Der französische Arthouse-Regisseur Bertrand Bonello setzt in seinem wunderbar rätselhaften „Zombi Child“ nicht einfach die mit George A. Romeros „Die Nacht der lebenden Toten“ popularisierte Kino-Tradition der schlürfenden Untoten fort, sondern wendet seinen Blick stattdessen nach Haiti und auf die Ursprünge der Zombie-Legende. Dabei setzt er den wahren Fall des 1962 „zum Zombie gewordenen“ Clairvius Narcisse (hat sogar einen eigenen Wikipedia-Eintrag) mit den Geschehnissen an einem modernen Elite-Internat in Frankreich in Verbindung.
Das Ergebnis ist kein typischer Horrorfilm, sondern eine „assoziationsreiche Beschäftigung mit Fragen, die vom Kolonialismus über Teenager und die erste Liebe bis hin zum Voodoo reicht“, wie unser Autor Michael Meyns im Fazit seiner 4-Sterne-Kritik schreibt. Was im ersten Moment vielleicht ein bisschen trocken klingt, ist aber tatsächlich unheimlich faszinierend und anregend.
Zombi ChildDarum geht’s in "Zombi Child"
Haiti, im Jahr 1962: Nachdem ihm Schergen eines Plantagenbesitzers ein Pülverchen in die Schuhe gestreut haben, stirbt Clairvius Narcisse (Mackenson Bijou) kurze Zeit später. Allerdings bleibt der verheiratete Mann nicht lange tot, stattdessen kehrt er nach seiner Beerdigung als Zombie zurück – wobei die willenlosen Zombies auf der Karibikinsel nicht etwa frei herumlaufen und nach Menschenfleisch Ausschau halten dürfen, sondern von den reichen Plantagenbesitzern als Sklaven bei der Zuckerrohrernte eingesetzt werden.
Parallel dazu wird erzählt, wie sich die aus Haiti stammende Melissa (Wislanda Louimat) in einem ganz besonderen Elite-Internat im heutigen Paris zurechtzufinden versucht. Das Spezielle an der streng katholischen Mädchenschule ist nämlich, dass hier ausschließlich Nachfahren von Trägern des Französischen Verdienstkreuzes aufgenommen werden. Bei ihren neuen Freundinnen kommen dabei vor allem Melissas exotischen Geschichten aus ihrer Heimat sehr gut an – insbesondere Fanny (Louise Labèque) ist fasziniert von den Möglichkeiten des Voodoo ...
Leider steht aktuell noch kein deutscher Veröffentlichungstermin für „Zombi Child“ fest. Aber haltet im anstehenden Festival-Herbst unbedingt die Augen offen, den auf einigen Festivals auch in Deutschland wird er wohl auf jeden Fall laufen. Es lohnt sich wirklich.