+++ MEINUNG +++
Es ist ein kluger Schachzug von Disney gewesen mit Beyoncé und Donald Glover zwei der aktuell größten Musik-Superstars als Sprecher und so zugleich auch als Sänger für Nala und Simba an Bord von „Der König der Löwen“ zu holen. Die bereits am Originalfilm beteiligten Elton John und Hans Zimmer sowie Erfolgsmusikproduzent, Hip-Hopper und „Happy“-Hit-Sänger Pharrell Williams verpassten den bekannten Liedern zudem das nötige Update, um sie modern wirken zu lassen, ohne dabei den Kern und das Herz zu verändern.
Das führt eigentlich zu einem herausragenden Ergebnis. Wenn ich die Songs einfach so höre, gefallen mir die neuen Versionen sogar besser als die Originale von 1994 – übrigens (mit einigen Abstrichen) auch in der deutschen Fassung, für die man unter anderem gute Kindersänger gewinnen konnte. Doch im Film sind die Nummern meiner Ansicht nach ausgesprochen lahm, die Lieder wirken sogar schlechter als ihre 94er-Versionen.
Tiere tanzen nicht!
Im Original von 1994 sind die Musikszenen auch so beeindruckend, weil die Macher auf eine völlig überbordende Inszenierung setzen. Während „Ich will jetzt gleich König sein“ reiten Simba und Nala zum Beispiel im Zeichentrickklassiker auf dem Rücken von zwei Straußen und der komplette Animationsstil ändert sich direkt zu Beginn des Liedes. In dem Moment, als Simba loslegt und mit einem Sprung auf dem Boden landet, färbt sich das gesamte Bild rot. Es ist eine abgefahrene, überhöhte Szene, wie man sie in einem völlig aus der realen Welt entrückten Musical erwartet.
Im Remake fehlen solche abgedrehten Szenen. Die zwar aus dem Computer stammenden, aber täuschend echt aussehenden Löwen verhalten sich wie echte Tiere. Und Tiere tanzen eben nicht, sie reiten nicht auf dem Rücken eines Straußes. Es verwundert daher kaum, dass gerade „Seid bereit“, der Song von Bösewicht Scar, im Remake deutlich gekürzt wurde. Denn dieses Lied bricht noch stärker als die anderen Songs im Original mit einer einheitlichen Welt. Es ist ein einziges großes Albtraum-Szenario, in dem Hyänen-Armeen marschieren, unheimliche Schattenspiele stattfinden und alles in einer Feuersbrunst zu verbrennen scheint. Es ist eine typische Musicaleinlage, wie man sie in dem Genre erwarten darf. Selbst in Realfilmen (von „Grease“ über „Moulin Rouge“ bis zuletzt „The Greatest Showman“) verabschieden sich schließlich die Figuren in den Gesangs- und Tanzeinlagen oft ein Stück weit aus unserer Welt.
In „Der König der Löwen“ von 2019 tun sie dies aber nicht. All die Figuren bleiben immer fest in ihrer Welt. Dass die Musicalszenen so reduziert sind, Tanzeinlagen nur noch eine sehr kleine Rolle einnehmen, sorgt zwar dafür, dass Favreaus Version ein Stück weit flüssiger, glatter, mehr wie aus einem Guss ist. Doch es entwertet auch die Lieder, denn diese haben so eine Kraft, weil uns die Songs auch aus dem Geschehen reißen, man sich aus dem Original jeden einzelnen Moment wie einen kleinen Kurzfilm auch separat anschauen kann.
Am Ende rauschten die Lieder in Favreaus „Der König der Löwen“ nur an mir vorbei. Es sind keine Highlights, keine Ausnahmemomente in dem Film, sondern einfach nur einzelne Teile von diesem. Und so wirken die Songs am Ende auch viel schlechter, obwohl ich sie doch viel besser finde.
"Der König der Löwen": So klingen die Song-Klassiker in der neuen deutschen Version