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    Angry Monk - Eine Reise durch Tibet
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    Veröffentlicht am 18. März 2010
    Subversion im Lamaismus

    «Angry Monk» des Zürcher Ethnologen Luc Schaedler



    Das Erste, was bei der Betrachtung ferner Kulturen und Länder oft auf der Strecke bleibt, ist die Vielschichtigkeit. Darunter leiden auch unzählige Filme und Reportagen, die der Westen in den letzten Jahren über Tibet hervorgebracht hat. Entweder sind es einseitige Lobpreisungen des tibetischen Buddhismus, des Landes als spirituelles Kleinod, der traditionellen Medizin oder der uralten Kultur der Nomadenvölker. Oder man begnügt sich damit, das Leiden des tibetischen Volkes, die Folgen der brutalen chinesischen Unterdrückung zu dokumentieren. In dieser Hinsicht ist «Angry Monk» des Zürcher Filmemachers und Ethnologen Luc Schaedler eine wahre Freude. Auch Schaedler wählt und gewichtet zweifelsohne ganz subjektiv - und bietet so Angriffsfläche. Doch mit differenzierten und teilweise widersprüchlichen Ausführungen sucht er eine längst fällige Diskussion jenseits der Klischeevorstellungen.



    Der Dokumentarfilm stellt mit dem rebellischen Mönch Gendun Choephel (1903-1951) eine im Westen weitgehend unbekannte, doch für viele Tibeter heute wieder aktuelle Figur aus der Vergangenheit ins Zentrum. «In Tibet ist alles, was alt und traditionell ist, ein Werk Buddhas. Alles Neue hingegen ein Werk des Teufels. Das ist die traurige Tradition meines Landes», konstatiert Choephel 1946 in einem Gedicht. In Osttibet geboren, tritt er schon als Kind ins Kloster ein und ist, nachdem er auch eine der wichtigsten Klosterschulen in Lhasa besucht hat, auf besten Wege, sich im lamaistischen Klerus zu etablieren. Zugleich nutzt er jedoch jede Möglichkeit, sich westliches Wissen anzueignen, sucht den Kontakt zu den wenigen Ausländern und hinterfragt die eigene Kultur, von deren Reformbedürftigkeit er zunehmend überzeugt ist.



    So viel kritischer Geist bringt ihm natürlich das Misstrauen, wenn nicht gar die Feindschaft der konservativen Oligarchie aus tibetischem Klerus und Adel ein, die das Land beherrscht. Er tritt aus dem Kloster aus, arbeitet zunächst als Porträtmaler, um dann mit einem indischen Forscher und politischen Aktivisten durch Tibet und nach Indien zu reisen. Erst wenige Jahre vor seinem Tod kehrt er in die Heimat zurück, wo er aufgrund politischer Aktivitäten drei Jahre inhaftiert wird. Wieder frei, doch geschwächt und verbittert, stirbt er kurze Zeit nach dem Einmarsch der volksrepublikanischen Truppen in Lhasa.



    Schaedler und sein minimales Team, das sich besonders in Tibet wie filmende Touristen benahm, um nicht die Aufmerksamkeit der chinesischen Behörden auf sich zu lenken, bleibt Choephel stets auf den Fersen, bei den geographischen wie den geistigen Reisen. Eine Kommentarstimme, deren konstant besonnener Ton die Brisanz der Themen etwas betäubt und der Verve des «zornigen Mönchs» wohl nicht ganz gerecht wird, führt uns durch den Film und liefert einige erhellende Erklärungen; so etwa, dass das Porträt des verhassten Mao an der Wand eines heutigen Tibeters dazu dient, böse Geister abzuschrecken. Die vom Kameramann Filip Zumbrunn gefühlvoll eingefangenen Bilder aus der Gegenwart erzeugen mit den Texten spannende Synergien (und sind gleichzeitig Indiz dafür, dass die Biografie Choephels primär als Filter genutzt wird, um sich den aktuellen Problemen Tibets zu nähern). Sie treffen auf vielfältiges Archivmaterial und werden durch - fast ausnahmslos mit Tibetern geführte - Interviews bereichert. Ein über 80-jähriger Mönch, der mit Choephel durch Indien reiste, berichtet zum Beispiel, wie sie damals «gesoffen und gevögelt» haben - Choephel fehlte es demnach nicht an praktischem Wissen, als er als Erster das «Kamasutra» ins Tibetische übersetzte. Und noch etwas könnte an diesem Tibet-Film fast schon «obszön» wirken: Der Dalai Lama kommt praktisch nicht vor. © Till Brockmann
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