Nach seinen erfolgreichen Karrieren als Rapper und Pornoproduzent, prägnanten Nebenrollen im Komödienfach (Starsky und Hutch, Soul Plane) und zwei Ausflügen ins Horror-Genre (Bones, Snoop Dogg´s Hood Of Horror), liefert Snoop Dogg mit Danny Greens 70er-Jahre-Drama „The Tenants“, einer Verfilmung des gleichnamigen Romans von Bernard Malamud, nun seinen ersten Stehversuch im ernsthaften Schauspielfach ab. Und genau wie bei all seinen Beschäftigungen zuvor stiehlt er als supercooler Motherfucker auch hier allen anderen Beteiligten die Show – was sich im Endeffekt zugleich als eine der größten Stärken, aber auch die einzige nennenswerte Schwäche des Films herausstellt.
Brooklyn 1972: Der jüdische Schriftsteller Harry Lesser (Dylan McDermott) ist als letzter Mieter in einem kurz vor dem Abbruch stehenden Gebäudekomplex verblieben – als einziger hat er das großzügige Abfindungsangebot seines Vermieters Levenspiel (Seymour Cassel) nicht angenommen, weil er seinen dritten Roman unbedingt in seiner gewohnten Umgebung beenden will. Eines Tages dringt leises Schreibmaschinengeklapper durch die dünnen Wände von einem verlassenen Apartment zu ihm herein, der leicht durchgeknallte Black-Rights-Autor Willie Spearmint (Snoop Dogg) hat die Wohnung besetzt, um hier selbst einen halb-autobiographischen Roman zu vollenden. Von nun an treffen sich die beiden immer häufiger, um über ihre Arbeit zu diskutieren. Aber bei den Treffen, die stetig feindseligere Tendenzen annehmen, schwingt immer auch unterschwellige Verachtung und der eigene Ehrgeiz, sich über den anderen Stellen zu können, mit. Und als sich Harry als neuste Muse ausgerechnet Willies weiße Freundin Irene (Rose Byrne, Sehnsüchtig, Troja) unter den Nagel reißt, nimmt das Geschehen in Richtung Katastrophe seinen Lauf…
Sowohl in den USA als auch in Deutschland wird „The Tenants“ vom Verleih als dem Mystery-Genre zugehörig beworben. Und wirklich kann man den Film mit ein wenig Phantasie in dieser Richtung lesen – man müsste nur Willie als Harrys schizophrenes schwarzes Ich auslegen. Aber auch ohne solch zusätzliche Deutungen, für die aber durchaus Anhaltspunkte in der Geschichte vorhanden wären, ist der Film auch so mit mehr als genug offensichtlicherem Konfliktpotential ausgestattet: Harry schreibt ein Buch über die Liebe, will damit aber im Endeffekt nur Anerkennung und somit Frauen ernten. Willie schreibt ein Buch über eine schwarze Revolution, dabei geht es ihm eigentlich nur um die Kohle. Harry tut tolerant, ist in Wirklichkeit aber ein rassistisches Schwein, dass seinem schwarzen Freund die weiße Freundin ausspannt, nur weil sein Ego ihm verbietet, eine schöne weiße Frau zusammen mit einem Schwarzen zu sehen. Willie hingegen ist offener Antisemit, der zwar von den Weißen geachtet werden will, aber Harry auf offener Straße als Juden beschimpft. Und so lassen sich noch unendlich viele Beispiele für die Doppelmoral, die Malamud in seinem Roman kongenial getroffen und die Green auch im Film treffsicher entlarvt hat, finden.
Um es gleich einmal vorwegzunehmen: Snoop Dogg als weißenhassenden Black-Power-Autoren zu besetzen, ist ein schlichtweg genialer Crew. Ihm dabei zuzusehen, wie er von seinem geplanten Buch erzählt, in dem Schwarze mordend durch den amerikanischen Süden ziehen, um so endlich ihre Freiheit zu erlangen, ist ebenso urkomisch wie erschreckend und spannend. Auch wenn Dylan McDermott (In The Line Of Fire) als hinterhältiger Schriftsteller die wahrscheinlich beste Performance seiner Karriere abliefert, kann er mit Doggs unglaublicher Ausstrahlung nicht ganz mithalten. Und hierin liegt auch das einzige kleinere Problem des Films. Im Endeffekt ist es das Konzept von „The Tenants“, die beiden Streithähne zum Schluss als verlogene rassistische bzw. antisemitische Arschlöcher hinzustellen, die nur das Allerschlimmste verdient haben. Aber da Snoop Doggs Starruhm sowieso auf seinem Bad-Boy-Image beruht, nimmt man ihm die Rolle weniger übel als seinem Gegenüber, wodurch er dann doch einen kleinen Sympathiebonus beim Publikum, das ungewollt Partei ergreift, erntet. Hier wirkt sich die – gerade wenn es zu Slangduellen kommt – leicht lächerliche deutsche Synchro beinahe positiv aus, weil sie Dogg nicht ganz so positiv wie in der Originalfassung erscheinen lässt.
Aber auch wenn das Sympathiekonzept schlussendlich nicht voll aufgehen will, ist der Film trotzdem unglaublich entlarvend und deckt die Schwächen und Abgründe seiner Protagonisten genau an den Stellen auf, an denen es richtig weh tut. Für ein Regiedebüt hält sich Green - was inszenatorische Spielereien und unnötigen formalen Schnickschnack angeht – angenehm zurück. Und diese absolute Reduktion auf wenige Schauplätze und Personen liegt keineswegs nur am geringen Budget, bei dem Darstellertrio hätte man mit Sicherheit noch den einen oder anderen Dollar mehr auftreiben können, sondern an der Zielrichtung des Films: Auf engem Raum ohne große Ablenkungen wirkt das Psychoduell der beiden gefallenen Schreiberlinge noch intensiver. So ist „The Tenants“ ein ambitioniertes, hochintelligentes Kammerspiel, das die Bigotterie von schwarzem und weißem Selbstverständnis, Rassismus und Antisemitismus in allerletzter Konsequenz angeht und so nicht nur thematisch interessant, sondern auch ausgesprochen spannend geraten ist.