Hugh Grant hat vor kurzem in einem Interview gesagt, wenn sein Leben verfilmt würde, möchte er von George Michael gespielt werden. Schade dass Grant sich in der romantischen Komödie „Mitten ins Herz“ nicht schon vorab revanchieren kann: Grant spielt einen gescheiterten Popstar aus den Achtzigern, dessen Band „Pop!“ eindeutig von „Wham!“ inspiriert wurde. Sein Leben ähnelt jedoch eher dem von Ex-Wham!-Gitarrist Andrew Ridgeley, als dem von George Michael.
Für Alex Fletcher (Hugh Grant, About A Boy, Tatsächlich Liebe) ist die Zeit als weltberühmter Popstar nicht mehr als eine schöne Erinnerung. Seit der Trennung von „Pop!“ Anfang der Neunziger schlägt er sich mit 80er-Retroshows in Vergnügungsparks und auf Jahrmärkten durch, wo er die verstaubten Hits der Band in Karaoke-Qualität vor einer hysterischen Menge von Mittvierzigerinnen zum Besten gibt. Als das Pop-Prinzesschen Cora Corman (Haley Bennett) Alex bittet, ein Duett für sie beide zu schreiben, wittert er seine Chance auf ein Comeback. Dumm nur, dass Fletcher seit Jahren keinen Song mehr komponiert hat. Und mit den Texten hatte er schon immer so seine Schwierigkeiten. Glücklicherweise hat seine neue Pflanzenpflegerin Sophie Fischer (Drew Barrymore, 50 erste Dates, Donnie Darko) nicht nur ein Händchen für Grünzeug, sondern auch ein bisher unentdecktes Talent zum Texten. Als sich das kongeniale Songschreiber-Duo dann auch rund um und unter dem Klavier näher kommt, bringt das Alex’ Comeback in Gefahr...
Die Erwartungen sind entsprechend hoch, wenn zwei Veteranen der romantischen Komödie wie Hugh Grant und Drew Barrymore gemeinsam vor der Kamera stehen. Grant und Barrymore tragen die leicht absehbare Handlung von „Mitten ins Herz“ mühelos. Humoristisch sind sie auf einer Linie (die Mehrzahl der Lach-Linien bildet sich allerdings um Grants Augen herum), aber die Funken sprühen eher verhalten, was an den 15 Jahren Altersunterschied liegen könnte. Wie schon bei Miss Undercover hat Marc Lawrence ein gutes Drehbuch mit cleveren Dialogen und charmanten Charakteren abgeliefert. Dass er der Doppelrolle als Drehbuchschreiber und Regisseur von „Mitten ins Herz“ mehr als gewachsen ist, hat er schon bei Ein Chef zum Verlieben unter Beweis gestellt.
Trotzdem: „Mitten ins Herz“ bietet wenig Neues. Hugh Grant haben wir schon in „Tatsächlich Liebe“ tanzen sehen. Drew Barrymore hat schon zahlreiche Rollen wie diese gespielt. Aber wenn man die ersten drei Minuten von „Mitte ins Herz“ gesehen hat, hat sich die Kinokarte trotz dieser berechenbaren Größen längst gelohnt: Das Pop!-Musikvideo am Anfang des Films ist ein dreiminütigen Feuerwerks aus allem Bunten und Schrägen, was die Achtziger zu bieten haben (und das ist eine ganze Menge!): Hautenge Hosen, toupierte Haare und der einmalige Pop!-Hüftschwung beim Boygroup-Formationstanz sind so authentisch, dass das Video zu „Pop! Goes my Heart“ wirklich auf MTV gelaufen sein könnte.
Mittlerweile kommt bei Alex Fletcher direkt nach „Pop! Goes my Heart“ „Pop! Goes my Hip“ – mit Mitte Vierzig schwingt die Hüfte nicht mehr so mühelos wie früher. Auch an Hugh Grant nagt der Zahn der Zeit zusehends: Oben ohne auf dem Balkon stehend sieht der 46-Jährige um einiges wabbliger aus, als ewig junge Kolleginnen fast gleichen Alters wie Demi Moore oder Sharon Stone. Wenn Grant die Runderneuerungs-OP à la Demi vermeiden möchte, sollte er sich schnellstmöglich eine neue Standard-Rolle fernab der romantischen Komödie suchen. Dass es momentan keinen Schauspieler gibt, der ihm in diesem Genre das Wasser reichen kann, hat er längst bewiesen.
Und sollte Grant die Schauspielerei doch aufgeben, womit er seit Jahren droht – wie wär’s dann mit einer Karriere als Retro-Popstar? Das Zeug dazu hat Grant auf jeden Fall: Er hat alle Songs in „Mitten ins Herz“ selbst gesungen und dafür ein umfangreiches Gesangstraining absolviert – allerdings wurde seiner Stimme an den Reglern kräftig auf die Sprünge geholfen. Nur das Tanzen fiel ihm ziemlich schwer: „The choreographer would put the music on and say, 'Just go, just be you'. And literally nothing would happen. I'd just stand there, rooted to the spot.“ Um sich für die Szenen in Stimmung zu bringen, überredete Grant ein Crew-Mitglied, ihm Alkohol ans Set zu schmuggeln. Danke dafür!
Drew Barrymore spielt in „Mitten ins Herz“ mal wieder eine Variante des leicht schrägen Mädchens von nebenan: Sympathisch bis schrullig, aber diesmal überdurchschnittlich gut gestylt. Grant trifft mit seinen Outfits nicht immer so ins Schwarze: Drei offene Hemdknöpfe machen in seinem Alter keinen besonders lässigen Eindruck mehr. Insgesamt unterstreichen solche kleine Faux pas die Persönlichkeit seiner Figur aber sehr gut. Newcomerin Haley Bennett als Pop-Barbie irgendwo zwischen dirrrty Christina und sexy Shakira wird von ihren glamourösen Outfits locker an die Wand gespielt. Aber das bisschen Eye-Candy sei all den männlichen Begleitern, die wider Willen im Kinosessel sitzen, herzlichst gegönnt. Die restlichen Nebenrollen sind besser besetzt: Kristen Johnston (die in „Sex and the City“ als alterndes, ausfällig werdendes Partygirl aus dem Hochhausfenster stürzen durfte) ist hervorragend als Sophies hysterisch-überdrehte Schwester, die natürlich ein notorischer Pop!-Fan und Möchtegern-Groupie ist. Der verschmähte Songtexter Greg (Jason Antoon, The Producers, Minority Report) hinterlässt als Identifikationsfigur für alle Schnulzen-Geschädigten trotz kurzen Szenen einen bleibenden Eindruck. Brad Garrett („Alle Lieben Raymond“) als Fletchers loyaler Manager und Campbell Scott (Der Exorzismus von Emily Rose) als schleimiger Sloan komplettieren den Cast.
Das Herzstück von „Mitten ins Herz“ sind die perfekten 80er-Popsongs: Authentisch bis in die letzte Note hat Adam Schlesinger von „Fountains of Wayne“ diese Jahrzehnt musikalisch wiederbelebt, wie zuvor die Sechziger in „That Thing You Do!“. „Mitten ins Herz“ erfindet das Genre zwar nicht neu, begeistert aber mit witzigen Dialogen, charmanten Darstellern und dem Pop!-Musikvideo. Hoher Unterhaltungswert und eingängige Songs mit Ohrwurm-Faktor machen „Mitten ins Herz“ zum perfekten Date-Movie.