+++ Meinung +++
Ob „Die Schöne und das Biest“, „Aladdin“ oder „Der König der Löwen“: Die Remakes von Animations-Klassikern, die Disney in den vergangenen Jahren produziert hat, sind ein lukratives Geschäft. Die meisten dieser Filme haben mich auch gut unterhalten, „Aladdin“ hat mich sogar begeistert. Doch es gibt eine große Ausnahme: Tim Burtons geflopptes „Dumbo“-Remake (das am heutigen Samstag, dem 24. September 2022, ab 20.15 Uhr auf Sat.1 läuft) ist über weite Strecken langweilig und in seinen schlimmsten Momenten sogar unerträglich.
›› "Dumbo" bei Disney+*
Darum geht es in "Dumbo"
„Dumbo“ handelt vom süßen titelgebenden Elefanten, der aufgrund seiner großen Ohren von seinen Artgenossen verstoßen, von den Menschen ausgelacht und von seiner Mutter getrennt wird. Der kleine Rüsselträger leidet sehr darunter, doch dann entdeckt er, dass er durch seine Fehlbildung ein ganz besonderes Talent hat, und wird allen Widrigkeiten zum Trotz doch noch zum Helden. Eine herzzerreißende Geschichte – die im Remake aber stark in den Hintergrund rückt.
Lasst euch vom Titel nicht täuschen: In „Dumbo“ von 2019 geht es erstaunlich wenig um Dumbo. Stattdessen geht es um den ehemaligen Zirkusstar Holt Farrier (Colin Farrell), der im Ersten Weltkrieg einen Arm verlor und nun wieder an seine glorreichen Zeiten als Kunstreiter anknüpfen möchte. Es geht um dessen Kinder, die nun als Sprachrohr für Dumbo fungieren. Und es geht um den Zirkus von Max Medici (Danny DeVito), der kurz vor dem finanziellen Bankrott steht und deshalb gezwungen ist, mit dem schmierigen Unternehmer V.A. Vandevere (Michael Keaton) zusammenzuarbeiten.
Zu wenig Dumbo
Ihr könnt es bei der obigen Beschreibung schon fast erahnen: Der im Vergleich zum gerade mal einstündigen Original fast doppelt so lange Film eröffnet leider zu viele unnötige Nebenschauplätze.
Zwar lässt sich die Handlung des Films rund um einen auf Vergnügungsparks spezialisierten Großkonzern, der sich die kleinere Konkurrenz einfach einverleibt, als frecher Seitenhieb von Regisseur Tim Burton gegen Disney selbst verstehen. Das ist aber höchstens als kleiner Meta-Gag am Rande interessant. Die plumpe „Großkonzerne sind böse“-Botschaft ist über die gesamte 110-minütige Laufzeit des Films sehr eindimensional, vorhersehbar und langweilig – daran können auch die großen Stars wie Farrell, DeVito, Keaton und Eva Green nichts ändern.
Die Stars hätte es auch gar nicht gebraucht, schließlich sollte es in „Dumbo“ vor allem um den kleinen Elefanten gehen. Das Remake ist immer dann am besten, wenn der computeranimierte Elefant selbst im Mittelpunkt steht. Dumbo sieht fantastisch aus, ist noch süßer als das Original und wirkt trotz seiner überdimensionierten Ohren sehr echt.
Wenn Dumbos Augen glänzen, er den Rüssel fallen lässt und seine Schlappohren deprimiert nach unten fallen, dann kommen viel mehr Emotionen bei mir an, als bei den ganzen menschlichen Konflikten drumherum. Das ist aber auch der einzige Punkt, den ich am Remake loben kann, denn selbst, wenn Dumbo im Rampenlicht steht, bleibt er dort selten allein.
Eine unerträgliche Nervensäge
Der Grund, warum mich „Dumbo“ nicht nur gelangweilt, sondern sogar regelrecht genervt hat, waren die Kinderfiguren, die den Titelhelden auf nahezu jedem Schritt begleiten. Holts Sohn Joe (Finley Hobbins) ist noch ganz okay, allerdings könnte der Film auch komplett auf ihn verzichten. Denn er bekommt kaum etwas zu tun und ist meist nur das Anhängsel seiner älteren Schwester Milly (Nico Parker) – und die ist für mich eine der nervigsten Figuren der jüngeren Kinogeschichte.
Denn anstatt wie im Original den ausdrucksstarken Elefanten mit Mimik und Körperhaltung für sich selbst sprechen zu lassen, stellt das Remake Milly daneben, die einfach alles kommentiert, was Dumbo gerade denkt oder fühlt.
Tim Burton missachtet damit das gerade für visuelle Medien so mächtige „Show, don't tell“-Prinzip (auf Deutsch: Zeig' es und erzähl' es nicht!). Dem Publikum wird wertvoller Interpretationsspielraum genommen und obendrein wirkt Milly, die wohl als Identifikationsfigur für die jungen Zuschauer*innen dienen soll, dadurch auch noch extrem unsympathisch, weil besserwisserisch.
Dieser Eindruck wird sogar noch dadurch verstärkt, dass die Jungdarstellerin Nico Parker mit ihrem steifen Schauspiel wirkt, als hätte sie sich die Körperhaltung von Sheldon Cooper aus „The Big Bang Theory“ abgeschaut – was bei einer Sitcom ganz lustig ist, wird aber in der dramatischen Handlung von „Dumbo“ zum Problem, weil die Emotionen der jungen Schauspielerin dadurch nicht echt wirken.
„Dumbo“ ist zu einem großen Teil langweilig, weil die Geschichte um den Elefanten herum nicht packt, und wenn der tolle Titelheld dann doch mal auftaucht, gehen einen die unnötigen Kommentare der vorlauten Tochter auf die Nerven. Selten hat mich ein Disney-Film so gequält...
DumboDies ist eine Wiederveröffentlichung eines bereits auf FILMSTARTS erschienenen Artikels.
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