Die ganz großen BoxOffice-Erfolge sind selten im klassischen amerikanischen Genre des DirtyCop-Thrillers. Ausnahmen wie Martin Scorseses Oscar-Abräumer „The Departed“ (2006) oder „Training Day“ (2001), die weltweit auf ein dreistelliges Millionenergebnis kamen, standen im Jahr 2008 „Street Kings“ mit Keanu Reeves und ein Projekt gegenüber, das mit mehr als einem halben Jahrzehnt Verspätung realisiert wurde. Ebenso wie „Street Kings“ floppte „Das Gesetz der Ehre“ in den USA und konnte sich auch auf dem Weltmarkt nicht entscheidend behaupten. Ein wenig scheint man der Geschichten um korrupte Cops und ihrer dubiosen Machenschaften überdrüssig zu sein und besonders die Amerikaner wollen ihre uniformierten Helden lieber auch als solche dargestellt wissen. „Das Gesetz der Ehre“ war seinerseits bereits für das Jahr 2002 angesetzt, Mark Wahlberg und Hugh Jackman waren für die Hauptrollen vorgesehen. Damals verhinderten die Anschläge vom 11. September die Produktion des Films, den Kinostart sechs Jahre später zögerten dann noch einmal studiointerne Querelen um einige Monate hinaus, da man von vornherein nicht an das Kassenpotenzial des Streifens glaubte. An der nicht minder namhaften Besetzung kann dies zumindest nicht gelegen haben.
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Vier Cops des NYPD kommen bei einem Einsatz im Drogenmillieu ums Leben. Detective Ray Tierney lässt sich von seinem Vater, dem ehemaligen Polizeichef, überreden, die Ermittlungen zu leiten. Bald entdeckt Ray die Abgründe in seiner traditionsreichen Familie, denn sowohl sein älterer Bruder Francis, Einsatzleiter der getöteten Kollegen, als auch ihr Schwager Jimmy Egan scheinen in ein gefährliches Netz aus Korruption und Brutalität verstrickt zu sein...
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Ein weiterer Grund für das kommerzielle Scheitern solcher Stoffe auch außerhalb der Vereinigten Staaten ist der anhaltende Stilstand des Genres. Bestenfalls finden Variationen statt, keinesfalls wird sich an Neuerungen gewagt und zumeist reiht sich nur ein durchgekautes Klischee ans nächste. Aus dieser Festgefahrenheit kann sich auch „Das Gesetz der Ehre“ nicht wirklich lösen, gefällt letztlich aber doch als stimmig-solides Drama, das überzeugt, wo es überzeugen muss und schwächelt, wo man es (leider) gewohnt ist.
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Die Geschichte aus der Feder von Gavin O’Connor und Joe Carnahan kommt zunächst schleppend in die Gänge und wird auf viele kleinere, vorbereitende Handlungsstränge und mehrere Charaktere verteilt. Die Familienkreise der Tierneys werden beleuchtet, wobei die gelungene, eine sehr unmittelbare Position einnehmende Handkameraführung eine Dynamik vortäuscht, die dem Plot zunächst fehlt. Nacheinander und ohne das sich ein echter Leader vorarbeitet werden die Charaktere vorgestellt, die vier Hauptpersonen aus der Polizeifamilie Tierney erhalten allesamt Profil und Persönlichkeit. Ohnehin ist die Gewichtung auf die familiäre Portraitierung, die Darstellung von Werten und scheinbaren Unumstößlichkeiten der Kernpunkt des Films, da das eigentliche Komplott und dessen Drahtzieher bereits nach zwanzig Minuten offen gezeigt werden. Darum geht es dem Film nicht um die Thriller-orientierte Aufdeckung der Tat, sondern vielmehr um die Auswirkungen auf die Tierneys und ihre Konflikte.
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Recht sparsam setzt O’Connor dabei auf Action und Thrill, bietet weder rasante Verfolgungsjagden, noch größere Schießereien. Atmosphäre und Reize von „Das Gesetz der Ehre“ entspringen eher einigen feinen, zwischenmenschlich ruhigen Momenten, etwa dem Zusammenspiel von Francis Tierney jr., der als Einsatzleiter in die Untaten seiner Einheit eingeweiht ist, und seiner krebskranken Frau. Eine solche Ausrichtung verlangt nach starken Schauspieler und von diesen wird dann auch einiges geboten. Edward Norton macht seinen ungelenken Auftritt als unglaublicher „Hulk“ vergessen und zeigt eine vielschichtige Darbietung als Cop, der aus den Sünden der Vergangeheit nicht ohne Opfer zu bringen hervorgegangen ist.
Das ist zwar besonders in Verbindung mit der an sein Ehrgefühl appelierenden Rede seines Vaters, die Ray die Ermittlungen aufnehmen lässt, nicht originell, wird von Norton aber dank dessen mimischer Präzision sehr sehenswert umgesetzt. Colin Farrell entfernt sich nach „Cassandras Traum“ (2007) und „Brügge sehen... und sterben?“ (2008) einen weiteren Schritt vom Image des limitierten Sunnyboys und spielt Jimmy Egan psychotisch aufbrausend, doch gleichzeitig von Zweifel und Loyalität gegenüber seiner Frau zersetzt. Auch sein Charakter umgeht nicht jedes Klischee, wird von Farrell aber voll und ganz getragen. Wenn er in einer der härtesten Szenen des Films einen Säugling mit einem Bügeleisen bedroht, um Informationen zu erpressen, ist sein Jimmy tosend und abstoßend und die Leistung des Iren insgesamt makellos. Jon Voight als Vater Tierney wird anfangs auf sein Alkoholproblem reduziert und wirkt teils leicht über das Ziel hinaus charakterisiert, bekommt aber später, mit den Taten seines ältesten Sohnes und des Schwiegersohns konfrontiert, einige starke Momente der Gebrochenheit im Angesicht des Verlustes der familiären Ideale. Noah Emmerichs Francis jr. wird im Laufe der Handlung sehr schön in die Tiefe gezeichnet und transportiert viel seiner inneren Zerrissenheit nach außen. Genretypisch kommen die Damen kurz, vor allem Jennifer Ehle glänzt allerdings in ihrer Rolle als sterbenskranke Mutter und Ehefrau.
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Die Charaktere sind gut in ihr eingebettet, die Geschichte selbst, beziehungsweise die Elemente, aus der sie sich zusammenfügt ist, sind nichts desto trotz eher wenig besonders. Hispanische Drogendealer samt deren halbnackt-kreischender Gespielinnen, Copgewalt gegen unschuldige Ladenbesitzer, ein tränenreiches Polizistenbegräbnis mit ordentlich TamTam – das alles scheint einem schematischen Katalog der gebräuchlichsten Genrestandarts entnommen und macht viele Szenen austausch- und vernachlässigbar. Nortons Begegnung mit einem cracksüchtigen Informanten könnte man ohne Ton und mit geschlossenen Augen vorüberziehen lassen und wüsste dennoch auf die letzte Zuckung des Junkies genau, wie sie abgelaufen ist. Dennoch ist O’Connors Inszenierung im Rahmen der Konventionen stilsicher und nur ganz selten am Wesentlichen vorbeigerichtet. Die Laufzeit von knapp über zwei Stunden ist manchmal etwas gestreckt, der Detailreichtum macht sich aber darin bezahlt, dass er dem eskalierenden Schlussakt Gewicht verleiht und eine wüste Keilerei zwischen Norton und Farrell mehr als bloß das ist.
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„Das Gesetz der Ehre“ ist ein ausgezeichnet gefilmter und gespielter, zwischen ruhigen und brachialen Szenen bewusst und zielsicher wechselnder Streifen, dem es ein wenig an Spannungshöhepunkten, Eigenständigkeit und Frische fehlt. Dennoch ist das Geschehen stimmungsvoll und mit bodenständiger Härte aufgeladen, bietet feingliedrig psychologisierte Charaktere und genügend Ansätze, um zu unterhalten. Mark Ishams Soundtrack fügt sich hervorragend ein, die direkte, wie ein weiterer Protagonist agierende Kamera involviert den Zuschauer. Nichts neues, aber das Althergebrachte und Bewährte zeigt sich immerhin in unzweifelhaft guter Form.
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komplette Review siehe: http://blogs.myspace.com/index.cfm?fuseaction=blog.view&friendId=418824324&blogId=498970367