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    Netflix-Rekordmeldung für "The Witcher": Darum hat das absolut nichts zu bedeuten

    Eine Rekordmeldung von Netflix geht um: „The Witcher“ soll das beste Seriendebüt in der Geschichte des Streamingdienstes gelungen sein. Doch wenn man genauer schaut, wurde für diese Meldung getrickst.

    Netflix

    76 Millionen Haushalte hätten „The Witcher“ im ersten Monat nach Veröffentlichung der Netflix-Fantasy-Serie geschaut. So viele Zuschauer habe es noch nie für die erste Staffel einer komplett neuen Serie zum Start gegeben. Ergo: „The Witcher“ gelang laut Netflix das beste Seriendebüt in der Geschichte des Streamingdienstes!

    Doch stimmt das wirklich so? Dazu muss man auf die Zahlen hinter der Rekordmeldung aus dem Quartalsbericht von Netflix schauen. Und dabei stellen wir uns schnell die Frage, ab wann man eine Serie oder einen Film eigentlich „geschaut“ hat.

    Was heißt eigentlich "geschaut"?

    Denn es zeigt sich schnell: Für Netflix wurde eine Serie oder ein Film bereits „geschaut“, wenn sich der Nutzer zwei Minuten angeschaut hat. Zwei Minuten?!

    Wir haben uns mal die Mühe gemacht, die Laufzeit der insgesamt acht Folgen der ersten Staffel von „The Witcher“ anhand der gerundeten Minutenangaben in der Netflix-Übersicht zusammen zu zählen. Das Ergebnis: Die erste Staffel von „The Witcher“ ist ungefähr 474 Minuten lang.

    Für Netflix zählt also als „die Serie geschaut“, wenn gerade einmal rund 0,42 Prozent der Serie wirklich geguckt wurden. Doch das ist nicht einmal das größte Problem.

    Starter, Watcher und Completer

    Jetzt könnte man ja noch sagen: Okay, die zwei Minuten zeigen dann halt einfach, dass so unglaublich viele Menschen erst einmal ein Grundinteresse an der Serie haben. Doch selbst in diesem Fall ist der zum „besten Seriendebüt“ führende Vergleich eine statistische Trickserei.

    Denn die 2-Minuten-Regel als neuen Maßstab führte Netflix erst Ende 2019 ein, als zum ersten Mal solch fragwürdige Bestenlisten die Runde machten. Vorher galt als „geschaut“, wenn mindestens 70 Prozent einer einzelnen Folge oder eines ganzen Films abgelaufen waren.

    Damals hieß es noch, dass Netflix drei Metriken habe:

    •  Wer die ersten zwei Minuten schaut, gilt als „Starter“
    •  Wer mindestens 70% einer einzelnen Folge oder eines ganzen Films schaut, gilt als „Watcher“
    •  Wer mindestens 90% einer einzelnen Folge oder eines ganzen Films schaut, gilt als „Completer“.

    Doch das hat sich nun geändert.

    Starter werden Watcher

    Wie dem Quartalsbericht zu entnehmen ist, will sich Netflix künftig nur noch auf die ersten zwei Minuten konzentrieren. Ab dann gelte eine Serie oder ein Film als geschaut. Aus „Startern“ werden quasi in der Netflix-Terminologie „Watcher“.

    Als Grund führt das Unternehmen unter anderem an, dass durch völlig unterschiedliche Lauflängen (zum Beispiel zwischen einer Serie mit 20 Minuten langen, einer mit 60 Minuten langen Episoden und einem dreieinhalb Stunden langen „The Irishman“) das 70-Prozent-Modell keine Vergleichbarkeit biete. Zudem orientiere sich das neue Modell am Verhalten der Konkurrenz – zum Beispiel von Google bei YouTube.

    Fehlende Vergleichbarkeit

    Netflix gibt aber selbst zu, dass das neue System die eigenen Zahlen erhöhe. Die neue Rechnung führe im Schnitt zu um 35 Prozent höheren Zahlen als die alte Berechnung.

    Und genau hier sind wir dann wieder bei „The Witcher“. Mal abgesehen davon, dass die Quelle der Netflix-Zahlen nur Netflix selbst ist, gibt es für frühere Serien nur die alten Metriken (Watcher und Completer). Die Vergleichbarkeit fehlt also (zumal man auch keine 35 Prozent pauschal abziehen kann). Ob „The Witcher“ wirklich das beste Seriendebüt ist, darf bezweifelt werden.

    Vielmehr scheint es, als trickse Netflix auf der Jagd nach immer neuen Rekordmeldungen und so darf man mit der Kollegin Hanna Huge von Serienjunkies.de die Frage stellen, ob demnächst vielleicht schon das Autoplay auf der Startseite für ein „geschaut“ ausreicht. Das würde die Zahlen weiter erhöhen und so die Meldung des nächsten Rekords möglich machen.

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