Vier Jahre nach Beginn des zweiten Irakkriegs beschäftigt sich zum ersten Mal eine große Hollywood-Produktion mit diesem für die USA heiklen Thema. Bis jetzt hatte die Traumfabrik vornehme Zurückhaltung bewahrt, da dieses Eisen wohl jedem Produzenten etwas zu heiß war. Da verwundert es nicht, dass der erste Regisseur, der sich jetzt des Themas annimmt, in erster Linie selbst ein erfolgreicher Produzent ist, der über genügend eigene Geldmittel verfügt. Aber Irwin Winklers Qualitäten liegen eindeutig in der Produktion, als Regisseur ist er nur mittelmäßig, so ist „Home Of The Brave“ ein Drama mit vielen lobenswerten Ansätzen, einigen bewegenden Momenten, aber auch einer Menge Kitsch und Pathos geworden.
Eigentlich ist der Krieg für vier Soldaten einer Einheit der National Guard fast vorbei. Nur noch einen letzten Einsatz müssen Vanessa Price (Jessica Biel), Jamal Aiken (Curtis „50 cent“ Jackson), Tommy Yates (Brian Presley) und der Sanitätsarzt Will Marsh (Samuel L. Jackson) absolvieren, bevor sie wieder in die Heimat zurück können. Aber der humanitäre Einsatz gerät zu einem Fiasko, der Konvoi gerät in einen Hinterhalt. Zwar kommen alle vier lebend aus diesem Einsatz wieder, aber jeder von ihnen kehrt mit schweren körperlichen oder psychischen Wunden wieder in die USA zu ihren Freunden und Familien zurück. Vanessa musste eine Hand amputiert werden, Jamal hat irrtümlich eine Zivilistin erschossen, Tommy verliert bei dem Einsatz seinen besten Freund und Will hat im Lazarett mehr grauenvolle Dinge gesehen, als er verkraften kann. Den Heimkehrern fällt die Rückkehr in das normale Leben schwer und ihre Versuche, sich wieder in eine Gesellschaft zu integrieren, die schon längst nicht mehr den Hurra-Patriotismus der ersten Kriegstage verbreitet, verlaufen unterschiedlich erfolgreich…
Zuerst einmal ist „Home Of The Brave“ kein Kriegsfilm, wer ästhetische Bleigewitter wie in Ridley Scotts Black Hawk down erwartet, der wird nicht auf seine Kosten kommen. Die Kampfszenen im Irak nehmen nur einen kleinen Teil der Handlung ein, überwiegend beschäftigt sich der Film mit der Frage des Danach. Insofern ist er auch kein Anti-Kriegsfilm, der Regisseur stellt nicht direkt den Krieg an sich in Frage, aber er will zeigen, was Krieg aus Menschen macht. Die Beurteilung, ob dies den Einsatz rechtfertigt, überlässt Winkler dem Zuschauer. Dabei lässt er jede Seite zu Wort kommen, so sehen alle Kriegsteilnehmer ihren Einsatz in diesem Krieg auch rückwirkend als sinnvoll und nötig an, aber es gibt im Charakter von Wills Sohn Billy (Sam Jones III) auch einen vehementen Kriegsgegner, der mit einem „Buck Fush“-T-Shirt herumläuft; eine erstaunliche Wendung in den seit Independence Day stetig vermehrten patriotischen Untertönen vieler Hollywood-Produktionen. In einer Szene fragt Will (Samuel L. Jackson) seinen Sohn, ob dieser wütend auf ihn sei wegen des Krieges oder wegen der Tatsache, dass Will an diesem teilgenommen habe. „Beides!“, antwortet ihm dieser und dies zeigt eine bis dato in dieser Form noch nicht wiedergegebene Stimmung, die der amerikanische Film als Spiegel der Gesellschaft jetzt aufgreift.
So ist es sicher kein Zufall, dass in der vom US-Militär angebotenen psychologischen Selbsthilfegruppe, an der Jamal (Curtis „50 Cent“ Jackson) und Tommy (Brian Presley) teilnehmen, auch ein Vietnam-Veteran sitzt. Diese Szenen und einige andere wie das Erschießen einer Unschuldigen durch einen US-Soldaten, wenn auch im Affekt, oder ein gemeiner Bombenleger, der Vanessa grinsend in die Luft sprengt und damit auch noch davonkommt, sind zwar im Film nur Randnotizen, aber in ihrer Gesamtheit haben sie wohl nicht unerheblich dazu beigetragen, dass dem Film in den USA zum Teil vernichtende Kritik entgegenschlug. Dabei erzählt Regisseur Irwin Winkler in erster Linie eine ganz andere Geschichte, will eher persönlich als politisch sein und orientiert sich dabei massiv an William Wylers 1946 entstandenem „Die besten Jahre unseres Lebens“, der eine ähnliche Thematik mit dem Hintergrund des Zweiten Weltkriegs aufweist. In diesem Film kehrt u.a. einer der Soldaten mit einer Stahlzangenhand aus dem Krieg zurück und die Parallelen zum Schicksal Vanessas (Jessica Biel) sind offenkundig, auch wenn sie eine Plastikprothese trägt. Wylers Film erhielt damals den Oscar als bester Film des Jahres. Insofern wollte Winkler bei diesem schwierigen Thema wohl auf eine sichere Geschichte setzen und es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass gerade die Geschichte jetzt viel kritisiert wird.
Aber die Kerngeschichte des Films ist nicht das Problem, sondern die Umsetzung. Irwin Winkler ist kein Meisterregisseur wie William Wyler. Seine Leistungen liegen bei der Produktion, hier hat er zum Beispiel als Produzent von Filmen wie Rocky, GoodFellas oder Wie ein wilder Stier Großes vollbracht. Seine bisherigen Ausflüge in das Regiefach („Das Netz“, Das Haus am Meer, De-Lovely) sind dagegen eher Durchschnittsware. Auch „Home Of The Brave“ bietet Kritikpunkte, sowohl bei Winklers Bildern als auch den von Mark Friedman geschriebenen Dialogen. Wenn Vanessa (Jessica Biel) schön geschminkt und gut frisiert in den Krieg zieht, oder sie sich mit Tommy (Brian Presley) eine stereotype Unterhaltung darüber gönnt, dass alles in der Heimat so fremd sei und keiner der Leute hier sie verstehe, dann windet man sich schon gewaltig im Kinosessel. Will (Samuel L. Jackson) wird zum Säufer und Jamal (Curtis „50 Cent“ Jackson) zum Psychopathen, eine diffizilere Figurenzeichnung wie sie zum Beispiel in Hal Ashbys Klassiker „Coming Home“ geschieht, wird einige Male platten Bildern geopfert. Aber der Film hat auch starke Momente. Wenn Vanessa aus der Dusche kommt und die fehlende Hand in krassem Gegensatz zu ihrer restlichen Erscheinung steht, dann verfehlt dies seine Wirkung nicht. Und wenn Will gesteht, dass sein größtes Problem nicht die sterbenden Soldaten auf dem Operationstisch waren, sondern die Tatsache, dass ihn dies in keinster Weise berührt hat, dann kommt Winkler dem Schrecken des Krieges, nämlich dem Verlust der Menschlichkeit, schon sehr nahe.
Dass gerade Szenen mit Jessica Biel und Samuel L. Jackson am meisten nachwirken, ist bei der eher mäßigen Besetzung nicht verwunderlich. Curtis „50 Cent“ Jackson (Jamal) ist ein Totalausfall, ob er nun eine Zivilistin erschießt oder in einer Imbissbude sitzt, das Minenspiel ist immer dasselbe. Definitiv ist er in der Musik besser aufgehoben und es muss schon verwundern, dass Winkler die Rolle an ihn vergeben hat. Brian Presley (Tommy) ist zwar besser, aber auch er bleibt blass und hat auch noch die undankbare Aufgabe, einige der schlechtesten Sprüche des Films zum Besten geben zu müssen. Überraschend sind dagegen die schauspielerischen Leistungen der beiden wichtigsten Frauen. Bei Jessica Biel (Vanessa) ist ein klarer Aufwärtstrend zu erkennen, sie ist bestimmt nicht die begnadetste Schauspielerin der Welt, aber seit ihren durchwachsenen Leistungen in Blade: Trinity und Stealth hat sie einiges dazugelernt. Schon in The Illusionist schlug sie sich besser und diese Weiterentwicklung ist auch bei „Home Of The Brave“ erkennbar. Absolut überzeugend ist Victoria Rowell, eine eher in amerikanischen Serien spielende Schauspielerin („Diagnose - Mord“) in ihrer Nebenrolle als Wills Frau. Sie spielt fast Samuel L. Jackson an die Wand, was nicht einfach ist, denn dieser agiert gewohnt souverän.
Schade eigentlich. „Home Of The Brave“ versinkt im Mittelmaß. Aber so schlecht, wie viele ihn machen wollen und allein der Titel es erwarten lässt, ist der Film auch nicht. Ein kleiner, aber couragierter Schritt Winklers in eine etwas kritischere Betrachtungsweise der Geschehnisse; ein Film über die Inhumanität des Krieges, manchmal etwas zu dick aufgetragen, aber streckenweise auch berührend. Oder um es mit dem am Ende des Filme eingeblendeten Zitat des Philosophen Niccolò Macchiavelli zu sagen: „Man kann einen Krieg beginnen, aber niemals beenden, wenn man will.“