Vor einem Jahr war es Guillermo del Toro, der sich auf dem ältesten und zusammen mit Cannes und der Berlinale bedeutendsten Filmfestival über den Hauptpreis, den Goldenen Löwen, freuen konnte, der für die düstere Fantasy-Liebesschichte und späteren vierfachen Oscar-Film „Shape Of Water“ vergeben wurde. Nun durften Präsident del Toro und seine Jury selbst entscheiden.
Das Gremium, zu dem neben dem mexikanischen Regisseur unter anderem auch die dänische Schauspielerin Trine Dyrholm („In China essen sie Hunde“), der neuseeländische Regisseur und Komiker Taika Waititi („Thor 3: Tag der Entscheidung“) sowie die Hollywood-Stars Christoph Waltz und Naomi Watts gehörten, kürte „Roma“ von „Gravity“-Regisseur Alfonso Cuarón zum Gewinner-Film der vom 29. August bis 8. September 2018 stattfindenden 75. Internationalen Filmfestspielen von Venedig. Im Wettbewerb konkurrierten 21 Filme.
Darum ist "Roma" ein besonderer Gewinner
Mit dem Schwarzweiß-Drama „Roma“ gewinnt ein Film auf dem ältesten Filmfestival der Welt, der für Netflix produziert wurde. Der Streaminggigant will „Roma“ zwar auch im Kino zeigen, aber nur in wenigen ausgewählten Lichtspielhäusern – dabei dürfte es vor allem um Prestige gehen, auch weil nur durch eine bestimmte Kinoauswertung in den USA eine Qualifizierung für die Oscars möglich ist.
Pikant: Ursprünglich sollte „Roma“ schon beim wichtigsten Filmfestival der Welt Premiere haben, 2018 in Cannes, doch nachdem ein Zeichen pro Kino gesetzt und deswegen entschieden worden war, dass Netflix-Filme ohne Kinostart wenigstens in Frankreich dort nicht im Wettbewerb laufen dürfen (sondern nur in anderen Sektionen), erklärte der Streamingdienst, mit gar nichts mehr in Cannes vertreten sein zu wollen und zog auch „Roma“ zurück... nur um jetzt in Venedig (wo insgesamt sechs Netflix-Filme liefen) den Hauptpreis zu gewinnen.
„Roma“ wurde bereits von Kritikern zum Meisterwerk erklärt. In der so bildgewaltigen wie intimen Familiengeschichte im Mexico City der frühen 70er verarbeitet Alfonso Cuarón eigene Erfahrungen. Netflix wird das Drama demnächst online stellen (und – wie gesagt – in ausgewählte Kinos bringen).
Die anderen Preisträger
Silberner Löwe – Beste Regie: Jacques Audiard, „The Sisters Brothers“
Bestes Drehbuch: Joel und Ethan Coen, „The Ballad of Buster Scruggs“ (ein weiterer Netflix-Film)
Der Große Preis der Jury: „The Favourite“, Yorgos Lanthimos
Spezialpreis: „The Nightingale“, Jennifer Kent („Der Babadook“)
Beste Schauspielerin: Olivia Colman, „The Favourite“
Bester Schauspieler: Willem Dafoe, „At Eternity's Gate“
Bester Nachwuchsdarsteller: Baykali Ganambarr, „The Nightingale“