Mein Konto
    Das größte Spiel der Welt
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    2,5
    durchschnittlich
    Das größte Spiel der Welt
    Von Björn Becher

    Fußball verbindet die Welt. Dieser Spruch mag abgedroschen klingen, doch wie sehr er zutrifft, zeigt der Spanier Gerardo Olivares mit seiner dokumentarisch anmutenden, leider an vielen Stellen dann doch zu stark inszenierten Komödie „Das größte Spiel der Welt“. Drei entgegengesetzte Winkeln der Welt, ein Ziel: eine mongolische Nomadenfamilie hat einen beschwerlichen Weg über Eisplatten, eine Kamelkarawane der Tuareg durch die Wüste der Sahara, und eine Gruppe Indianer durch den Dschungel des Amazonas. Aber alle wollen sie eines: das Finale der Fußball-WM 2002 zwischen Deutschland und Brasilien schauen. Doch vor einem Fernsehgerät angekommen, sind die Probleme noch längst nicht alle gelöst.

    Olivares hatte die Idee für seinen Film, als er bei Recherchen für einen Dokumentarfilm auf eine Gruppe von mongolischen Nomaden traf, die ein TV-Gerät bei sich trug und eben jenen Weg vor sich hatte, den die drei Parteien in seinem Film nun beschreiten. Sie wollten zu einem Platz, wo sie das große Finale sehen konnten. Da er bei seinen Reisen in verschiedene Ecken der Welt merkte, dass Fußball fast überall auf große Begeisterung stößt, entschloss er sich aus dem einen Erlebnis eine Episoden-Komödie zu machen.

    Seine Herkunft als Dokumentarfilmer ist dabei offensichtlich und fällt sofort ins Auge. Auch wenn die Szenen hier inszeniert sind, muten sie doch oftmals dokumentarisch an und man könnte über weite Strecken glauben, es wäre sogar eine Dokumentation, die während des Finales 2002 gedreht wurde. Unterstützt wird dies vor allem durch beeindruckende Landschaftsaufnahmen, für die sich der Regisseur genauso Zeit nimmt, wie für kurze Beobachtungen seiner Protagonisten bei alltäglichen Handlungen wie der Jagd. Hier erfüllt der Film einen dokumentarischen Anspruch und ist trotzdem nicht trocken und bieder.

    Doch Olivares will leider mehr. Eine Komödie schwebte ihm vor und so ließ er es sich nicht nehmen, eine ganze Menge komischer Zwischensequenzen zu inszenieren. Dabei findet sich die ein oder andere skurrile und durchaus gelungene Episode wieder, doch viele dieser gewollt komischen Momente schlagen fehl. Wenn die mongolischen Nomaden gegen ein paar Armeeangehörige ein Fußballmatch bestreiten und ein Leutnant dann Ball durch das Dach eines Zeltes schießt, woraufhin eine zeternde Frau hinausrennt, er hätte das Baby getroffen, dann verziehen sich die Mundwinkel kein Stück nach oben. Eine solche Szene ist ein unnötig platter Versuch, den Film auf witzig zu trimmen. Das setzt sich bei der übertriebenen Sounduntermalung fort. Wenn der Fernseher der Indianer zur Boden fällt und das ganze von einem offensichtlich aus dem Computer stammenden Geräusch begleitet wird, das man bei der schlechten Neuvertonung eines Stummfilms eventuell an der Stelle eingesetzt hätte, wo ein Darsteller gegen eine Laterne läuft, fragt man sich nur, welchen Effekt sich der Regisseur davon erhofft. Er zieht seine Figuren damit nämlich ein ganzes Stück weit ins Lächerliche und das dürfte hoffentlich nicht seine Absicht gewesen sein.

    Dabei beweist Olivares doch, dass er gelungenere Szenen inszenieren kann. Denn auch wenn es eine Spur kitschig ist, so ist es amüsant, wenn die Nomaden bei der deutschen Nationalhymne aufstehen und die Hand aufs Herz legen. Und auch in seinen tragischen Momenten vermag der Film zu überzeugen. So berührt es durchaus, wenn ein armer Nomade allein mit den Kamelen in der Wüste zurückbleiben muss und so das Spiel verpasst, genauso wie zwei Indianer wenig davon mitbekommen, weil der eine die Satellitenschüssel hoch oben auf dem Baum halten muss und der andere per Kurbel den Generator bedient. Das sind schöne tragikkomische Momente, die dem Film gut zu Gesicht gestehen.

    Leider schwankt Olivares viel zu sehr zwischen diesen positiven Momenten und einfach ärgerlichen Sequenzen. Warum er zum Beispiel ziemlich pauschal durch alle drei Gruppen die Linie zwischen Fußballfans und Fußballhassern bei Mann und Frau ziehen muss, erschließt sich nicht wirklich. Das ist eine sehr platte Bedienung von Klischees, auch wenn es dadurch ein schönes Zitat gibt (22 men chasing a ball in their underwear and one with a whistle who never stopps running. This is for morons.). Von seiner Mann/Fan-und-Frau/Hasser-Trennung macht Olivares nur zwei Ausnahmen - ein geistig Behinderter schaut das Spiel nicht und ein fetter Amerikaner, der lieber mit einer Cola-Dose auf dem dicken Bauch balancierend, in der Hängematte liegt und Baseball guckt. Das setzt der Klischeehaftigkeit dann die Krone auf.

    Diese Ärgernisse sind mehr als schade. Denn „Das größte Spiel der Welt“ ist ein interessantes Projekt, das durch seine beeindruckenden Bilder und viele schöne Szenen überzeugt. Sehenswert ist der Film so allemal, doch nicht die erhoffte erstklassige Umsetzung, welche die Idee verdient hätte.

    Möchtest Du weitere Kritiken ansehen?
    Das könnte dich auch interessieren
    Back to Top