+++ Meinung (mit Spoilern) +++
Vergangene Woche stellte ich die Frage, ob der hohe Gewaltgrad in „Rambo 5: Last Blood“ in der Form notwendig ist – und kam zu einem klaren Ergebnis: Nein! Übertriebene Härte macht einen Film aber auch nicht automatisch schlecht. In gewisser Weise rettet sie diesen Film nach seiner etwas mauen Drama-Hälfte sogar. Das wahre Problem des Films liegt sowieso ganz woanders...
Mexiko in "Rambo 5: Last Blood": Land der der Unfreiheit
Amerika ist das Land der unbegrenzten Freiheit. Hier kann Rambo (Sylvester Stallone) dank seiner Ersatzfamilie wieder menschlicher werden, kommt auf seiner Farm beim Einreiten von Pferden zur Ruhe und genießt erstmalig Freiheit, ganz wie die größte amerikanische Heldenfigur überhaupt – der Cowboy.
Mexiko steht im krassen Gegensatz dazu. Ist die USA ein Paradies, ist Mexiko die Hölle: ein kriminelles Moloch, in dem so gut wie jeder Mensch ein Monster ist.
So entpuppt sich Gabrielles (Yvette Monreal) biologischer Vater schnell als jemand, der keinen anderen Grund hatte, seine Familie im Stich zu lassen, als eben ein gewissenloses Arschloch zu sein. Und der fiebrig inszenierte Nachtclub, in dem Gabrielle schließlich gekidnappt wird, hat genau zwei zentrale Funktionen. Er dient Menschenhändlern als Schaubühne und ist Ort des kollektiven Drogenkonsums einer verlorenen Jugend.
Denn wie Gabrielles vermeintliche Freundin Jezel (Fenessa Pineda) feststellte: Wie soll man es in Mexiko aushalten, wenn man sich nicht kontinuierlich betäubt? Und auch sie entpuppt sich als selbstsüchtige Verräterin, die ihre treuherzige Freundin wissentlich den niedersten Monstern überlässt.
Die Verderbtheit Mexikos als Rechtfertigung
Nur in Mexiko kann es passieren, dass die Tochter des Helden so lange den schlimmsten Misshandlungen ausgesetzt wird, dass sie trotz einer Rettung durch Rambo stirbt.
Wer hat es verdient, wenn nicht diese mexikanischen Finsterlinge, dass John Rambo sie richtet? In seiner Person vereinen sich die amerikanischen Werte in sich, an denen es den Mexikanern mangelt: Familiensinn, Loyalität und Traditionsbewusstsein.
Ja, es stimmt leider: Wenn ein Film mit Nachdruck propagiert, dass Donald Trumps bizarre Machtfantasie einer Grenzmauer zwischen den USA und Mexiko gerechtfertigt ist, dann ist das „Rambo 5“.
"Rambo 5": Im Kern reaktionärer Schund?
Der erste „Rambo“-Teil war in seiner Aussage vielschichtig: Er klagte die Gesellschaft und die Armee gleichermaßen an. Und er machte den verschlissenen Kriegsrückkehrer zu einer zwiespältigen Hauptfigur, die bis heute fasziniert.
Der neue „Rambo“ hingegen ist nicht nur um Längen eindimensionaler und plumper, er hat die politische Ausrichtung der Reihe auch radikal verändert. Zwar muss Rambo sich genau wie damals für sein Land aufopfern, damit die Mexikaner am Ende geschlagen sind und Amerika sich einstweilen weiter selbst genießen kann, doch wird hier überhaupt nicht mehr kritisch auf die eigene Nation geschaut. Stattdessen ist „Rambo 5" ähnlich einfältig-patriotisch wie „Rambo 2“ und „Rambo 3“ mit ihrem schematischem Hurra-Patriotismus.
Die einzige mexikanische Figur, die nicht der Teufel in Person zu sein scheint, ist übrigens Reporterin Carmen Delgado (Paz Vega). Doch der Schein trügt – und das führt direkt zum zweiten großen Problem des von „Rambo 5“ propagierten Weltbildes. Dazu mehr auf Seite 2.