Bundesliga-Profis setzen klare Zeichen, weiße Stars überlassen ihre Instagramprofile für einen Zeitraum schwarzen Frauen, damit diese mit größerer Reichweite wichtige Botschaften teilen können und Medienunternehmen von Sony über Disney bis Warner haben sich in den vergangenen rund zwei Wochen noch einmal klar gegen Rassismus positioniert.
Da nun auch der TV-Sender ProSieben sein Programm geändert hat, um einen sehenswerten Spielfilm passend zur Lage zu zeigen, weisen wir im Zuge der Vermeldung dieser Nachricht auch noch auf einige weitere aktuelle Aktionen (ohne jeden Anspruch von Vollständigkeit) hin, die für Film- und Serienfans in Deutschland besonders interessant sein dürften.
ProSieben ändert sein Programm
Der Münchner Sender ProSieben kündigte nun an, am Samstag, dem 20. Juni 2020, mit einem Themenabend auf die aktuelle Situation zu reagieren. Um 20.15 Uhr zeigt man zur besten Sendezeit den Spielfilm „The Hate U Give“ um eine junge Teenagerin (gespielt von einer überzeugenden Amandla Stenberg), die mitansehen muss, wie ein Freund von der Polizei erschossen wird. Das bringt sie in eine besondere Zwickmühle, während eine Protestbewegung gegen Polizeigewalt startet.
„The Hate U Give“ von Regisseur George Tillman Jr. („Faster“) ist unter anderem auch so besonders, weil er sich – wie schon die mit dem Deutschen Jugendliteraturpreis ausgezeichnete Romanvorlage von Angie Thomas – an ein junges Publikum richtet und dieses komplexe Thema ganz auf Augenhöhe mit ihnen verhandelt. Zu diesem Fazit kommen wir in unserer FILMSTARTS-Kritik.
ProSieben zeigt am 20. Juni aber nicht nur diesen Spielfilm, sondern ergänzt ihn auch um eine anschließende Dokumentation. Um 23.00 Uhr läuft „Black Lives Matter? - Reise in ein gespaltenes Land“ über die aktuelle Situation in den USA.
Auch ARTE ändert Programm
Natürlich ändert nicht nur ProSieben sein Programm – auch ARTE trägt den aktuellen Ereignissen Rechnung. Bereits diesen Samstag (13. Juni) wiederholt der Kultursender die bereits 2019 ausgestrahlte Doku „Rassenkrieg in den USA? Die Ziele der Alt-Right“, in der vor allem zwei sehr unterschiedliche Männer auch sehr offen und ohne direkte Widersprüche durch Filmemacher Adam Bhala Lough zu Wort kommen: der weiße Rassist Richard Spencer, der den Begriff „Alt-Right“ geprägt hat und glaubt, „sein“ Land zurückerobern zu müssen, und der schwarze Antifa-Aktivist Daryle Lamont Jenkins, der immer wieder Gegendemos organisiert und Alt-Right-Unterstützer öffentlich enthüllt.
Zudem ändert ARTE seinen Themenabend am Dienstag (16. Juni) und beschäftigt sich mit den Themen Rassismus und Polizeigewalt. Den Auftakt macht (wie ohnehin schon geplant) um 20.15 Uhr der neue Dokumentarfilm „Feindbild Polizei - Gewalt und Gegengewalt ohne Ende?“ von Sebastian Bellwinkel, im Anschluss folgt aber nun die Dokumentation „Ein amerikanischer Held - Die Geschichte des Colin Kaepernick“ über jenen Footballspieler, der 2016 für Aufsehen sorgte, als er sich als Zeichen gegen rassistische Polizeigewalt weigerte, bei der Nationalhymne vor den Spielen zu stehen.
Für alle Cinephile ist aber vor allem der Film danach Pflichtprogramm: „I Am Not Your Negro“ von Regisseur Raoul Peck („Der junge Karl Marx“) ist einer der herausragenden Dokumentarfilme der vergangenen Jahre. Das 2017 für den Oscar nominierte Kunstwerk ist eine brillante und atemberaubende Visualisierung des nicht fertiggestellten letzten Romans von Schriftsteller James Baldwin – vorgetragen von Samuel L. Jackson bzw. von Samy Deluxe in der deutschen Version, die auf ARTE (wie die Kaepernick-Doku) auch bereits in der Mediathek verfügbar ist.
I Am Not Your NegroNetflix mit neuer Sektion
Falls ihr „I Am Not Your Negro“ mit der Stimme von Samuel L. Jackson hören wollt, werdet ihr übrigens unter anderem auf Netflix fündig. Der Streamingdienst hat ebenfalls auf die aktuellen Geschehnisse reagiert – mit einer neuen Sektion. In der Kategorie „Black Lives Matter“ finden sich auch in Deutschland zahlreiche zur Thematik passende Inhalte – wie eben „I Am Not Your Negro“, aber auch gefeierte Spielfilme wie „Moonlight“ und „Fruitvale Station“, die Mini-Serie „When They See Us“ oder die Spike-Lee-Klassiker „Malcolm X“ und „Nola Darling“.
Die neue Sektion ist wohl auch eine Reaktion darauf, dass in den USA plötzlich „The Help“ zum meistgeschauten Film auf Netflix avancierte, ein Drama, das schon lange dafür kritisiert wird, mit einer durch-und-durch-weißen-Feel-Good-Brille auf das Thema zu schauen (und wenn dieser persönlicher Schwenker erlaubt ist, für den Autor dieser Zeilen auch entgegen der FILMSTARTS-Kritik mit das Schlimmste war, was er in den vergangenen zehn Jahren im Kino gesehen hat).
Criterion Channel kostenlos
Auch der nach Meinung des Autors dieser Zeilen mit seinem Fokus auf Klassiker und Perlen für ein cinephiles Publikum aktuell beste Streamingdienst der Welt hat reagiert. Der eigentlich auf nordamerikanische Nutzer beschränkte Criterion Channel stellt Teile seines Programms Nutzern in aller (!) Welt und auch noch kostenlos (!!) zur Verfügung. Ergo: Ausnahmsweise könnt ihr auch in Deutschland ganz regulär einen kleinen Teil des Angebots dieses Streamingdienstes nutzen.
Es handelt sich dabei um Filme, die sich „auf schwarze Lebenswelten konzentrieren“, von u. a. Kathleen Collins, Charles Burnett oder Oscar Micheaux. Ein Teil der kostenlos und frei verfügbaren Filme sind zum Zeitpunkt der Veröffentlichung dieses Artikels auf der Übersichtsseitseite des Criterion Channels in einem Slider präsent, allerdings gibt es noch weitere Werke und wir konnten auf der Seite des Dienstes leider keine komplette Übersicht finden.