Netflix traut sich was – und das ist gut so! Immerhin bekommen wir dadurch Stoffe zu sehen, an die sich andere Studios wohl nicht so schnell getraut hätten, originelle Geschichten wie „Sense8“ oder „The OA“ sowie aufwendige Produktionen wie „Altered Carbon - Das Unsterblichkeitsprogramm“. Nachdem der Streaming-Gigant aber schon mit „Tote Mädchen lügen nicht“ für hitzige Diskussionen sorgte, folgt mit „Insatiable“ nun das nächste Format, das noch vor dem geplanten Start am 10. August 2018 scharf in der Kritik steht. Nur kurze Zeit nach Veröffentlichung des Trailers zur High-School-Serie wurde bereits eine Petition gegen deren Start ins Leben gerufen, weil sie Fat-Shaming betreiben würde.
Schlau, verrückt und skrupellos?
Der Trailer zu „Insatiable“ bricht die Geschichte von Protagonistin „Fatty“ Patty (Debby Ryan) auf das Wesentliche runter: Die Jugendliche absolviert gerade die High School und hat nicht nur mit Klausuren, sondern allen voran mit den Hänseleien ihrer Mitschüler zu kämpfen. Denn Patty ist übergewichtig und schaufelt sich lieber kübelweise Eis in den Mund, während die hübschen Cheerleader mit ihren Sportler-Freunden rummachen. Nachdem sie von einem Obdachlosen angegriffen und ihr Kiefer außer Funktion gesetzt wurde, nimmt sie über den Sommer zwangsläufig ab und verwandelt sich dadurch in eine dürre Diva, die sich nun bester Laune an all jenen rächen will, die sie einst durch den Dreck gezogen haben.
„Sei schlau, verrückt und skrupellos“ vermittelt uns der Trailer – und wirft die Frage auf, inwiefern sich die Macher der Serie selbst an jenen Verhaltensleitfaden halten. Tatsächlich darf die Prämisse von „Insatiable“ – was wörtlich übrigens so viel wie „unersättlich“ heißt – angezweifelt werden, scheint Rache doch als Mittel gegen Mobbing ebenso legitim dargestellt zu werden wie Schönheit als ultimatives Heilmittel gegen das eigene Unglück. Eine Botschaft, die beim potentiellen Publikum weiß Gott nicht bloß auf Wohlwollen stößt.
Profit einsacken anstatt Verantwortung zu übernehmen
Auf der Petitionsplattform Change.org rief die Userin Florence given dazu auf, sich gegen „Insatiable“ stark zu machen und den Schlankheitswahn, den die neue Netflix-Serie erneut entfachen würde, zu unterbinden – der Gedanke, dünn sein zu müssen, um beliebt zu sein, Freunde zu haben und für das andere Geschlecht attraktiv zu sein, sei Gift für junge Mädchen, die ohnehin zu sehr von Selbstzweifeln geplagt seien.
Die Petition wurde bereits über 130.000 Mal unterzeichnet (Stand: 25. Juli 2018, 12.30 Uhr) und gewinnt Minute für Minute an zusätzlichen Stimmen. Ziel sei es, den Start der Serie gänzlich zu verhindern – denn der Schaden, den „Insatiable“ in den Köpfen junger Mädchen anrichten würde, sei weitaus größer als der verlorene Gewinn, der Netflix durch die Finger rinnen würde. Dabei ist jedoch anzumerken, dass die Kritik an „Insatiable“ bisher nur auf Grundlage des Trailers geäußert wurde. Wie die angerissenen Themen tatsächlich behandelt werden, wird erst die fertige Serie selbst zeigen.
Darf Satire alles?
Das Netz ist in Aufruhr über „Insatiable", nicht zuletzt aufgrund der angesprochenen Petition, die sich im World Wide Web wie ein Lauffeuer verbreitet. Die Schauspieler verteidigen ihre Serie jedoch konsequent: Hauptdarstellerin Debby Ryan twitterte beispielsweise, dass man das so schwierige Thema des Mobbings via Satire möglichst lustig behandeln wollen würde und man über Schmerz lachen sollte, um ihn zu besiegen:
Auch Ex-„Charmed“-Star Alyssa Milano, die ebenfalls zum Cast von „Insatiable" gehört, ist der Meinung, dass die Serie den Schmerz, der durch Fat-Shaming entsteht, wunderbar mittels Humor darlegen würde:
Inwiefern die Petition gegen „Insatiable“ Wirkung zeigen wird, bleibt abzuwarten. Es ist aber davon auszugehen, dass die Serie planmäßig ab 10. August 2018 auf Netflix verfügbar sein wird. Während derzeit nur dem Trailer nach gemutmaßt werden kann, in welche Richtung das schwarzhumorige High-School-Drama gehen wird, kann sich jeder dann ein richtiges Bild von „Insatiable“ machen – wenn alle zwölf Episoden der ersten Staffel abrufbar sind.