Nachdem Disney vor einigen Jahren das Konkurrenzstudio 20th Century Fox aufgekauft hat, war eine der ersten Amtshandlungen, Nachdrehs für den problembehafteten Psycho-Thriller „The Woman In The Window“ anzuberaumen – und ihn dann schließlich trotz der Nachbesserungen an Netflix zu verscherbeln, statt ihn selbst ins Kino zu bringen. Sicherlich keine schlechte Entscheidung, denn trotz der eigentlich großartigen Besetzung mit Amy Adams, Anthony Mackie, Julianne Moore und Gary Oldman wurde die Bestseller-Verfilmung von der Kritik ganz schön verprügelt.
Auch wir waren beim Netflix-Release im Mai 2021 in unserer Kritik mit dem Titel „Schmalspur-Hitchcock mit einem Schuss Möchtegern-Fincher“ alles andere als begeistert von dem Thriller, in dem eine depressive, alkoholkranke und unter Agoraphobie leidende Kinderpsychologin aus ihrem Fenster einen Mord im Haus gegenüber beobachtet:
The Woman In The WindowDer Plot der Verfilmung ist dann auch sehr viel verwirrender als in der Romanvorlage – aber das ist noch nichts im Vergleich zu der Verwirrung, die nun der erste Trailer zur Mini-Serie „The Woman In The House Across The Street From The Girl In The Window“ bei uns ausgelöst hat! Wobei der Trailer längst nicht nur bei uns für reichlich Fragezeichen sorgt – auch in den Kommentaren unter dem Video auf YouTube kommt eine allgemeine Orientierungslosigkeit zum Ausdruck.
Dabei sollte die Sache bei dem Titel doch eigentlich klar sein. Denn solche künstlich-langen Titel, die sich zudem auf einen oder mehrere andere Filme beziehen, werden ja in aller Regel vor allem für Parodien verwendet. So gibt es etwa die Horror-Parodie „Schrei wenn du weisst, was ich letzten Freitag den 13. getan habe“ und in „The 41-Year-Old Virgin Who Knocked Up Sarah Marshall and Felt Superbad About It“ werden die Komödien von Judd Apatow durch den Kakao gezogen.
Macht sich Netflix wirklich über seine eigenen Filme lustig?
Aber dann sieht man den obigen Teaser-Trailer – und ist sich gar nicht mehr so sicher. Klar, Kristen Bell („Veronica Mars“) kennen wir schon eher aus komödiantischen als aus dramatischen Rollen – und die Szene mit den zwei Weingläsern könnte schon irgendwie als Parodie einer ähnlichen Szene aus dem Original durchgehen. Doch insgesamt wirkt das Ganze doch eher wie ein echter Thriller – und einen popkulturell eher mittelmäßig bedeutenden Film wie „The Woman In The Window“ gleich acht (!) Folgen lang zu verarschen, wäre dann wohl doch ein ziemlicher Overkill.
Zumal sich Netflix hier ja nicht über die Konkurrenz, sondern über den eigenen Flop lustig machen würde. Dabei muss man bedenken: Klar, wenn sich der Streaming-Service selbst über einen Flop lustig macht, dann kommt das als gesunde Selbstironie vielleicht beim Publikum als sympathisch rüber. Aber ganz wichtig sind für Netflix ja auch die Beziehungen zu Stars und Regisseur*innen – und mit denen würde man es sich wohl doch ziemlich verscherzen, wenn man sich direkt über sie lustig macht, sobald ein Film oder eine Serie nicht so gut funktioniert.
Spannend ist es so oder so
Zusammengefasst: Wir haben auch nach dem Teaser-Trailer keine Ahnung, was „The Woman In The House Across The Street From The Girl In The Window“ denn nun eigentlich sein soll. Es gibt Argumente, die für und gegen eine Parodie von „The Woman In The Window“ sprechen – genauso wie es Argumente für und gegen einen ernsthaften Thriller gibt.
Ebenso wenig wissen wir übrigens, ob diese Verwirrung von Netflix so geplant war: Will man so etwa zusätzliche Aufmerksamkeit für den Serienstart generieren? Oder ist der Trailer einfach nur schlecht geschnitten?
Spätestens in einem Monat werden wir schlauer sein: Die acht Episoden umfassende erste Staffel von „The Woman In The House Across The Street From The Girl In The Window“ erscheint nämlich bereits am 28. Januar 2022 bei Netflix – und hier gibt es den zugehörigen Trailer auch noch mal in der englischen Originalfassung: