+++ Meinung +++
Eigentlich hätte „Fast & Furious 9“ bei mir ja nur gewinnen können. Denn was kann es Besseres geben, als nach langer Kinoabstinenz einen XXL-Blockbuster auf der größten Leinwand weit und breit zu erleben? Umso größer war meine Enttäuschung am Ende. Während FILMSTARTS-Chefkritiker Christoph nämlich durchaus seinen Spaß mit den „Asphalt-Avengers“ hatte und in unserer offiziellen Kritik zu „Fast & Furious 9“ gute 3,5 von 5 möglichen Sternen vergab, ist für mich endgültig der Punkt erreicht, an dem es mir schlicht zu bescheuert, zu durcheinander, zu viel ist. So sehr ich Quatsch auch liebe, auch ich hab meine Grenzen.
Neben einer Story, die einfach nur völlig banane ist und selbstironischen „Gags“, die mich quasi in Dauerschleife mit den Augen rollen ließen, stieß mir aber vor allem sauer auf, wie man mit der einst vom 2013 verstorbenen Paul Walker gespielten Figur des Brian O’Conner umging.
Fast & Furious 9Dank Raketenauto und Co. hab ich ohnehin erstmals seit 20 Jahren keinen Bock auf den nächsten „Fast“-Film – und wenn ich sehe, wie nun auch noch mit dem einstigen Herz der Reihe umgesprungen wird, blutet mir mein eigenes gleich noch mehr. Und zwar aus mehreren Gründen.
Achtung, es folgen Spoiler zu „Fast & Furious 9“!
Paul Walker ist im "Fast 9"-Trailer, aber nicht im Film
Da wäre einerseits die Trailer-Geschichte. Wir erinnern uns: Nach ungefähr zwölf Sekunden des „Fast & Furious 9“-Trailers sehen wir Dominic Toretto (Vin Diesel) mit einem Tablet in der Garage stehen, auf dem er den ausgestiegenen, glücklichen Brian mitsamt Nachwuchs sieht. Ein rührender Moment für alle, die – wie ich – mit der Reihe aufwuchsen und eben nicht nur Paul Walker, sondern auch Brian O’Conner in ihr Herz geschlossen haben.
Im Kino ist die Szene nicht zu sehen. Die wurde für den finalen Film allerdings nicht etwa entfernt, sondern überhaupt nur für den Trailer erstellt. Die Erklärung von Regisseur Justin Lin: „Marketing!“
Ja, das ist verdammt gutes Marketing. Aber eben auch ziemlich pietätlos. Denn natürlich reicht bereits ein solch kurzer Moment, um Fans der Reihe emotional abzuholen und den einen oder anderen mehr ins Kino zu locken. Aber zu welchem Preis? Im Film selbst sehen wir nur Brians blitzblauen Nissan GT-R in die Einfahrt einbiegen, Brian selbst aber eben nicht. (Ob das am Ende aber auch besser gewesen wäre, sei an dieser Stelle dahingestellt.)
Das "Star Wars"-Problem
Justin Lin, der in Interviews gerne betont, dass ihm der Umgang mit Brian besonders am Herzen liegt, hat es ja auch nicht leicht. Er steht vor einem ähnlichen Problem wie J.J. Abrams, der die jüngste „Star Wars“-Trilogie mit „Star Wars 7“ eröffnete und mit „Star Wars 9“ vollendete – und in letzterem einen Weg finden musste, jene inhaltlichen Entscheidungen sinnvoll weiterzuführen, die Rian Johnson in „Star Wars 8“ traf.
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Lin inszenierte „Fast & Furious 3-6“ und den aktuellen neunten Film der Reihe, hatte also keine Entscheidungsbefugnis, als Teil 7 nach Paul Walkers Tod umgeschrieben werden musste. Er musste also damit arbeiten, was man ihm überließ. Stellt sich eben nur die Frage, ob man danach wirklich noch auf Biegen und Brechen weitermachen und mittlerweile nicht nur „Fast & Furious 10“, sondern auch „Fast & Furious 11“ ankündigen musste. Egal, was für einen runden Abschluss Lin sich für das zweiteilige Finale der Reihe zurecht legt: „F9“ bleibt aus vielerlei Gründen ein absolutes Desaster – und daran wird sich auch nichts mehr ändern.
Der neue Brian ist einfach nicht glaubwürdig
Darüber hinaus ist Brians Lebenswandel einfach genauso unglaubwürdig und an den Haaren herbeigezogen wie Hans Nicht-Tod.
"Fast And Furious 9": Die doppeldeutige Post-Credit-Szene erklärtKlar, irgendeine Lösung muss man am Ende finden – und das letzte, was die für handgemachte Action bekannte Reihe zwischen den immer mehr ausufernden CGI-Schlachten braucht, sind CGI-Menschen (die aufwändige Bearbeitung für „Fast & Furious 7“ bildet hier die seltene Ausnahme). Für Animations-Fans gibt's die Netflix-Serie „Fast & Furious: Spy Racers“.
Wie die Dokumentation „Ich bin Paul Walker“ sehr deutlich macht, war Paul Walker nicht nur Vater, sondern auch ein Adrenalin-Junkie, der ständig auf Achse sein musste, mittendrin in der Action – und der stets darauf beharrte, seine Stunts möglichst selbst durchzuführen. Und dieser Charakterzug floss – neben vielen, vielen weiteren – auch von Anfang an in seine Figur des Brian. Jeder, der Walker oder eben O’Conner kannte, weiß also ganz genau, dass keiner der beiden sich unabhängig von der Liebe für seine Kinder einfach so aufs Abstellgleis stellen ließe, während der Rest seiner geliebten Familie an der explosiven Front um Leben und Tod kämpft.
Das Problem von „F9“ ist für mich deshalb auch weniger, dass die Action weit hergeholt ist, sondern dass man augenscheinlich keinen Weg fand, wenigstens den Figuren treu zu bleiben – vor allem Brian.
Brian in "Fast & Furious 10 & 11"
Ich würde lügen, wenn ich sagen würde, dass ich nicht gespannt darauf wäre, welche Rolle Brian im zweiteiligen Finale der Reihe spielen wird. Doch allerspätestens Teil 9 hat gerade erst bewiesen, dass die Macher offenbar nicht in der Lage sind, dieser außergewöhnlichen Situation gerecht zu werden. Darüber hinaus hat die Reihe ihren Zenit aber auch einfach meilenweit überschritten, überfahren – und nun auch überflogen.
Dementsprechend unwohl fühle ich mich auch beim Gedanken daran, dass der sogenannte Point of no return hinsichtlich „F10“ und „F11“ längst erreicht ist und man die Saga nun auf Teufel-komm-raus, im Idealfall mit zwei Milliarden-Blockbustern, beenden will. Aber gut, die Kuh wird nun mal gemolken, solange sie Milch gibt – auch wenn sie nur noch künstlich am Leben gehalten wird.
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