Mit Alex Garlands „Auslöschung“ und Alfonso Cuaróns „Roma“ erschienen 2018 zwar zwei wirklich herausragende Filme direkt bei Netflix (wobei Letzterer zuvor ja sogar für kurze Zeit im Kino gezeigt wurde), abgesehen davon ist die Ausbeute des Streaming-Dienstes, was qualitativ hochwertige Filme betrifft, jedoch nicht allzu hoch. Im vergangenen Jahr bewerteten wir so lediglich noch „Die Woche“ mit Adam Sandler sowie „Wolfsnächte“ von „Green Room“-Regisseur Jeremy Saulnier mit mindestens vier Sternen. Das letzte große Prestigeobjekt „Die Kunst des toten Mannes“ vom „Nightcrawler“-Erfolgsteam Dan Gilroy und Jake Gyllenhaal wurde von den allermeisten Kritikern sogar ziemlich abgestraft, auch von uns:
Die Kunst des toten MannesDoch ab heute gibt es endlich mal wieder einen richtig guten Netflix-Film: Das Sport-Drama „High Flying Bird“ von Oscar-Preisträger Steven Soderbergh („Traffic – Die Macht des Kartells“) erhielt in unserer Filmkritik nämlich starke vier von fünf Sternen, weil der Regisseur darin „mit einer enormen Intensität von den Strukturen des Profibasketballs und damit zugleich auch von den tief verwurzelten Rassenverhältnissen in den USA“ erzähle. Neben seiner Qualität ist „High Flying Bird“ aber noch aus einem anderen Grund sehr sehenswert: Soderbergh, der unter Pseudonymen auch Kameraarbeit und Schnitt übernahm, drehte ihn nämlich komplett auf einem iPhone. Und wie bei seinem Vorgänger-Film „Unsane“, der noch ins Kino kam und wo er ebenfalls so verfuhr, verleiht das dem Film eine ganz besondere Note.
High Flying BirdGerade mal zwei Wochen drehte Soderbergh mit einem iPhone als Kamera an „High Flying Bird“. „Dementsprechend dicht und intensiv fühlt sich das Netflix-Sportdrama auch an“, stellt unser Kritiker Michael Meyns fest, und die Ästhetik passe vor allem dann „perfekt, wenn Soderbergh die für die Verhandlungen genutzten Büroräume und Luxusrestaurants in grandios klare, sich konsequent kalt anfühlende Bilder taucht.“
Darum geht’s in "High Flying Bird"
Im Mittelpunkt des Netflix-Films steht der Spieleragent Ray Burke (André Holland), dessen Firma in Geldnöte gerät, weil in der amerikanischen Basketball-Profiliga NBA gestreikt wird. Ray ist dafür bekannt, junge, aufstrebende Spieler unter Vertrag zu nehmen und ihnen bei ihren ersten Schritten in der NBA zu helfen. Einer seiner Klienten ist Erick Scott (Melvin Gregg), ein Rookie, der ebenfalls schon Probleme bekommt, seine Rechnungen zu bezahlen. Als Erick dann mit seinem zukünftigen Teamkollegen Jamero Umber (Justin Hurtt-Dunkley) in ein Twitter-Gefecht gerät und es zu einem Eins-gegen-Eins-Duell in einer Turnhalle kommt, wittert Ray seine Chance: Was wäre, wenn es eine neue Basketball-Liga gäbe; eine Liga, die unabhängig von Teambesitzern wie David Seton (Kyle MacLachlan) agieren könnte und in der Spiele via Internet gezeigt werden.
Mit „Moonlight“-Star André Holland, „Deadpool 2“-Amazone Zazie Beetz sowie Zachary Quinto („Star Trek“) und Kyle MacLachlan („Twin Peaks“) konnte Steven Soderbergh übrigens auch eine beachtliche Star-Riege vor seinem iPhone versammeln. Wir können „High Flying Bird“ also insgesamt nur empfehlen!