+++Meinung+++
Selbst wenn sich Bruce Willis seit Jahren von einem Direct-to-DVD-Schund zum nächsten schlägt: Es ist unbestritten, dass der so oft streng dreinblickende Mime einige unvergessliche Figuren zum Leben erweckt hat. Zu seinen besten Rollen zählen natürlich der „Stirb langsam“-Haudegen John McClane, der grantige Ölbohrspezialist und Astronaut-wider-Willen Harry S. Stamper („Armageddon“), Kinderpsychologe Malcolm Crowe („The Sixth Sense“) von Mystery-Spezialist M. Night Shyamalan – und natürlich David Dunn!
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Dunn wurde im Fahrwasser des gigantischen Überraschungserfolgs von „The Sixth Sense“ erschaffen – als Protagonist von Shyamalans zweitem Mystery-Thriller, „Unbreakable“. Darüber hinaus wurde er nach langem Warten dann aber auch noch zu einem der Fokuspunkte der wohl ungewöhnlichsten Superheldentrilogie in der Geschichte Hollywoods. Nachdem bereits die Fortsetzungen aus der von Shyamalan „Eastrail 177 Universe“ getauften Filmreihe in 4K erschienen sind, lässt sich ab sofort auch endlich der Beginn dieser außerordentlichen Saga in gestochen scharfer Qualität erwerben. Starke Sache!
Darum geht es in "Unbreakable"
Der Sicherheitsdienstleister David Dunn (Bruce Willis) überlebt als Einziger ein verheerendes Zugunglück. Doch nicht nur das – er hat nicht einen einzigen Kratzer! Die Ärzte sind sprachlos, Davids Sohn und der mysteriöse Comicverkäufer Elijah Price (Samuel L. Jackson) wiederum sind überzeugt, dass David ein Superheld sei. David muss ergründen, ob er wirklich bislang verdrängte, besondere Fähigkeiten hat, oder ob sein Umfeld einfach nur am Rad dreht …
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Der erste große Twist von „Unbreakable“ ist längst filmisches Allgemeinwissen geworden: Dieser vor 21 Jahren als stringenter Mystery-Thriller vermarktete Film ist eine Auseinandersetzung von Regisseur/Autor Shyamalan mit dem damals an den Kinokassen eher eine Randerscheinung darstelllenden Superheldengenre. Der Filmemacher nahm sich nämlich vor, den ihn so faszinierenden ersten Akt einer Ursprungsgeschichte, in der die Hauptfigur ihre Kräfte entdeckt, ausprobiert und einzusetzen lernt, auf Filmlänge zu dehnen.
Ein langer, fesselnder erster Akt
Obwohl „Unbreakable“ im Jahr 2000 kein Misserfolg war, lässt sich nicht bestreiten, dass er über die Jahrzehnte hinweg an Wohlwollen zugelegt hat. Wenig überraschend: Ohne das falsche Erwartungen weckende Marketing der Kinoveröffentlichung einerseits, aber mit zunhemender Familiarität des Publikums mit den Eigenheiten von Superheldendramaturgien andererseits, funktioniert „Unbreakable“ einfach besser denn je! Der Suspense-Film zeigt durch seine schleichend-brodelnde Erzählweise und Shyamalans schattig-kühle, unbequeme Bildsprache formidabel auf, wie schnell sich eine spaßige Heldengeschichte tonal umkippen lässt.
Shyamalan machte quasi mit mehreren Jahren vorlauf Josh Trank vor, wie er seinen „Fantastic Four“ gelungener hätte umsetzen können. Dem Marvel-Megaflop wohnt der Gedanke inne „Wie viel Bodyhorror steckt in einer Superhelden-Mutationsgeschichte?“, hat sie aber auf legendär-miese Weise verbaselt. Dem „Signs“-Macher dagegen gelingt es, aus dem Stoff, der das erste Drittel eines typischen Superhelden-Auftaktfilms ausmachen würde, eine beunruhigend-beklemmende Erzählung zu formen.
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In „Unbreakable“ versetzt uns der Regisseur und Autor in die unwohlige Situation seines Protagonisten David Dunn. Der macht nicht etwa Freudesprünge, weil sich abzeichnet, dass er übermenschlich stark ist und die bösen Absichten eines Menschen zu sehen bekommt, sobald er ihn berührt. Stattdessen übt er sich zunächst in Verdrängung, und sobald diese Reaktion nicht weiter fruchtet, tastet er sich bedächtig und eingeschüchtert an seine Kräfte heran.
Diesen Werdegang skizziert Shyamalan in sich plausibel und dank der hypnotischen Erzählweise gerät das geradezu fesselnd. Neben der äußerst atmosphärischen Musik von James Newton Howard trägt Willis' Schauspiel einen großen Anteil dazu bei: Unter Shyamalans Regie lässt Willis immer wieder kleine Anflüge der Sorge, Irritation und Hoffnung auf ein baldiges Ende dieser weltfremden Situation, in der sich David Dunn befindet, aufblitzen. So lässt er die stoische Fassade des wortkargen Familienvaters bröckeln und erzeugt ein filigranes Psychogramm eines Superhelden wider Willen.
Der Rest der Trilogie
Bereits Anfang der 2000er malte sich Shyamalan aus, die Geschichte rund um David Dunn weiterzuerzählen – unter anderem, indem er einen verworfenen Subplot aus „Unbreakable“ in einem zweiten Teil wiederverwendet und dort ausbaut. Schlussendlich dauerte es rund eineinhalb Jahrzehnte, bis Shyamalan diesen Plan umsetzte – und zwar völlig überraschend mit dem Psychothriller „Split“. Während David Dunn dort nur einen Cameo absolviert, wird dessen Geschichte in „Glass“ dann endlich ausführlich weitererzählt.
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Die „Eastrail 177“-Trilogie, in der unter anderem auch Anya Taylor-Joy und James McAvoy tragende Rollen übernommen haben, stellt nicht nur aufgrund ihrer langen und verworrenen Entstehungsgeschichte eine Besonderheit dar. Auch mit ihrer frostigen Atmosphäre und dem faszinierenden Paradoxon, dass die Filme selbst sehr ruhig aufgezäumt sind, in ihnen Superhelden jedoch mythologisch und metaphorisch überhöht werden, stechen die drei Teile dieser Saga aus dem Superheldengenre heraus.
Doch während „Split“ und „Glass“ zwangsweise in einem Kontext entstanden sind, in dem dem Superheldenmetier eröhte Aufmerksamkeit sicher war, ist „Unbreakable“ eine denkwürdige Anomalität: Eine nachdenkliche Dekonstruktion eines Genres, das erst danach wirklich populär werden sollte.
Er hätte für "Glass" auch ein vier Mal so hohes Budget haben können: Unser Interview mit M. Night Shyamalan*Bei den Links zum Angebot von Amazon handelt es sich um sogenannte Affiliate-Links. Bei einem Kauf über diese Links erhalten wir eine Provision.