+++ Meinung +++
Was für ein Glück, dass es DVDs, Blu-rays und Streamingdienste gibt. Sie sind nämlich die Pfade, die uns zu Filmen führen, egal welches Datum gerade ist. Denn so schön der Pfad namens „Kino“ sein mag und so praktisch der Pfad namens „Fernsehen“ sein kann – ab und zu werden sie versperrt. Wegen solcher Barrikaden steht der Komödien-Kultklassiker „Das Leben des Brian“ Jahr für Jahr in den Schlagzeilen – denn der unvergleichliche Dauerrenner der Comedytruppe Monty Python ist „nicht feiertagsfrei“.
Daher darf „Das Leben des Brian“ an hohen christlichen Feiertagen nicht im Fernsehen gezeigt oder öffentlich aufgeführt werden – obwohl (oder, sind wir ehrlich: gerade weil) er sich an diesen Tagen besonders anbietet. Glücklicherweise gilt diese Regelung nicht für selbst bestimmte Filmnachmittage oder Filmabende, ganz gleich ob sie mittels physischer Medien oder Streaming angeleiert werden. „Das Leben des Brian“ ist derzeit auf Netflix abrufbar und wird es auch an Karfreitag sein – lacht dann beim Anschauen dem lieben Frieden Willen nicht zu laut. Ihr wollt es ja nicht mit etwaigen strenggläubigen Nachbarn verscherzen...
Das ist "Das Leben des Brian"
Jesus (Kenneth Colley) ist ein allseits bekannter Mann. Doch was gerne in Vergessenheit gerät: In unmittelbarer Nachbarschaft zu ihm wurde Brian (Graham Chapman) geboren, der Sohn einer herrischen, keifenden Mutter (Terry Jones), die mehr Scham für ihren Spross verspürt als Liebe für ihn. Während Jesus in seinem Erwachsenenalter durch die Lande zieht, Predigten hält und Wunder vollbringt, verkauft Brian von den Ortsansässigen verhasste, von den römischen Imperialisten eingeführte Snacks wie Ozelotohren.
Als Brian eines Tages Reg (John Cleese) und seine Anhänger der Volksfront von Judäa kennenlernt, ändert sich sein Leben dramatisch – er wird als Volksbefreier und nach einer Kette von Missverständnissen auch als Heiland und Messias gefeiert. Reinstes Chaos bricht aus, und es sieht so aus, als würde Brian auch noch zum Märtyrer werden...
"Always Look on the Bright Side of Life"
Noch bevor Graham Chapman, John Cleese, Terry Gilliam, Eric Idle, Terry Jones und Michael Palin ihren von Ex-Beatle George Harrison mitfinanzierten Film 1979 in die Kinos gebracht haben, war die Entrüstung groß: Die katholische Kirche rief zum Boykott des angeblich gotteslästerlichen Films auf. In einigen anderen Ländern folgten sogar Aufführungsverbote – und in Deutschland darf er trotz zunehmender Proteste gegen diese Regelung weiterhin nicht am jedem Tag gezeigt werden.
Dabei scheut „Leben des Brian“ explizit davor zurück, Jesus Christus durch den Kakao zu ziehen. Stattdessen sind die satirischen Ziele des Films blinde Folgsamkeit, der ständige gesellschaftliche Drang, jegliche Individualität aufzugeben, Doppelzüngigkeit und das Fehlinterpretieren friedlich gemeinter Aussagen – sei es aus Unwissen oder aus böser Absicht. Aber gut, womöglich erklärt sich also doch ganz schlüssig, weshalb einige Kirchenorganisationen und konservative Regierungen Probleme mit dem Film hatten...?
Das sind die besten Osterfilme aller Zeiten„Das Leben des Brian“ ist aber nicht nur ein sehr bissiger Film, der zielgenau über Bigotterie und Unselbstständigkeit herzieht, er ist obendrein unverschämt komisch. Denn obwohl die im täuschend echten Bibelepos-Look gehaltene Komödie eine (weitestgehend) kohärente Geschichte erzählt und sich somit vom sonst sketchartigen Monty-Python-Schaffen abhebt, ist sie ein Non-Stop-Gagfeuerwerk.
Von Streitgesprächen über sich täuschend ähnliche, aber zutiefst verfeindete politischen Gruppierungen über Pontius Pilatus, der mit Sprachfehler von seinem Freund Schwanzus Longus berichtet, bis hin zum freundlichen Verurteilten, der sich aus einer Kreuzigung heraus diskutiert und dann höflich wieder einreiht: „Das Leben des Brian“ ist randvoll mit zitierfähigen Sprüchen und schrägen Einfällen, die sich zurecht als unsterblicher Kult bewiesenen haben.
Dass bei diesem Schnellfeuer auch ein paar Rohrkrepierer dabei sind, wie ein paar lang gezogene Gehässigkeiten, spielt da eine denkbar untergeordnete Rolle – bevor man über einen daneben gegangenen Scherz zu Ende gestöhnt hat, hauen die Pythons den nächsten Volltreffer heraus. Wieso also auf die wenigen, rar gesäten Ärgernisse konzentrieren, wenn man stattdessen die Glanzlichter im Auge behalten kann – wie den zum Dauerrenner mutierten (und erstaunlich oft auf Beerdigungen gespielten) Schlusssong „Always Look on the Bright Side of Life“!
Mehr Musik von Monty Python
Übrigens: Auf Netflix ist „Das Leben des Brian“ aktuell nur im englischsprachigen Original mit optionalen deutschen Untertiteln verfügbar. Zwar empfiehlt es sich sowieso, die britischen Anarcho-Komiker im Original zu genießen, aber solltet ihr euch doch nach der Synchro sehnen (etwa aus nostalgischen Gründen oder schlicht aus einer Laune heraus), so müsst ihr zur DVD oder Blu-ray greifen.
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Einen wahren Monty-Python-Geheimtipp findet ihr leider ebenfalls nicht im Streaming: „Not The Messiah (He's a Very Naughty Boy)“, eine Nacherzählung von „Das Leben des Brian“ als Sinfonieorchester-Konzert im klassisch-galanten Rahmen. Naja, jedenfalls so klassisch und galant, wie ein Abend sein kann, an dem die Monty-Python-Gang ihr Unwesen treibt...
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