Wenn eine beliebte Geschichte mit einer eingefleischten Anhänger-Schar neu aufgelegt wird, schauen Fans und anderweitig Interessierte meist sehr genau auf das Vorhaben und dessen Treue zum Original. Genauso war es auch bei der Hollywood-Realverfilmung von „Ghost In The Shell“, die sich aktuell auf Netflix großer Beliebtheit erfreut. Der Sci-Fi-Actioner bekam dabei schon während der Produktion jede Menge Gegenwind.
Für viele gelten die „Ghost In The Shell“-Manga-Vorlage und deren meisterliche Anime-Adaption aus dem Jahr 1995 als durch und durch japanisches Kulturgut. Als dann bekannt wurde, dass ausgerechnet die Amerikanerin Scarlett Johansson die Hauptrolle in der US-Blockbuster-Version des Stoffes übernehmen soll, rief das vor allem westliche Kritiker auf den Plan, die den Macher*innen um Regisseur Rupert Sanders („Snow White & The Huntsman“) sogenanntes Whitewashing vorwarfen, also in diesem Fall, das Besetzen asiatischer Figuren mit weißen Darstellerinnen und Darstellern.
Weniger Probleme in Japan
Viele Menschen aus Japan teilten die Aufregung um die „Ghost In The Shell“-Besetzung hingegen nicht. Wie aus verschiedenen Medienberichten und Umfragen hervorgeht, ging man im Land der aufgehenden Sonne schon bei der Ankündigung einer US-Adaption ohnehin davon aus, dass die Rollen eher mit westlichen Schauspieler*innen besetzt werden, schließlich werden Stoffe bei einer Neubearbeitung in einem anderen Land nicht selten an dieses angepasst.
Mit Mamoru Oshii äußerte sogar der Regisseur des japanischen „Ghost In The Shell“-Animes und der Fortsetzung „Ghost In The Shell 2 - Innocence“ sein Unverständnis gegenüber den Vorwürfen: „Ihre physische Form basiert auf reiner Annahme. Ihr Name, Motoko Kusanagi, und ihr Körper entsprechen gar nicht ihrer ursprünglichen Form. Deswegen gibt es keinen Grund anzunehmen, sie müsse von einer asiatischen Schauspielerin verkörpert werden.“
Unterm Strich sagt Oshii also: Nur weil ein Stoff aus Japan kommt, müssen die Figuren bei einer eigenen Interpretation nicht zwingend japanisch sein, wenn es die Geschichte nicht erfordert – und bei der „Ghost In The Shell“-Hauptfigur handelt es sich nun mal um einen Cyborg, der äußerlich eigentlich nicht auf eine Ethnie festgelegt sein muss.
"Ghost In The Shell" dennoch problematisch?
Wurde die Whitewashing-Kontroverse um „Ghost In The Shell“ also doch eher künstlich aufgeblasen? Das möchte man gerade auch nach Mamoru Oshiis Aussage bejahen, zumal mit Johansson zwar ein populärer US-Star die Hauptrolle bekleidet, die Besetzung mit Darsteller*innen aus unter anderem Japan, Singapur, Dänemark, Australien und Frankreich aber insgesamt doch sehr international ausfällt.
Tatsächlich etwas problematisch ist allerdings zum einen das Ende der US-Adaption, in der die ursprüngliche wahre Identität von Hauptfigur Killian enthüllt und somit der Whitewashing-Vorwurf durchaus ein Stück weit bestärkt wird – und zum anderen die Meldung darüber, dass das Studio Paramount früh im Produktionsprozess Computereffekte getestet hat, mit deren Hilfe den westlichen Cast-Mitgliedern ein asiatischeres Aussehen verpasst werden sollte. Laut Angaben des Studios hätte man diese Versuche aber schnell wieder begraben.
Letztlich bleibt es also wohl jedem und jeder selbst überlassen, wie man die Vorwürfe gegenüber „Ghost In The Shell“ bewertet. Für den Erfolg an den Kinokassen scheinen sie jedoch nicht gerade förderlich gewesen zu sein. Bei einem Produktionsbudget von 110 Millionen Dollar (zu dem noch ein deftiges Marketing-Budget gekommen sein dürfte) spielte der Film weltweit gerade mal 170 Millionen Dollar ein. Eine Fortsetzung dürfte damit ausgeschlossen sein.
Hinweis: Beim obigen Text handelt es sich um die Wiederveröffentlichung eines Artikels, der erstmals 2019 zu einer TV-Ausstrahlung von „Ghost In The Shell“ erschienen ist.