Für „College Humour” haben sich der Künstler Paul Westover und der Autor Willie Muse zusammengetan und einmal die schrecklichen Details aus den Märchen-Vorlagen von Disney-Klassikern ein bisschen bildlicher gestaltet...
„Arielle“
Die Disney-Version: In „Arielle, die Meerjungfrau“ (1989) verliebt sich die Titelheldin in den Menschen Eric. Um ihn für sich zu gewinnen, geht sie einen Pakt mit der Meerhexe Ursula ein: Sie tauscht ihre Stimme gegen menschliche Beine, wobei sie innerhalb von drei Tagen einen Kuss von einem Prinzen bekommen muss, ansonsten verliert Arielle neben ihrer Stimme auch noch ihre Seele. Am Ende schenkt Vater Triton ihr auf Dauer eine menschliche Gestalt und gibt ihr außerdem ihre Stimme zurück… Und so grausam war's vorher: Die Geschichte von der kleinen Meerjungfrau basiert auf der mythologischen Figur der Undine und wird seit Jahrhunderten immer wieder literarisch verarbeitet. Die bekannteste (und auch nicht weiter schlimme) Version stammt von Hans Christian Andersen. Noch ältere Geschichten von der kleinen Meerjungfrau sind hingegen zum Teil extrem brutal: So wird der Meerjungfrau hier nicht nur die Stimme genommen, sondern auch noch direkt die Zunge rausgeschnitten - wie soll sie den Prinzen so überhaupt küssen? Zudem schmerzt jeder ihrer Schritte, als würde sie mit nackten Füßen über Glasscherben laufen. In anderen Fassungen heiratet der Prinz wiederum eine andere Frau, woraufhin die Meerjungfrau zurück in die Unterwasserwelt will - das geht jedoch nur, wenn sie den Prinzen vorher tötet. Da sie das aber nicht übers Herz bringt, stürzt sie sich in die Fluten und verwandelt sich in Schaum.
„Mulan“
Die Disney-Version: Als der Kaiser erfährt, dass Mulan in Wahrheit eine Frau ist und sich die ganze Zeit nur als Mann ausgegeben hat, ehrt er die tapfere Kriegerin und Mulan wird in ganz Peking gefeiert. Nun kann das Mädchen endlich nach Hause zu ihrer Familie zurückkehren und ihr Vater schließt sie überglücklich und stolz in seine Arme. Und so grausam war's vorher: In der chinesischen Ballade, die die Vorlage zu „Mulan“ bildet, nimmt alles einen ganz anderen, viel tragischeren Verlauf. Denn dort erfährt Mulan bei ihrer Rückkehr, dass ihr Vater seit Langem tot ist und ihre Mutter längst einen anderen Mann geheiratet hat. Auch wird sie zu allem Übel auch noch zur Konkubine des Khans erwählt und sieht nur einen Ausweg, ihrem Schicksal zu entkommen: Sie begeht Selbstmord!
„Pinocchio“
Die Disney-Version: Der Tischler Geppetto wünscht sich in „Pinocchio“ einen Sohn. Also schnitzt er sich eine Holzmarionette, die er Pinocchio nennt und die durch den Zauber einer Fee zum Leben erwacht. Die kleine Grille Jiminy soll auf Pinocchio aufpassen, denn der kleine Holzkopf gerät von einer verfänglichen Situation in die nächste. Am Ende besinnt sich Pinocchio eines besseren und rettet seinen Vater aus dem Bauch eines Wals. Die Fee verwandelt ihn als Belohnung in einen echten Jungen aus Fleisch und Blut… Und so grausam war's vorher: In den Geschichten des Italieners Carlo Collodi, der die Erzählungen von dem hölzernen Bengel schrieb, geht es etwas ruppiger zur Sache: Um den lästigen Ratschlägen von Jiminy zu entgehen, haut Pinocchio die arme Grille einfach mit einem Hammer platt. Anschließend lässt er sich mit schlimmen Gesellen ein, landet im Gefängnis und entkommt nur knapp dem Tode.
„Schneewittchen“
Die Disney-Version: Die eifersüchtige Stiefmutter kann es in „Schneewittchen und die sieben Zwerge“ nicht ertragen, dass Schneewittchen schöner und anmutiger ist als sie. Deshalb beauftragt sie einen Jäger, der dem Mädchen den Garaus machen soll. Der lässt das Mädchen jedoch aus Mitleid ziehen. Irgendwann stöbert die Stiefmutter Schneewittchen in einer Zwergen-WG auf und füttert sie mit einem vergifteten Apfel. Ein Kuss des Prinzen kann den Zauber aber brechen und Schneewittchen erwacht wieder zum Leben… Und so grausam war's vorher: Um ganz sicher zu sein, dass Schneewittchen von dem Jäger getötet worden ist, verlangt sie als Beweis die Leber und das Herz des Mädchens, die sie außerdem verspeisen möchte. Der gutmütige Jäger servierte der eifersüchtigen Königin aber stattdessen die Organe eines Wildschweins. Am Ende ist es hier auch nicht der Kuss des Prinzen, der Schneewittchen wieder auferstehen lässt, stattdessen lässt der Prinz nur ihren gläsernen Sarg fallen, woraufhin Schneewittchen das in ihrem Hals steckende Apfelstückchen wieder herauswürgt. Die böse Stiefmutter bekommt am Ende auch noch ordentlich ihr Fett weg: Man zwingt sie, auf der Hochzeit von Schneewittchen und dem Prinzen in glühenden Schuhen zu tanzen, bis sie Tod umfällt.
„Rapunzel“
Die Disney-Version: Wegen ihres magischen Haares wurde Rapunzel in Disneys Animations-Hit „Rapunzel – Neu verföhnt“ bereits als Baby von der bösen Mutter Gothel entführt und in einen abgelegenen Turm gesperrt. Inzwischen ist Rapunzel 18 Jahre alt und ihr wallend blondes Haar hat eine stolze Länge von mehr als 20 Metern erreicht. Ihr größter Wunsch ist es, einmal die Welt da draußen zu erkunden. Die Chance hierzu klettert in Form des Diebes Flynn Rider durchs Fenster. Ihm luchst Rapunzel das Versprechen ab, sie durchs Land zu führen, als Gegenleistung soll er ein wertvolles Diadem erhalten. Bei ihrer abenteuerlichen Reise kommen sich der charmante Ganove und die unbedarfte Prinzessin unweigerlich näher… Und so grausam war's vorher: Als die Hexe von der Beziehung zwischen Rapunzel und einem Prinzen erfährt, schneidet sie ihrer Ziehtochter die Haare ab und verbannt sie in die Wildnis. Anschließend verkleidet sie sich als Rapunzel und verhöhnt den verliebten Prinzen so sehr, bis er aus dem Fenster des Turms springt, wobei er sich an den Dornen eines Busches so sehr verletzt, dass er fortan ziellos durch die Gegend wandert. (Im Gegensatz zu einigen anderen brutalen Märchen gibt es hier aber zumindest noch ein echtes Happy End: Der blinde Prinz hört zufällig den Gesang der verbannten Rapunzel und ihre Tränen heilen seine Augen.)
„Hercules“
Die Disney-Version: In „Hercules“ erfährt die Titelfigur, dass er eigentlich der Sohn der Götter Zeus und Hera ist und als Baby von Hades‘ bösem Bruder Hades verschleppt wurde. Obwohl er unter normalen Menschen aufgewachsen ist, zieht es Hercules zurück in den Olymp, wo seine wahren Eltern leben. Dorthin darf er aber nur, wenn er zuvor große Aufgaben bewältigt und so beweist, dass er ein wahrer Held ist. Und so grausam war's vorher: Von klein auf muss sich Herkules, Sohn des fremdgehenden Göttervaters Zeus und der menschlichen Alkmene, mit der eifersüchtigen Frau seines Vaters herumschlagen. Eines Tages überkommt ihn durch Heras böses Zutun sogar der Wahnsinn und ohne wirklich zu wissen, was er tut, erschlägt er seine Frau Megara und ihre drei gemeinsamen Kinder. Um seine schrecklichen Taten zu sühnen, muss er nun zwölf Arbeiten bewältigen – und zwar die meiste Zeit über vollkommen nackt.
„Aschenputtel“
Die Disney-Version: Auf der Suche nach der geheimnisvollen Schönen, die um Mitternacht abrupt den Ball verlies, lässt der Prinz in „Cinderella“ von 1950 alle ledigen Frauen im Königreich den zurückgelassenen gläsernen Schuh anprobieren, um so die Besitzerin ausfindig zu machen. Cinderella wird von ihrer fiesen Stiefmutter eingesperrt, damit sie nicht an der Anprobe teilnehmen kann. Doch die riesigen Treter ihrer fiesen Stiefschwestern passen nicht in den zierlichen Pantoffel. Cinderella kann sich aus ihrem Gefängnis befreien und so doch noch das Herz des Prinzen gewinnen. Und so grausam war's vorher: Damit sie in den gläsernen Schuh schlüpfen können, schneidet sich eine der Stiefschwestern den großen Zeh ab und die andere eine Ferse. Aber der Ruf der Tauben warnt den Prinzen gerade noch rechtzeitig vor den Hochstaplerinnen und er findet doch noch sein wahres Aschenputtel. So heißt es zumindest in der Urfassung des Märchens nach Ludwig Bechstein aus dem Jahre 1812. Die Gebrüder Grimm verraten in ihrer Version zusätzlich noch, welche Strafe die bösen Stiefschwestern erwartet: Auf der Hochzeit von Aschenputtel und dem Prinzen picken die hilfreichen Tauben ihnen die Augen aus.
„Aladdin“
Die Disney-Version: Aladdin und sein Äffchen Abu werden von dem hinterlistigen Jafar gebeten, für ihn eine Lampe aus einer Höhle zu beschaffen. Als er feststeckt, reibt Aladdin an der Lampe und ein Flaschengeist erscheint, der ihm drei Wünsche gewährt. Aladdin will nichts anderes, als die schöne Prinzessin Jasmin zu heiraten, aber Jafar versucht wiederholt, ihm die Lampe doch noch abzuluchsen. Am Ende erlaubt der Sultan Aladdin, seine Tochter zu heiraten – und Jafar wird in die Lampe gesaugt. Und so grausam war's vorher: Aladin (mit einem „d“) ist im Original keinesfalls so ein netter Kerl wie im Disney-Märchen, sondern ein egoistisches Arschloch: Mit seinen drei Wünschen beschafft er sich Reichtum, ein Schloss und die Prinzessin – anschließend tötet er noch einen Zauberer und dessen Bruder, die ihm seine Macht streitig machen wollen. Und so lebt Aladin glücklich und stinkreich bis ans Ende seiner Tage…
„Tarzan“
Die Disney-Version: In „Tarzan“ scheinen sich die Wege von Tarzan und Jane endgültig zu trennen, als Jane an Bord eines Schiffes in Richtung England geht. Ermutigt von ihrem Vater, hat sie allerdings gerade noch rechtzeitig einen Sinneswandel und springt über Bord: Sie hat erkannt, dass sie Tarzan liebt und für immer bei ihm im Dschungel bleiben will. Und so grausam war's vorher: Als seine große Liebe Jane in dem Roman „Tarzan bei den Affen“ von Edgar Rice Burroughs den Dschungel verlässt und in Richtung ihrer Heimatstadt Baltimore aufbricht, fackelt Tarzan nicht lange: Er lässt den Dschungel hinter sich und reist ihr hinterher.Als er die Schöne nicht in Baltimore antrifft, folgt er ihr sogar bis nach Wisconsin. Dort muss er aber direkt eine bittere Pille schlucken, denn Jane ist mittlerweile mit einem anderen Mann verlobt. Tarzan zieht sich zurück, um das Glück seiner geliebten Jane nicht zu zerstören.
„Dornröschen“
Die Disney-Version: Von der bösen Fee verflucht, fällt Aurora in dem Disney-Klassiker von 1959 nach einem Piekser an ihrer Spindel in einen tiefen Schlaf. Der tapfere Prinz Philip kämpft sich durch die dicke, seit einem Jahrhundert gewachsene Dornenhecke und weckt die Schlafende mit einem Kuss… Und so grausam war's vorher: Von einem Märchenprinzen, der das schlafende Mädchen sanft wachküsst, ist in der Originalgeschichte keine Rede. In der Urfassung aus dem 17. Jahrhundert, „Sonne, Mond und Thalia“ von Giambattista Basiles, vergewaltigt der Prinz die Schlafende und macht sich aus dem Staub. Das Mädchen bringt noch im Tiefschlaf Zwillinge auf die Welt und erwacht erst, als ihre Tochter ihr den Dorn aus dem Finger saugt. Als Dornröschen den Vater ihrer Kinder auftreibt, muss sie feststellen, dass der Vergewaltiger inzwischen eine andere Frau geheiratet hat. Und diese ist derart eifersüchtig, dass sie Dornröschens Zwillinge kochen und zum Abendessen servieren lassen will.