Das Filmdebüt des mazedonischen Regisseurs Sergej Stanojkovski, ein ruhiges Drama mit dem Titel „Kontakt“, stammt aus dem Jahr 2005 und wurde von den beiden Fernsehsendern ZDF und Arte produziert. Nachdem der Film eine Handvoll Festivals passiert hat, läuft er nun im Kino an. Auch wenn die Darsteller überzeugen können und die Inszenierung dem Thema angemessen – jedoch nicht gänzlich überzeugend – ist, drängt sich die Frage auf, warum „Kontakt“ in den Kinostartlisten zu finden ist. Im Fernsehprogramm würde man nämlich weit weniger über ihn stolpern.
Stanojkovskis Film handelt von zwei verschrobenen Außenseitern: Janko (Labina Mitevska, „Welcome To Sarajevo“) wurde soeben aus dem Knast entlassen, in welchem er – immer mal wieder, vor allem wegen Gewaltanwendung, inhaftiert – fast sein ganzes Leben verbracht hat. Der Gefängnisdirektor braucht einen freien Platz, um diesen für nicht wenig Geld an flüchtige Kriegsverbrecher zu verkaufen – die Gefängnismauern dienen als Schutzwall vor internationalen Ermittlungen. Ähnlich verfährt auch der Leiter einer psychiatrischen Anstalt und erklärt die 25-jährige, manisch depressive Zana (Nikola Kojo, Das Leben ist ein Wunder) für geheilt – was ganz offensichtlich nicht den Tatsachen entspricht. Janko und Zana, der jähzornige Schläger und die menschenscheue „Irre“, werden von Gefängnis- und Psychiatriedirektor in die Obhut des windigen Geschäftsmanns Novak (Petar Mircevski, „Before The Rain“) übergeben, der sogleich eine Beschäftigungstherapie für Janko anordnet: Er soll Zanas altes Haus renovieren. Während Janko draußen arbeitet, zieht Zana sich in den Zimmern des Hauses zurück – aber es dauert nicht lange und Zana bemüht sich um die Aufmerksamkeit Jankos, der zunächst sehr abweisend reagiert und erst langsam den weichen Kern unter seiner harten Schale preisgibt. Doch da haben Zanas schwerreiche, intrigante Eltern auch noch ein Wort mit zu reden: ihre Tochter in den Händen eines Straffälligen? Nein, das geht nun gar nicht – Novak soll einschreiten.
Sergej Stanojkovski lässt sich sehr viel Zeit, von der schrittweisen Annäherung seiner beiden Protagonisten zu erzählen. Die Dramaturgie verdichtet sich bis fast zum Ende auf die beiden Figuren Zana und Janko. Stanojkovski zeigt die beharrlichen Versuche der jungen Frau, Janko auf sich aufmerksam zu machen: Immer wieder lädt sie ihn zum Frühstück ein, versucht ihn in Gespräche zu verwickeln. Dieser will aber von niemandem etwas wissen, allenfalls von den Damen im Bordell, und lässt Zanas Kontaktversuche ständig ins Leere verlaufen. Nur langsam gewehrt er der jungen Frau einen Blick hinter seine Mauer – und verliebt sich schließlich in sie.
Dieser Entwicklung zuzusehen, ist keineswegs langweilig. Vor allem, weil die beiden Darsteller ihre Figuren glaubhaft machen können und so eine Teilnahme des Zuschauers ermöglichen – wenngleich beide zuweilen „over the top“ spielen, was aber wohl vor allem an Überzeichnungen seitens des Drehbuchs liegt. Die stellenweise überzogene Darstellung der Figuren – frei nach dem Leitsatz „mehr hilft mehr“ – ist übrigens nicht das einzige Manko des Drehbuchs: ein dramaturgischer Fehlgriff des Films ist die Entscheidung, Novak, den „Aufseher“ der beiden Protagonisten, im Hauptteil gänzlich auszusparen. Diese an sich gute Entscheidung wird der Spannung am Ende zum Verhängnis, da es allzu aufgesetzt wirkt, dass Novak in den letzten Minuten noch einmal auftaucht. Der Film hätte besser daran getan, den Blick bis zum Ende auf Janko und Zana zu fokussieren.
Rein inszenatorisch erinnert „Kontakt“ sehr an Fernsehproduktionen – und eine ebensolche ist er ja auch. Kamerafahrten ohne erzählerische Funktion, also: unnötige Kamerafahrten, tauchen immer wieder auf und der Inhalt wird im Wesentlichen über den Dialog transportiert. Nur wenige Bilder erzählen im filmischen Sinne, etwa die Kleidung der beiden: Den Großteil des Films trägt Janko einen dunkelblauen Overall, während Zana in einem hellblauen Morgenmantel auftritt – so wird die Zusammengehörigkeit der beiden bereits durch die Farbe der Kleidung thematisiert. Von den Bildern geht insgesamt keine große Kraft aus, sie haben schlicht eine zeigende Funktion, keine erzählende. Grandios dagegen die Musik: Der vergangenes Jahr verstorbene Komponist Peer Raben, der Filmmusik für Rainer Werner Fassbinder (unter anderem für Die Sehnsucht der Veronika Voss) und Wong Kar-wai (für 2046) geschrieben hat, liefert einen betörend schönen Soundtrack. An diesem (und den passenden Darstellern) liegt es auch, dass Stanojkovskis Geschichte einen gewissen Charme entwickelt und trotz dramaturgischer und ästhetischer Schwächen solide Unterhaltung bietet.
Insgesamt ist „Kontakt“ ein recht unspektakulär inszeniertes Drama geworden, das die Beziehung und langsame Annäherung zweier verschrobener Charaktere wohltuend unaufgeregt und mit einer Prise Humor porträtiert. Vor allem die wundervolle Musik von Peer Raben und die beiden charismatischen Darsteller machen Stanojkovskis Film sehenswert, der allerdings nicht unbedingt im Kino gesehen werden muss, sondern im Fernsehprogramm sehr gut aufgehoben wäre.