „Azumi“ (2003) bekannt gewordene Kitamura in „Aragami“ ganz klassisch zwei Samurai, wobei sich der eine als Gott entpuppt, gegeneinander kämpfen lässt, ging Tsutsumi in der Satire „2LDK - Zwei Zimmer, Küche, Bad“ einen mehr als ungewöhnlichen Weg.

    Im Mittelpunkt seines Films stehen zwei junge Frauen die gegensätzlicher nicht sein könnten. Nozomi (Eiko Koike) stammt vom Land und ist noch relativ neu in der Metropole Tokio. Sie ist bodenständig, kulturinteressiert und überkorrekt. Das Gegenteil von ihr ist Lana (Maho Nonami). Die nebenbei auch unter einer Familientragödie leidende junge Frau ist oberflächlich und besitzt von allem nur das Teuerste. Beide vereint ein gemeinsames Ziel: Sie wollen bekannte Schauspielerinnen werden. Dieses gemeinsame Ziel führt dazu, dass die beiden unterschiedlichen Charaktere sich zwei Zimmer, Küche und Bad teilen müssen, denn ihre Agentur hat ihnen eine gemeinsame Wohnung zugewiesen.

    Genüsslich treibt Regisseur Tsutsumi die Gegensätze der beiden in der ersten Hälfte seines Films immer mehr auf die Spitze. Nozomi markiert genau jedes Lebensmittel im Kühlschrank, während Lana einfach deren Shampoo benutzt. Nozomi interessiert sich für Theater und studiert nebenher noch an einer Elite-Uni, während das für Lana alles Zeitverschwendung und zweite Klasse ist. Ein richtiger Star wird man sowieso nur im Filmgeschäft. Nozomi hat lauter Bücher in ihrem Zimmer, während Lanas Zimmer eine einzige Sammlung ihrer ganzen Preise von Tanz- und Schönheitswettbewerben ist. Nozomi ist noch Jungfrau und trifft sich, wie man erfährt, nur zaghaft mit einem Jungen, für den sie Gefühle empfindet. Lana hat dagegen mal diesen Mann, mal jenen und war auch mit Nozomis Traummann schon im Bett; behauptet sie zumindest.

    Die Gegensätze der beiden führen zu immer neuen Streitereien, die Regisseur Tsutsumi immer mehr eskalieren lässt. Zu Beginn lässt er seine beiden Kontrahentinnen nur abschätzig über die jeweils andere denken, was zu einigen wunderbar satirischen Szenen führt. Keine von ihnen ist besser als die andere, jede sagt nette Worte und denkt gleichzeitig das Gegenteil. Doch bei dieser Form der Auseinandersetzung bleibt es nicht lange, schnell gibt es erste Beschimpfungen, zu Beginn noch mit der schnellen Entschuldigung, schließlich ohne diese und dann werden beide handgreiflich. Die Übergänge dabei sind fließend, von Wortwechsel zu Wortwechsel wird die Intensität des „Zweikampfs“ ein klein wenig erhöht.

    Verschärft wird die Konkurrenz zwischen beiden Frauen noch dadurch, dass sie am Tag ein Casting für den geplanten Film „Yakuza-Frauen“ hatten. Beide überzeugten und ihre letzte Information war, dass eine von ihnen die Hauptrolle bekommen wird, die andere leer ausgeht. Natürlich gönnt keine der anderen die Rolle. Unter diesen Voraussetzungen schafft Tsutsumi eine Satire, die nur so von bitterbösen Seitenhieben gegen das weibliche Geschlecht strotzt. Streng nach den Regeln des Duells mit seinem Regiekollegen Kitamura spielt der Film nur an einem Abend und die Nacht hindurch, doch geschickt schafft es Tsutsumi, glaubhaft das Geschehen in dieser begrenzten Zeit immer wieder eskalieren zu lassen, bis schließlich ein brutaler und blutiger Zickenkrieg tobt.

    Hier unterscheidet sich „2LDK“ stark von Konkurrent „Aragami“. Beide Filme haben gemeinsam, dass sie mit vielen Dialogen beginnen und der Kampf erst am Ende tobt. Doch während sich bei „Aragami“ diese Dialogszenen teilweise ziehen, kommt Tsutsumi nicht nur viel schneller zum Punkt und lässt seine Konkurrentinnen viel früher endlich auch körperlich aufeinander losgehen. Nein, er inszeniert auch die Unterredung zwischen beiden bzw. die Szenen, in denen man ihre Gegensätze näher gebracht bekommt, so kurzweilig, dass es dem Zuschauer kaum langweilig wird, sondern er fast durchweg hervorragende Unterhaltung geboten bekommt. Tsutsumis Film und seine Charaktere sind natürlich gnadenlos überzeichnet, doch das macht ihn gerade so gut. Die Persönlichkeiten sind angefüllt mit den typischen Klischees, die über Frauen im Umlauf sind, auf jeder Seite sind die Extreme gegeben. Auch der Zweikampf zwischen beiden gleitet ins comichafte ab, ohne dass es dem Film schaden würde. Nicht nur, dass sich die Frauen von ihren Verletzungen lange Zeit unglaublich schnell wieder erholen, nein, Tsutsumi hat ihnen in ihrem kleinen Appartement auch alle nötigen Hilfsmittel für die Schlacht gelassen. So sollte man sich nicht fragen, warum die Damen eine Kettensäge im Haus haben müssen, und überall Samuraischwerter und andere Kampfwaffen zu finden sind. Das sind alles nur Mittel für Tsutsumis bitterböses satirisches Spiel.

    Wenn man diesen über die gesamte Laufzeit von 70 Minuten höchst unterhaltsamen und hervorragend inszenierten Film für irgendetwas kritisieren will, dann bleibt nur eine kleine Beanstandung der Kameraführung übrig. Gerade wenn der Zweikampf zwischen den beiden Protagonistinnen immer stärker eskaliert und schließlich in einen Krieg ausartet, wird die Kameraführung bisweilen etwas unübersichtlich. Die Kamera ist immer mitten im Geschehen und hautnah dabei und dies hat natürlich zur Folge, dass man höllisch aufpassen muss, um in diesen Szenen immer alles mitzubekommen.

    Dies ist aber wirklich nur ein kleiner Kritikpunkt bei diesem im Übrigen gelungen inszenierten Film. Tsutsumi beweist ungemeines Können, allein sein Aufbau der Spannung mit dem ruhigen Beginn und der ganz langsamen Steigerung ist schlichtweg perfekt. Mit der Besetzung der beiden Rollen bewies er zudem ein glückliches Händchen. Zum Finale setzt er seinem Film mit einer wunderbaren Spitze noch die Krone auf. Unverständlich ist nur mal wieder die Entscheidung der FSK. Im Gegensatz zu „Aragami“, der eine Freigabe ab 16 bekam, wurde „2LDK“ nur ab 18 Jahre frei gegeben. Grund dafür dürfte einzig und allein die Schlussszene sein. Die ist aber so überzeichnet und comichaft, dass eine Ab-18 -Freigabe nur wegen dieser Szene mehr als lächerlich ist, gerade wenn man dazu im Vergleich „Aragami“ betrachtet.

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