Direct-To-DVD-Fortsetzungen, die hauptsächlich darauf aus sind, aus dem guten Namen des Vorgängerfilms Kapital zu schlagen, sind längst Gang und Gäbe (jüngst Butterfly Effect 2, 8mm 2). Problematischer wird das Ganze allerdings, wenn man nicht die Rechte am Titel hat. Vor diesem Problem standen die Macher des Actionfilms „Air Force 2“ und fanden doch eine Lösung. Die „2“ im deutschen Titel ist dabei kein Verweis auf einen Vorgänger namens „Air Force“, sondern nur – die in diesem Zusammenhang unsinnige – Darstellung des ursprünglichen Originaltitels „Air Force Two“. So geschrieben sieht man nämlich die Intention der Macher. Eine Anspielung auf Wolfgang Petersens kruden Actionfilm „Air Force One“ mit Harrison Ford als Präsident, der gegen eine Horde Terroristen kämpft. In den USA entschied man sich schließlich noch einmal um, taufte den Film für die DVD-Veröffentlichung kurios-peinlich „In Her Line Of Fire“ und setzte sich so in Verbindung zu einem anderen, wesentlich besseren Petersen-Film: dem Thriller In The Line Of Fire rund um einen abgehalfterten Secret-Service-Agenten (Clint Eastwood), der den Präsidenten beschützen muss. Wer es in Deutschland schafft, diese Titelintentionen, die bei „Air Force 2“ ja nun fast völlig verloren gingen, noch nachzuvollziehen, der kann sich immerhin den Inhalt des belanglosen Actioners von Regie-Routinier Brian Trenchard-Smith („Leprechaun 3 und 4“, „Die BMX-Bande“) zusammenreimen.
Dieses Mal kämpfen Secret-Service-Agent und Vorgesetzter Seite an Seite, nur mit einem Unterschied in jeder Person. Der Secret-Service-Agent ist eine Frau und der Vorgesetzte „nur“ der zweite Mann im Staat. Nach einem Absturz seines Flugzeugs (Air Force Two) können sich Vize-Präsident Walker (David Keith), seine Beschützerin Lynn Delaney (Mariel Hemingway), die junge Journalistin Sharon Serrano (Jill Bennett) und deren erfahrene Kollegen Kindall (Paul Dzenkiw) und Rosen (Jesse Hutch) als einzige Überlebende auf eine Insel retten. Doch Rosen kann den Anblick des schönen Strandes nur wenige Sekunden genießen, dann zerfetzen mehrere Gewehrkugeln seinen Brustkorb. Die Insel dient als Ausbildungsstützpunkt einer Gruppe Rebellen, die sich unter sich Anleitung des psychopathischen Söldners Armstrong (David Millbern) und dessen Männern auf die Revolution vorbereiten. Da kommen ein paar Sparringspartner gerade recht und die Lage für unsere Protagonisten spitzt sich noch zu, als Armstrong erfährt, dass er es mit dem Vize-Präsidenten zu tun hat und die Dollar-Zeichen blinken sieht. Zum Glück haben Delaney und Walker schon im Irakkrieg Seite an Seite gekämpft und können die Schlacht mit dem zahlenmäßig weit überlegenen Feind aufnehmen.
Das Positive erst einmal vorweg: Auch wenn das Intro zur pathetischen Musik nur so vor amerikanischen Flaggen wimmelt und der Vize-Präsident gleich im typischen amerikanischen Selbstverständnis als „der zweitwichtigste Mann der Welt“ bezeichnet wird, die Erwartungen trügen. Bis auf einen weiteren (allerdings kräftigen) Patzer, wenn Lynn Delaney die Gegner als „Wilde“ klassifiziert, deren Leben nichts wert ist, fehlt es „Air Force 2“ überraschenderweise an jener tumben US-Propaganda vieler Action-Produktionen. Der Film bekommt hier erstaunlich schnell die Kurve, schafft es in einigen wenigen Momenten sogar ein differenziertes Bild zu zeichnen und – auch wenn dies schnell wieder in den Hintergrund gerückt – gibt in einigen Momenten den teilweise gar nicht so bösen Rebellen ein Gesicht.
„Air Force 2“ hat aber ein ganz anderes Problem. Der Film setzt sich bewusst in eine Linie zu den harten 80er-Jahre-Actionfilmen eines Arnold Schwarzeneggers (z.B. „Phantom Kommando“), die trotz ärgerlicher Momente und Aussagen, oft Unterhaltsames haben und gerade heute noch in einer Männerrunde bei (und vor allem nach) ein paar Bieren immer wieder Anklang finden. Doch „Air Force 2“ taugt einfach nicht für solches Amüsement. Zum einen ist der Film dafür zu harmlos ausgefallen. Die Helden lassen zwar die Rebellen wie Lemminge über die Klippe springen, doch das geschieht monoton und größtenteils völlig effektlos. Wenn dann mal mit einer Explosion der Ausbruch aus der Monotonie der Gewehrschüsse versucht wird, wünscht man sich als Zuschauer nur, der Regisseur hätte es unterlassen. Die Feuerflamme sieht nämlich aus, als hätte irgendjemand aus der Crew an seinem Heimrechner in einer freien Minute etwas basteln dürfen. Nahtlos in dieses billige Schema fügt sich eine völlig sinnfreie und nur für Kopfschütteln sorgende Szene, in welcher Heldin Delaney ihren Boss Walker nach einem besonders gelungenen Kopfschuss abklatscht als hätte der gerade beim Basketball einen guten Drei-Punkte-Wurf gelandet.
Dem gegenüber stehen dann plötzlich und überraschenderweise Momente und Ideen, die zeigen, dass bei den beiden Drehbuchautorinnen Kreativpotential vorhanden ist. Eine weibliche Heldin ist zwar nicht mehr neu, aber im B-Movie-Action-Sektor doch eine willkommene Abwechslung, auch wenn Hauptdarstellerin Mariel Hemingway (Superman IV, Rufmord) leider die schauspielerische Klasse und Ausdrucksfähigkeit männlicher Kollegen wie Steven Seagal besitzt. Die interessanteste Idee der Autoren ist sicherlich die Umsetzung der scheinbar unvermeidlichen Liebesgeschichte. Die verläuft nämlich nicht nach dem gängigen Muster, sondern liefert eine – für das Genre politisch ungewohnt liberale – Abwechslung. Das reicht aber noch nicht um aus „Air Force 2“ einen wenigstens passablen Actioner zu machen. Dafür ist er einfach zu belanglos und zu langweilig.