Von nun an bin ich auf Saurons Seite!
Da ist sie nun, die lang ersehnte Serie von „Der Herr der Ringe“. 2022 erschien nach langer Wartezeit die erste Staffel von „Die Ringe der Macht“. Eine Staffel, die bereits im Vorfeld für Schlagzeilen sorgte, denn Amazon bezahlte eine Milliarde (!) Dollar für dieses Projekt. Die teuerste Serie aller Zeiten! Ein Viertel davon wurde allein für die Rechte von Tolkien hingeblättert. Viel Geld wurde also bezahlt, um eine der größten Serien aller Zeiten zu produzieren, die von „Games of Thrones“ inspiriert neue Maßstäbe setzen sollte. Die Kritiker loben Staffel 1, aber bei Fans ist das Ganze grandios gescheitert. Völlig zurecht, wie auch ich finde. „Die Ringe der Macht“ ist in meinen Augen eine absolute Katastrophe, ein gescheitertes Projekt, ein peinliches Ergebnis dafür, dass so viel Geld hingeschmissen wurde. Und ohne zu übertreiben, kann ich sagen, dass dies die schlechteste Serie ist, die ich je gesehen habe. Und das nicht, weil sie technisch schlecht gemacht ist, sondern weil sie so unfassbar langweilig ist, dass ich mich jetzt schon kaum an irgendwas erinnern kann.
Wir befinden uns in Mittelerde, viele Jahrhunderte vor den Ereignissen von „Der Hobbit“ und „Der Herr der Ringe“ und verfolgen mehrere Hauptstorys, darunter eine sehr junge Galadriel und ein ebenso junger Elrond. Der finstere Sauron lungert irgendwo und Galadriel ist fest entschlossen ihn zu finden. Doch ihre Elbenkollegen glauben nicht daran. Währenddessen treffen die Vorfahren der Hobbits, die Harfüße auf einen Mann, der vom Himmel gefallen ist…
Kurz vorweg: Ich werde spoilern, aber viel gibt es nicht zu verraten in dieser Show, da fast alles unfassbar vorhersehbar ist.
Wo beginne ich nur? Peter Jacksons erste Trilogie ist bis heute ein Meilenstein in der Filmgeschichte und unantastbar. Er selbst konnte mit den „Hobbit“-Filmen nicht mal ansatzweise an sein Meisterwerk heranreichen. Und als ich schon Mittelerde vergessen hatte, erschien diese Serie. Bei einer Milliarde Dollar wird man ja wohl erwarten, dass alle filmischen Bereiche erste Sahne sind. Nun technisch ist das Ganze ganz nett anzusehen, auch wenn einige CGI-Effekte wirklich peinlich sind für eine Show mit diesem Kaliber. Andere Effekte sehen deutlich besser aus. Die Musik von Bear McCreary ist vielleicht das Beste an dieser Serie, sehr frisch und in Tradition von Howard Shore (der übrigens das Hauptthema für die Serie komponierte). Die Kostüme und die Frisuren der Figuren jedoch sind viel zu modern in meinen Augen.
Die Action ist bestenfalls ok, viel zu übertrieben an vielen Stellen. Dafür nutzte man endlich wieder Makeup für die Orcs und kein CGI, ein Pluspunkt.
Auch das Casting ist sicherlich nicht schlecht, doch zeigen können diese Schauspieler*innen nichts. Niemand sticht heraus, wenn überhaupt Owain Arthur als Zwerg Durin, aber der hat auch eine dankbare Rolle. Die Zwerge sind oftmals die Figuren, die etwas extrovertierter agieren dürfen und damit aus dem langweiligen Sumpf der anderen Charaktere herausstechen können. Doch Morfydd Clark als Galadriel etwa ist nicht nur extrem blass, sondern leider auch extrem unsympathisch, was aber auch an dem Drehbuch liegt. Robert Aramayo als Elrond hat da nur selten bessere Karten. Andere hingegen sind in meinen Augen wirklich schlecht in ihrer Schauspielkunst. Tyroe Muhafidin ist dabei in meinen Augen die unangefochtene Spitze als junger Theo. Nicht nur, dass er in meinen Augen die schlimmste Figur in der Serie ist, ich habe ihm auch kein einziges Wort geglaubt.
Doch es ist gerade das eben genannte Drehbuch, das sicherlich das größte Problem darstellt. Bei so einem gigantischen Budget erwartet man doch, dass nur die besten Screenwriter an dieses Projekt ran dürfen. Stattdessen engagierte man zwei Leute, die vorher noch nie wirklich etwas derartiges geschrieben hatten: J. D. Payne und Patrick McKay. Beide sagten in einem kürzlichen Interview, dass dies für sie ein Herzensprojekt war und es nie um Geld ging. Das ist aufgrund einiger Gründe nur schwer zu glauben. Erstens: die Serie basiert auf drei der einflussreichsten Fantasy-Filmen aller Zeiten und wäre in keinem Universum nötig gewesen. Niemand (außer vielleicht den Hardcore-Fans) braucht die Vorgeschichte zu „Der Herr der Ringe“, aber Amazon kaufte mit viel Geld die Rechte und produzierte die Serie. Und ihnen ist sicherlich egal, wer die Serie kreiert, denn am Ende will man Zuschauer haben, viel Zuschauer. Zweitens: Wenn es wirklich so ein Herzensprojekt gewesen ist, warum ist das Endergebnis eine der langweiligsten und vorhersehbarsten Storys, die man sich vorstellen kann? Was an dieser Geschichte ist besonders, was sticht heraus? Die Antwort ist einfach: Nichts! Diese Serie schuf unfassbar langweilige Storys und unsympathische Figuren. Nahezu alle Figuren, die offenbar die Helden darstellen sollen, wirken eher wie die Bösen. Das ist kein Witz, sondern fühlt sich tatsächlich so an. Galadriel ist das Paradebeispiel: Ihre aggressive und radikale Natur machen aus ihr ohne Übertreibung den wahren Antagonisten der Show. Das ist nicht Galadriel aus „Der Herr der Ringe“. Dieser billige Figuren-Abklatsch suhlt sich in einem vorgetäuschten Feminismus, der auch schon Filme wie das „Mulan“-Remake ruiniert haben. Auch die Harfüße, die als „lustige“ Möchtegern-Hobbits die einfachen Gemüter in Mittelerde verkörpern sollen, sind durch und durch falsch. Da singen sie fröhlich, dass sie niemanden zurücklassen, aber nur eine Szene später lassen sie eben ihre Freunde zurück, weil diese sich mit einer mysteriösen Figur aus dem Himmel eingelassen haben. Dabei werden all diese Dinge so unnatürlich und forciert umgesetzt, dass es einem die Schuhe auszieht. Hinzu kommen unfassbar klischee-beladene und fruchtbare Dialoge, die wie Tolkien klingen sollen, aber eher dafür sorgen, dass dieser in seinem Grabe feuchtfröhlich vor sich hin rotiert. Die Serie will dann vor allem mit dem großen Mysterium der Staffel catchen: Wer ist Sauron? Könnte es er oder er sein? Mal abgesehen davon, dass es mich nicht kümmerte, weil mir alle Figuren egal waren, finde ich es armselig, wenn Serien nur diesen einen Köder haben, um Leute zum Weiterschauen zu bringen (wie auch „The Walking Dead“!).
Fazit: Es gibt so viel mehr, was nicht funktioniert, aber das würde den Rahmen dieser Rezension sprengen! „Die Ringe der Macht“ ist keine Serie, sondern ein Produkt. Ein seelenloses Produkt, das mit dem Namen „Der Herr der Ringe“ Zuschauer anlockt und ihnen ein furchtbares und manipulatives Endergebnis vorsetzt. Jeder darf die Serie mögen und sich in dieser Welt verlieren, ich aber empfinde diese doch sonst so gigantische Fantasy-Welt als sehr limitiert und begrenzt. Vor allem aber bleibt neben der Langeweile und der blassen Action die eine Frage: Warum brauchen wir diese Serie eigentlich?