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    The Crow - Die Krähe
    Kritik der FILMSTARTS-Redaktion
    3,5
    gut
    The Crow - Die Krähe
    Von Christian Horn

    „The Crow“ von Alex Proyas (Dark City) wird von vielen Kinoliebhabern als Kultfilm gehandelt, was in erster Linie wohl an seiner stilistischen Umsetzung und der Tatsache liegt, dass Hauptdarsteller Brandon Lee während der Dreharbeiten versehentlich getötet wurde. Die auf einer Comicvorlage von James O’Barr basierende Rache-Story wird in einem apokalyptischen Detroit erzählt, das an Frank Millers Sin City erinnert: ein Moloch, in dem Verbrechen und Gewalt vorherrschen und das Schicksal des Einzelnen im allgemeinen Elend untergeht. In „The Crow“ ist es immer Nacht, nicht ein Sonnenstrahl durchbricht das düstere Setting. Selbst der Protagonist Eric Draven, gespielt von Brandon Lee (Bruce Lees Sohn), trägt eine Ledermontur, die düsterer kaum sein könnte, dazu ein weiß geschminktes Gesicht, lange Haare und einer Krähe als Begleitung. Wenn der Film dann allerdings in melodramatische Momente mündet, offenbart er seine fehlende Substanz und die Oberflächlichkeit seiner Charaktere. Nur wenn es um den eigentlichen Kern der Story geht, nämlich Eric Dravens kompromisslosen Rachefeldzug, kann Proyas Film vollends überzeugen.

    Die Geschichte beginnt in „Der Nacht des Teufels“, der Nacht vor Halloween, in der Detroit sich in einer Art Ausnahmezustand befindet. Verbrecherbanden legen unzählige Brände und stürzen die Stadt in ein allgemeines Chaos. In dieser Nacht werden auch Eric Draven und seine Verlobte Shelley (Sofia Shinas) von einer Gang in ihrer Wohnung brutal ermordet – nur einen Tag vor der geplanten Hochzeit. Genau ein Jahr später, wiederum in der „Nacht des Teufels“, bringt eine Krähe Dravens Seele zu dessen Grab und der junge Rock-Musiker kehrt ins Leben zurück. Die Erinnerung an das grausame Verbrechen lebt wieder auf. Draven, der in seinem zweiten Leben unverwundbar ist, startet seinen persönlichen Rachefeldzug, spürt die einzelnen Gangmitglieder auf und tötet einem nach dem anderen. Die Gangster bleiben dabei durchweg blass und weisen als markanteste Note ihre klingenden Spitznamen auf: „Tin Tin“, „T-Bird“, „Skunk“ oder „Funboy“. Der ermittelnde Polizist Sergeant Albrecht (Ernie Hudson) lüftet nach und nach das Geheimnis des dunklen Rächers. Daneben spielt Dravens Nichte Sarah (Rochelle Davis) eine Rolle; ihr Verhältnis zur drogensüchtigen Mutter wird ebenso thematisiert wie das zu den beiden Mordopfern.

    Die Atmosphäre ist dermaßen düster und konsequent bedrohlich, dass „The Crow“ den Betrachter trotz der simpel gestrickten Rache-Story von Anfang an gefangen nimmt. Lediglich in den Ruhepausen, in denen Draven mit Albrecht über sein Trauma spricht oder der kleinen Sarah gut zuredet, verliert der Film an Fahrt und stößt weitgehend auf Desinteresse. Sarah wirkt als zweite wichtige Filmfigur zu wenig in der Geschichte verankert. Ein Umstand, der auch nicht besser wird, als deren Mutter ins Spiel kommt. Allzu aufgesetzt wirkt die Bekehrung der Mutter durch Draven, der ihr die Augen öffnet und sie von den Drogen losreißt. Natürlich sind diese Figuren aus der Comicvorlage entlehnt und haben daher eine Berechtigung in der Verfilmung aufzutauchen, aber dann hätte das Drehbuch ihnen auch mehr Tiefe und Glaubwürdigkeit verleihen müssen. Ähnlich geht es der Rolle des Polizisten, auch ihm fehlt ein stärkerer Bezug zu den Ereignissen. Seine Ersatz-Vaterschaft für Sarah und die emotionale Bindung an den Fall Draven hängen unübersehbar in der Luft.

    Und auch der Cast kann nicht vollends überzeugen: Michael Wincott (Robin Hood – König der Diebe, Dead Man) bleibt als Oberbösewicht „Top Dollar“ sehr blass und auch seine Untergebenen bieten kaum Charisma oder Wiedererkennungswert. Lediglich Bai Ling (Sky Captain And The World Of Tomorrow, Dumplings) bleibt als eiskalte Killerlady im Gedächtnis haften. Und Brandon Lee kann zwar ein gefühlloses Rächer-Gesicht aufsetzten, den dialoglastigeren und melodramatischen Szenen ist er allerdings kaum gewachsen – ein höchst mittelmäßiges Schauspieltalent.

    Am besten funktioniert der Film, wenn er seine Darsteller durch die dunklen Straßen hetzt und Eric Draven seinem Drang nach Rache nachgeht. Der Rock-Soundtrack unterstützt dabei die atmosphärischen Bilder und die konsequente Brutalität: Auge um Auge, Zahn um Zahn – der Bibelspruch mit der linken und rechten Backe spielt in „The Crow“ keine Rolle mehr. Mit Messern, Schusswaffen, Explosionen und Schwertern dezimiert Draven sehr effektreich seine Mörder, stets in Begleitung der Krähe. In einer ausgedehnten Schießerei wütet der untote Rächer im Hauptquartier der Bande, eine Waffe in jeder Hand, mit Zeitlupen und herumwirbelnden Holz- und Glassplittern – ganz so, wie in den Filmen von John Woo (als dieser noch gut war). Das Finale findet dann in und auf einer Kirche statt – ohne bombastische Effekte, ein Kampf Mann gegen Mann. Zwischen den Vollstreckungen wird Draven immer wieder von traumatischen Erinnerungen an die Nacht des Verbrechens eingeholt, die die lebensbedrohliche Stimmung in Detroits apokalyptischen Straßen noch verstärken.

    Insgesamt bleibt ein leicht zwiespältiger Eindruck: Während die düstere Atmosphäre überzeugen kann, stehen die dramatischeren Handlungsstränge im luftleeren Raum. Denn da fällt auf, dass die Figuren weder raffiniert ausgearbeitet, noch besonders gut gespielt sind. Aber schon die liebevollen Dekors lassen die Negativaspekte der Umsetzung nicht dominierend werden und „The Crow“ deutlich aus dem durchschnittlichen Einheitsbrei herausragen. In erster Linie ist Alex Proyas Film nämlich ein rabenschwarzer Gothik-Trip durch ein trostloses Setting inklusive Gewalt, Drogen und menschlichen Abgründen. Und da funktioniert er auch ganz hervorragend.

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